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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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Herz klopfte ein wenig schneller, aber auf angenehme Weise. Sie liebte Aufregung, und besonders liebte sie es, wenn sie jemanden ärgern konnte.
    Mit dramatischer Stimme rezitierte sie:
    »Kein Frieden mit dem Ich, dem rasenden, Verschlinger nackten Edelmuts …«
    Was für ein Schwachsinn! Was soll denn das überhaupt heißen – he! – He, lass das, du Miststück!«
    Hetty hatte sich mit erhobener Haarbürste auf sie gestürzt. Sie packte sie bei den Schultern und schob sie mithilfe ihres überlegenen Körpergewichts zur Tür. Nach einem kurzen Gerangel gelang es ihr, die andere rauszuwerfen und die Tür zuzuknallen.
    »Selber Miststück!« Hetty kämmte sich mit zitternder Hand weiter. Kurz darauf murmelte sie:
    »Kein Frieden mit dem Ich, dem rasenden, Verschlinger nackten Edelmuts, Riesenmaul …«
    Sie schüttelte ungehalten den Kopf, brach ab und begann dann, in den Garten hinausblickend, mit träumerischer Stimme zu deklamieren:
    »Ich ritt einst abends mit Graf Maddalo entlang des Lido, jener Strecke, wo sich Adrias Meerflut vor Venedig bricht …«
    Während sie die Worte sprach, begann sie sich langsam zu entspannen, nur der übliche mürrische Ausdruck blieb auf ihrem Gesicht. Als sie kurz darauf hinunterging, war sie wieder ganz die Alte.
    Im Wohnzimmer tummelten sich acht oder neun Leute, laut schwatzend, um den Radioapparat zu übertönen. Dunstiger Zigarettenrauch hing in der sonnengeschwängerten Luft. Victor machte für eine Gruppe Drinks, und zwei hübsche Dienstmädchen, darunter die kleine Waliserin in all ihrer Blumigkeit, gingen mit Tabletts voll schmackhafter und erlesener Häppchen herum. Es roch nach guten, teuren Zigaretten, nach Brandy und Eau de Toilette, nach frisch gewaschenen Menschen. Der Geruch des Fortschritts, wie Hetty ihn bezeichnete. Sie setzte sich in eine Ecke.
    Sogleich kam ein blutjunger Mann auf sie zu und setzte sich neben sie.
    »Wir kennen uns doch? Von der Tennisparty bei den Phillips’, nicht? Ihr Gesicht kommt mir bekannt vor. Ich heiße Anderson. Wir sind mit den Randalls hier. Bekannte von euch, nicht?«
    »Ja.«
    »In letzter Zeit mal wieder Tennis gespielt?«
    »Ja, gestern.«
    »Das Wetter ist prima, was? Nicht zu heiß. Ich spiele nicht gern in der brütenden Hitze.«
    »Nein.«
    »Gehen Sie auch zum Haubitzen-Ball?«
    »Ja.«
    »Grässliche Veranstaltung. Aber meine Mutter besteht darauf. Da müssen Sister und ich wohl unsere Pflicht erfüllen. Rauchen Sie?«
    »Danke.«
    »Donnerwetter! Wer ist denn das?«
    »Wen meinen Sie?«
    »Donnerwetter! Diese Dunkelhaarige mit der fabelhaften Figur.«
    »Das ist Miss Barlow.«
    »Ist sie nicht mit Ihrem Cousin verlobt?«
    »Kann sein.«
    »Sieht fabelhaft aus.«
    Hetty wandte ihm langsam den Kopf zu, schaute ihm direkt in die Augen und begann mit leiser, melancholischer Stimme vorzutragen:
    »Weh mir! ich hab’ nicht Glück noch Ruh’,
    Noch Frieden in des Herzens Nacht,
    Noch fiel mir jener Reichtum zu,
    Den Weisheit bringen und Bedacht,
    Gekrönt mit inn’rer Glorie Pracht.
    Nicht Ruhm noch Macht, nicht Lieb’ und Heil –
    Ach, andern hat all das gelacht;
    Sie sagten jedem Tag: »Verweil!« –
    Mir ward des Lebens Kelch in anderm Maß zuteil.«
    Als sie merkte, wie hingerissen sie von dem pickeligen jungen Gesicht angestarrt wurde, hielt sie irritiert inne.
    »Donnerwetter! Nicht aufhören. Das ist ja fabelhaft. Fühl’ mich auch manchmal so. Von wem ist das? Von Ihnen?«
    »Shelley.«
    »Ach was! Na, der hat sich ausgekannt, was? Donnerwetter! Warten Sie, ich hole Ihnen was zum Trinken.«
    Diese unerwartete Reaktion auf Stanzen, in einer trüben Stunde bei Neapel geschrieben irritierte Hetty zwar, stimmte sie aber auch nachdenklich. Sie hatte den blutjungen Mann abschrecken und in Verlegenheit bringen wollen; stattdessen hatte sie seine persönliche Unzufriedenheit in Worte gekleidet. War es möglich, dass andere ihr Los ebenso unbefriedigend fanden wie sie?
    Als der junge Mann mit was zum Trinken auftauchte, hatte sie sich bereits verdrückt.
    Gute alte Phyl, sieht heute einfach fabelhaft aus, dachte Victor und schaute zu ihr hin. Sie stand auf der anderen Seite bei einem Grüppchen. Zufrieden nahm er sich vor, sie nach dem Dinner auf einen Kuss zu den Rhododendren zu entführen – falls sie nicht die Vierte beim Bridge machen wollte. Aber selbst wenn, dachte er, ich glaube, ich nehme sie trotzdem mit raus ins Gebüsch. Es wird Zeit, dass sie lernt, wer Herr und Meister ist; sie ist viel zu

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