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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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von Parsham?«, fragte er grimmig und fixierte Mrs Wither.
    »Nur im Hof … überhaupt kein Problem«, murmelte sie matt.
    Die Wohnzimmertür schwang langsam auf, und Polo kam hereingesprungen.
    »Husch, fort mit dir! Schuu! Böser Hund!«, rief Mr Wither und fuchtelte mit den Armen. »Madge, du weißt doch, dass ich es nicht erlaube … raus mit dir, los, raus! Nein, nicht, runter, runter!«
    »Man sollte einen Hund nie ins Haus lassen«, bemerkte Colonel Phillips barsch, während Polo begeistert seine Stiefel leckte (was der Colonel hochmütig ignorierte).
    »Ja, natürlich. Komm, hierher, Polo!«, rief Madge beschämt. Polo hörte nicht. Er warf sich auf den Rücken und zeigte dem Colonel seinen rosa Bauch. Nimm mich, ich bin dein, schien er zu sagen.
    » Polo «, wiederholte Madge mit der Stimme .
    Polo hörte nicht.
    »Er will bloß angeben«, meinte sie mit einem dröhnenden Lachen und wurde dabei so rot wie eine Tomate. »So wie Kinder, die wollen vor den Erwachsenen doch auch immer zeigen, was sie können.«
    »Dem sollte man ordentlich eins überziehen«, bemerkte Colonel Phillips.
    »Ich schlage Polo nie«, begann Madge.
    »Raus mit dir! Los raus! Jetzt schaff ihn doch schon raus, Madge, sofort . Saxon!«
    Saxon war mit vier Schritten im Wohnzimmer, packte den jaulenden Polo beim Genick und trug ihn, von sich gestreckt, mit vier Schritten in den Garten hinaus. Kurz darauf kehrte er mit einem Lappen zurück. Während er sich niederkniete, ging die Tür auf, und Annie verkündete:
    »Mrs Spring, Miss Franklin, Mr Spring, Doktor Parsham, Lady Dovewood.«
    Er wird mir nie verzeihen, dass ich das mitangesehen habe, dachte Tina, während sie an der Seite ihrer Mutter lächelnd den Gästen entgegentrat. Was sind wir doch für Snobs und Narren und Feiglinge. Wenn wir richtige Menschen wären, dann hätten wir jetzt herzhaft gelacht. Eines Tages werde ich es wiedergutmachen, mein Liebster.
    »Hallo, wie geht’s … Ja, nicht wahr? … Ich dachte schon, es würde noch vor dem Lunch anfangen, aber bis jetzt hält es sich noch … Ja, zu schade, nicht? … Ach, das tut mir leid, hoffentlich nichts Ernstes? … Freut mich sehr, dass Sie es doch noch geschafft haben, Mr Spring … Ach, da draußen kann er bestimmt nichts anstellen …«
    In den Gesprächspausen erbebte das Wohnzimmer vom gedämpften Gebell des Hundes. Es war trotz des qualmenden Kaminfeuers kalt im Zimmer, und die Leute bibberten.
    »Nein, nein, dem geht’s gut«, antwortete Doktor Parsham gut gelaunt auf Colonel Phillips’ Frage. »Ist nur eine schlechte Angewohnheit von ihm, das ist alles. Er bellt eben gern. Aber sonst ist alles mit ihm in Ordnung.«
    Wenn ich könnte, wie ich wollte, dachte Colonel Phillips grimmig, dann würde ich dieses Vieh …
    Es ist genau so, wie ich’s mir vorgestellt habe, dachte Hetty, die neben Tina saß und ein etwas zähes Gespräch mit ihr in Gang zu halten versuchte. Die schlammbraunen Vorhänge und diese düsteren Seestücke in diesen schweren goldenen, verschnörkelten Rahmen; die wuchtigen alten Sessel mit den ausgeblichenen Chintzbezügen, all diese Fotografien und dieser weiße Bärenfellteppich, und wie alt hier alles riecht! Wundervoll. Eine Mischung aus Tschechow und Proust, mit einer Prise Jane Austen. Fast zu schön, um wahr zu sein.
    Bei Ankunft der Springs hatte sich Viola rasch in eine Ecke verkrochen; sie stand beim Klavier und blätterte in ein paar Partituren, die sie einem Rosenholzkästchen entnahm. Dabei setzte sie eine höchst konzentrierte Miene auf, als erfülle sie eine ihr aufgetragene Aufgabe. Tina schaute immer wieder zu ihr hin, um sie aufzufordern, ihren Teil als Gastgeberin beizutragen, aber Viola bemerkte es nicht. Versunken blätterte sie in den Seiten von I Hear You Calling Me, Thora, Our Miss Gibbs und The Trumpeter .
    »Wollen Sie uns was vorsingen?«
    Erschrocken schaute sie auf – direkt in Victors lachende Augen. Er war so schnell zu ihr gekommen, dass sie ihn gar nicht hatte kommen sehen, und verstellte ihr nun die Sicht auf die anderen.
    Sie schüttelte den Kopf und ließ I Love The Moon sinken. Sie brachte kein Wort heraus. Jetzt sag schon was, du dumme Gans, schalt sie sich; aber es nutzte nichts.
    »Glauben Sie nicht, dass Sie eine höchst attraktive Person sein müssen?«, bemerkte er in demselben gedämpften Ton. Ihre offensichtliche Befangenheit schmeichelte ihm. »Ich habe zwei Vorstandssitzungen und eine Geschäftsreise sausen lassen«, (was nicht stimmte), »bloß um

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