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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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kühler Tag war, ihr schwarzes Kostüm anzuziehen, jede Menge Lippenstift aufzutragen und das Beste zu hoffen. Sie war verängstigt und verschüchtert und schämte sich für ihre schäbige Garderobe. Fast wünschte sie, dass Victor wirklich nicht käme.
    Die Köchin ließ das Mittagessen anbrennen, und ein kalter Wind fegte ums Haus, der die Stimmung noch mehr drückte. Mr Wither war wegen des Geldes sehr niedergeschlagen. Die Kuchen waren nicht eingetroffen. Die Uhr schlug halb zwei, und die Kuchen waren immer noch nicht da. Ah, sagten Annie und Fawcuss, hätte sie mal besser die Köchin machen lassen, dann wäre alles schön frisch am Vortag zubereitet worden, und das hier wäre nicht passiert. Der Regen blieb aus, und der Wind legte sich wieder ein wenig, aber der Himmel war weiterhin verhangen und trübe.
    »Ach du meine Güte, Liebe, du siehst aber sehr WINTERLICH aus«, sagte Mrs Wither und lächelte Viola missbilligend an, als sie einander auf der Treppe begegneten. Die Kuchen waren noch immer nicht da. »Hast du denn kein schönes Sommerkleid, irgendwas Hübsches, Helles?«
    »Nur mein grünes.«
    »Dann zieh doch dein grünes an, Liebe. Dieses Kostüm sieht so unpassend aus.«
    Viola ging rauf und zog ihr grünes an. Leider hatte es vorn einen Eiscreme-Fleck; Viola kaschierte ihn mit einem Sträußchen künstlicher Mohnblumen.
    »Ach du meine Güte, Viola, nimm doch dieses scheußliche Ding ab«, sagte Tina gereizt, als sie ihrer Schwägerin auf der Treppe begegnete.
    »Was meinst du?«
    »Na, diese Rosen oder was auch immer das sein soll«, meinte Tina bissig. Draußen im Garten trug Saxon, den dunklen Kopf gegen den Wind gestemmt, die Teller auf.
    »Geht nicht, da ist ein Eiscreme-Fleck. Sind die Kuchen schon gekommen?«
    »Nein. Dein Unterrock schaut raus.«
    Tina eilte in ihrem eleganten dunkelblauen Kleid nach unten. Die ersten Gäste standen vor der Tür.
    (»Tut uns schrecklich leid, Madam, aber unser Lieferwagen will nicht anspringen. Ja, Madam. Ich werd’s dem Manager ausrichten, Madam. Tut uns schrecklich leid, Madam, wir tun unser Bestes.«)
    Mrs Wither legte erschöpft den Hörer auf.
    »Könnten Sie bitte rasch ein paar kleine Kuchen machen«, bat sie die Köchin, »jetzt, sofort? Der Lieferwagen von diesen unseligen Kuchen-Leuten hat den Geist aufgegeben.«
    »Dafür reicht jetzt wohl kaum noch die Zeit, M’dam«, antwortete die Köchin in einem distanzierten, salbungsvollen Ton. »Wenn Sie mich gestern gebeten hätten …«
    »Ja, ich weiß, aber ich dachte, wir sollten diese Kuchen haben. Dann machen Sie eben Scones, wenn es nicht anders geht.«
    Tina hatte Mitleid mit ihrer Mutter, deren sorgfältig geplante kleine Party auf ein Desaster zuzusteuern schien. »Mutter, wir haben doch schon zwei Sorten Sandwiches, dazu die mit Marmelade und die zwei großen Kuchen … das reicht doch auch, oder? Mach dir keine Sorgen, Liebe: im Wohnzimmer brennt ein warmes Feuer, und Madge unterhält die Phillips mit Polo-Geschichten. Das wird schon, wirst sehen.«
    Mrs Wither schüttelte den Kopf und ging lächelnd ins Wohnzimmer, wo sich Madge und die Phillips vor dem Kamin zusammendrängten und tapfer den Windböen trotzten, die durch die offenen Terrassentüren hereinstoben, das Feuer aufwirbelten und Rauch verursachten. Die Tischdecken, festgehalten vom Geschirr, klatschten im Wind wie kleine Flaggen.
    »Schade, dass ausgerechnet heute die Sonne nicht für Sie scheinen kann«, bemerkte Mrs Colonel Phillips. »Aber ist das nicht immer so? An jedem anderen Tag …«
    Wir werden doch sicher nicht draußen essen bei diesem Tornado?, dachte Tina und spähte verstohlen hinaus, wo Saxon mit einem Gesicht wie eine Gewitterwolke die Tassen aufdeckte. Der Wind ist so stark, dass er die Milch aus dem Tee weht, wie man auf dem Land sagt.
    In diesem Moment drang ein vertrautes, aber keineswegs geliebtes Geräusch ans Ohr der Versammelten. In wie vielen Nächten hatte es die Bewohner von Sible Pelden aus dem wohlverdienten Schlummer geweckt, und man sah sich gezwungen, seine Pantoffeln oder andere Gegenstände aus dem Fenster danach zu werfen. Köpfe fuhren empor, Entsetzen breitete sich auf den Gesichtern aus, man wollte nicht glauben, was sich da näherte. Und es kam sehr, sehr dicht heran, vermischt mit der herzlichen, dröhnenden Stimme eines Mannes. Dann entfernte es sich wieder, zornig und protestierend, während es weggeführt wurde.
    Colonel Phillips brach das Schweigen.
    »Das ist doch nicht etwa dieses Vieh

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