Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
Vom Netzwerk:
hier bei Ihnen zu sein.«
    »Ja, wirklich?«, murmelte sie.
    Das war nicht mehr als ein verlegenes Blöken, aber Victor – dessen vorgefasste Meinung über sie sich so leicht nicht erschüttern ließ – fasste es als neckische Ironie auf, ein sinnlich gehauchtes, gedehntes »Ach ja …?«
    »O ja. Gartenpartys«, (jedenfalls nicht solche wie die hier, schien sein Ton zu sagen), sind nicht mein Fall.«
    »Wirklich nicht?«
    »Aber ich wollte Sie unbedingt wiedersehen«, fuhr er kühl fort und schaute ihr dabei tief in die Augen, »und ich hielt dies für eine gute Gelegenheit.«
    »Aber Sie hätten doch …«
    »Was?«
    »Na, Sie hätten doch anrufen oder schreiben können«, entfuhr es ihr, trotz ihrer Schüchternheit ein wenig empört. Sie musste daran denken, wie unglücklich er sie gemacht hatte. Mit einer Mischung aus Schüchternheit und Strenge schaute sie zu ihm auf. Er fasste diesen Blick als herausfordernd auf.
    »Wollten Sie das denn?«
    »Also … nicht unbedingt … aber ich dachte …«
    »Warum?«, noch leiser. Er starrte sie mit halb gesenkten Lidern an. Sie schaute auf die Partitur, die sie immer noch in der Hand hatte, denn einen Moment lang hatte sie das unangenehme Gefühl, dass er nicht wusste, was er sagte.
    »Och … ich weiß nicht«, antwortete sie matt. Dann: »Sollten Sie nicht besser gehen und sich mit den anderen unterhalten? Es sieht komisch aus, wenn Sie nur mit mir reden.«
    »Ich will aber nicht.« Unverwandt blickte er sie an.
    »Ach, nicht doch. Bitte, Sie müssen gehen, man schaut sicher schon zu uns her.«
    Als er ihren kindlich-verängstigten Ton hörte, kamen ihm zum ersten Mal Zweifel, ob die kleine Wither wirklich so keck war, wie es den Anschein hatte. Aber er verwarf diese Zweifel. Er selbst war weder raffiniert, noch konnte er Frauen wirklich einschätzen (auch wenn er dies empört von sich gewiesen hätte, hätte ihm das jemand gesagt). Was seine Meinung über Viola betraf, so war hier eindeutig der Wunsch der Vater des Gedankens.
    »Also gut«, murmelte er, »aber ich muss Sie unbedingt irgendwann allein treffen. Wie wär’s, wenn wir uns demnächst in der Stadt eine Show ansehen würden?«
    »Das wäre wunderbar !«, Viola flüsterte es fast. Ihre Augen leuchteten, ihre Wangen glühten.
    »Gut. Ich werde Ihnen schreiben.«
    Und er tauchte so geschickt in der Menge unter, dass nur Mrs Wither, Mrs Colonel Phillips, Lady Dovewood, Tina und seine Mutter bemerkten, was er im Schilde führte.
    Für Viola war die Party damit ein rauschender Erfolg – aber da war sie die Einzige. Sicher, man konnte das Desaster später auf dem Heimweg genüsslich auseinandernehmen, immerhin ein tröstlicher Gedanke, aber im Moment musste man die Öde und Langeweile ertragen. Überdies hatte Mr Wither das Kaminfeuer mit dem Schürstock attackiert, worauf es den Leuten den Rauch in die Augen trieb. Chappy bellte heiser und ohne Unterlass, die Sonne war zwar zwischenzeitlich herausgekommen, aber noch immer fegte ein scharfer Wind und peitschte den Leuten Böen um die Beine.
    Ein, zwei tapfere Seelen wagten sich in den Garten hinaus, wurden aber von Polo wieder hineingetrieben, der sich losgemacht hatte und ihnen nun mit ziemlich schlammigen Pfoten nachstellte. Madge äußerte die Vermutung, dass er am Ententeich gewesen war. Den anderen war’s egal, wo er gewesen war, solange er nur nicht noch mal in den Garten gelangte und sich die Pfoten an ihren feinen Sachen abwischte (das sagten sie auch, allerdings nur untereinander).
    Mr Wither amüsierte sich überhaupt nicht. Die neuerliche Bettlägerigkeit des Geldes, das ungute Wetter, Polo, Chappy und das Fernbleiben der Kuchen, all das hatte ihm die Freude gründlich verdorben. Niedergeschlagen schlich er zwischen seinen Gästen umher, anstatt, wie es seine Aufgabe gewesen wäre, der kränkelnden Party ein wenig Leben einzuhauchen. Madge verschwand alle zehn Minuten, um nach Polo zu sehen, Doktor Parsham alle zwanzig, um Chappy zu trösten und ihm mitzuteilen, dass Herrchen nicht mehr lang auf sich warten lassen würde. Er sagte dann immer zu den anderen Gästen: »Würden Sie’s mir sehr übel nehmen, wenn ich noch mal kurz nach dem alten Burschen schaue?«
    Also wirklich, ich bin ganz froh, dass wir hingegangen sind, dachte Mrs Spring, während sie unauffällig Violas strahlendes Gesicht, ihren schlafwandlerischen Gang und das abscheuliche Mohnblumensträußchen musterte, das sollte Hetty eine Lehre sein. Jetzt, da sie sieht, wie man’s nicht

Weitere Kostenlose Bücher