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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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versuchten zischend der Flammen Herr zu werden. Am Waldrand hatte sich ein rußiges kleines Grüppchen zusammengedrängt und starrte zum Feuer hin. Zwei oder drei Wagen parkten auch dort. Und Doktor Parsham war inzwischen eingetroffen und versorgte die unter Schock stehenden Bewohner mit Medizin und guten Ratschlägen. Chappy war mit von der Partie, allerdings war er kaum eine Hilfe, er schnüffelte laut an den nackten Füßen der Leute, was die Ärmsten nur noch mehr verängstigte. Aber der gute Doktor erbot sich, einen Teil der obdachlosen Withers für die Nacht bei sich aufzunehmen, ein Anerbieten, das dankbar angenommen wurde.
    Nur SIE war nirgends zu sehen.
    Victor drängte sich durch die kleine Menschenmenge zu Mr Wither durch, der im Wagen saß und fassungslos den Untergang von The Eagles verfolgte.
    »Wo ist Viola?«, rief Victor erregt.
    Mr Wither war so durcheinander, es kam ihm gar nicht in den Sinn sich zu wundern, was der junge Spring auf einmal hier wollte und warum er ausgerechnet nach Viola fragte.
    »Allmächtiger, ist sie denn nicht hier?«, schrie Mr Wither, sogleich wieder in Panik verfallend. »Vor ein paar Minuten war sie doch noch da, ich hab sie gesehen, ich bin sicher, dass ich sie gesehen habe. Es sind doch alle in Sicherheit, oder? Emmy, Emmy, Mr Spring hier kann Viola nicht finden! Weißt du, wo sie steckt?«
    »Sie war vorhin drüben beim Waldweg«, meldete sich Fawcuss respektvoll zu Wort und kam für einen Augenblick aus den Tiefen einer alten Heilsarmeedecke mit Bügeleisenspuren hervor. »Dort hinten, Sir«, und Fawcuss verschwand wieder in ihrem provisorischen Zelt.
    Victor eilte davon.
    Aber beim Waldweg war sie auch nicht. War sie das vielleicht, dort drin im Wald, wo sich der rosige Schein des Feuers verlor? Ja, vielleicht. Er stürzte sich in den Wald und rief: »Viola – wo bist du? Bist du da?« Bald spürte er, wie der Pfad unter seinen Füßen abfiel, und sah, wie sich das rote Glühen am Himmel im funkelnden Wasser eines Bachs spiegelte, der zwischen den dunklen Bäumen hervorblitzte. Dort war er doch schon mal gewesen – erst heute, vor sieben Stunden. Eher vor hundert Jahren, wie es ihm jetzt erschien.
    Es war nicht ganz dunkel. Ein eigenartiger Schein lag über der Senke, halb vom Sternenlicht, halb vom Feuer. Es roch nach Rauch, aber auch nach dem frischen Grün von Blättern, ein Geruch, den der Wind in Stößen zu ihm hertrieb. Es war kalt in der Senke. Plötzlich passierte etwas ganz Seltsames, etwas, das man an diesem Ort und zu dieser Stunde am wenigsten erwartet hätte – ein Vogel stieß vier oder fünf laute, klare, wunderschöne Töne aus, dann schwieg er. Victor schaute überrascht zu den rot beschienenen Wipfeln der Bäume hinauf, dann wieder zur Senke; und da war sie, Viola. Sie saß auf dem Baumstumpf, auf dem er zuvor selbst gesessen hatte. Sie war in eine Decke gewickelt und hatte die Hände vors Gesicht geschlagen.
    Victor stürzte sofort zu ihr, ging in die Hocke und schlang die Arme um sie und die zerfranste alte Decke. »Darling – da bist du ja! Gott sei Dank, dir ist nichts zugestoßen. Mein Liebling«, murmelte er und versuchte, ihr die Hände vom Gesicht zu ziehen, »du hast ganz recht, ich bin ein Schuft, aber ich wollte dich nicht verletzen, ehrlich nicht. Viola, bitte, es tut mir leid.«
    Sie hielt ihr Gesicht weiterhin hinter den Händen versteckt, wollte ihn nicht ansehen.
    »Viola, Darling. Willst du mich nicht heiraten? Bitte, heirate mich, Viola, ich meine es ernst. Ich … ich liebe dich (hab dich wohl von Anfang an geliebt). Viola, bitte, willst du mich heiraten? Ich will nur dich und keine andere. Ich liebe dich über alles. Viola, willst du meine Frau werden?«
    Die Hände sanken langsam und zögernd nach unten. Ein rußiges kleines Gesicht schaute zu ihm auf. Dann nickte es, einmal und noch einmal.

LETZTES KAPITEL
    An einem Samstagnachmittag im Spätsommer ist die kleine Kirche in Sible Pelden für eine Hochzeithergerichtet. Die Zeremonie ist vorbei, und die Gäste warten darauf, dass das Brautpaar herauskommt.
    Es ist ein herrlicher Tag, der Himmel ist strahlend blau, die Sonne scheint, und ein laues Lüftchen sorgt für ein wenig Abkühlung. An allen Straßenrändern um das Kirchlein herum blühen, rot und üppig, wilde Rosen. Die Ulmen biegen sich unter der Last ihres leuchtend grünen Sommerkleids. Kaum vorstellbar, dass Hugh Phillips in Waziristan gefallen ist.
    Die Kirche ist rappelvoll, und fast alle unsere Helden sind

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