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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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machen sollte, wird sie unsere Partys vielleicht ein bisschen mehr zu schätzen wissen. Arme Mrs Wither, sie tut mir leid, aber wie dumm kann man eigentlich sein? Warum hat sie sich das Ganze nicht einfach von Lyons organisieren lassen? Das hübsche kleine Ding ist in Vic verliebt; das ist nicht nett von ihm, nein, wirklich nicht, der ungezogene Junge.
    Alle waren erleichtert, als der Tee angekündigt wurde, doch die Stimmung sank sogleich wieder, denn Mrs Wither hatte an den Terrassentüren Aufstellung genommen und winkte nun die Gäste energisch nach draußen, in den alles andere als einladenden Garten. Der Wind fegte um die Tische. Saxon, Annie und Fawcuss erwarteten die Gäste mit geradezu furchteinflößenden Gesichtern. Die Chilefichte verbarg die Sonne (wenn sie mal durchkam), und der Wind blies Zweiglein und Staub in die Teetassen der Leute.
    Doktor Parsham weigerte sich strikt, nach draußen zu gehen, und bestand darauf, dass man ihm den Tee am warmen Kamin servierte. Er meinte, sein Leben als Mediziner des Ortes sei zu wertvoll, um es in diesem Sturm leichtsinnig aufs Spiel zu setzen. Die anderen konnten tun, was sie wollten: Er habe die Absicht, den Kamin warm zu halten. Und dann röhrte er vor Lachen. Die anderen schauten sehnsüchtig zu besagtem Kamin, hatten aber nicht den Mut, seinem Beispiel zu folgen.
    Zum Glück kam während des Tees die Sonne zum ersten Mal richtig heraus, und die Leute hörten auf mit den Zähnen zu klappern. Im Hof hinten hatte offenbar jemand Chappy einen Knochen oder etwas anderes zwischen die Zähne geschoben, denn auch das Bellen brach ab. Polo wurde erneut von Saxon gepackt und energisch in einer fernen Ecke des Gartens angebunden, wo er, versorgt mit einem dicken Stück Kuchen, keinen Schaden anrichten konnte. Erfrischungen wurden gereicht, und man wurde wieder etwas munterer.
    Tina schwindelte: Saxon hatte ihr eine Tasse Tee gereicht und sich dabei zwischen sie und ihren Gesprächspartner gestellt (schließlich war er kein gelernter Kellner); und dabei hatte er ihr ganz langsam und vertraulich zugezwinkert, ein Zwinkern, das zum Ausdruck brachte, wie unendlich angeödet er sich fühlte, sie nicht auch? Von einem intelligenten Menschen zum anderen, schien dieses Zwinkern zu sagen. Tina erwiderte es wagemutig mit ihren langen Wimpern. Er ist mir nicht böse!, sang ihr Herz. Er hat mir verziehen. Jetzt wird alles wieder gut …
    In ebendiesem idyllischen Moment brach im Hinterhof erneut die Hölle los. Chappy begann zu bellen, die Köchin schimpfte lautstark, doch all das wurde vom Gebrüll eines Mannes übertönt.
    Mr Wither fuhr entsetzt aus seinem Sessel auf, in der Hand ein angebissenes Gurken-Sandwich. Hilflos starrte er Mrs Wither an. Was ist jetzt schon wieder los, schien dieser Blick zu sagen. Das Geld, Chappy, Polo, die Kuchen, das Wetter – das Schicksal konnte doch nicht noch einen weiteren Schlag in petto haben?
    » MISTAH WITHAH !«, brüllte diese enorme, fürchterlich vertraute Stimme, » MISTAH WITHAH ! ICK HAB IHREN SPAZIERSTOCK FERTICH! KOMM ’ SE HER , UND ICH GEB IHN IHNEN FÜR FÜNFZEHN PIEPEN . MISTAH WITHAH !«
    Das Gebrüll verstummte abrupt.
    »Was hast du denn hier zu suchen?«, fragte die Stimme, leiser zwar, aber immer noch deutlich zu hören. »Los, geh heim.«
    »Geh doch selber heim, Dick Falger«, antwortete eine schrille Frauenstimme. (Tina, die Saxon beobachtete, sah, wie er zusammenzuckte, einen Schritt vorwärtsmachte, sich dann jedoch bremste.) »Du bist ja besoffen.«
    »Du doch auch«, entgegnete der Einsiedler, »wir sind beede besoffen. Egal! MISTAH WITHAH ! MISTAH WITHAH !«
    Das Gebrüll war unmöglich zu ignorieren. Die Gäste gaben es auf. Mit Teller und Tasse in den Händen starrten sie zum Hof, der durch dichtes Gebüsch und eine Reihe blühender Limonenbäumchen vom Garten abgetrennt war. Sobald der Einsiedler mal Luft holte, brach Chappy in wütendes Gebell aus.
    Niemand sagte etwas. Niemand bewegte sich. Mr Wither schaute hilflos Mrs Wither an, alle anderen schauten sich gegenseitig an. Schließlich fasste sich Colonel Phillips ein Herz und sagte, den Blick geradeaus gerichtet, barsch:
    »Nicht meine Angelegenheit, ich weiß, aber kann ich irgendwie behilflich sein?«
    »O nein, nein, bestimmt nicht, aber danke, das ist sehr nett von Ihnen«, stammelte Mr Wither. »Das ist bloß dieser Kerl, der im Wäldchen auf der anderen Straßenseite haust, wissen Sie, er … Saxon, gehen Sie und sehen Sie nach, was da los ist. Werfen

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