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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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blondes Haar, gebräunte Beine, die aus kurz abgeschnittenen Jeans sprossen – war wohl das hübscheste Mädchen, das ich je gesehen hatte.
    »Ja.«
    »Genau hier hab ich sie getroffen. Sie hat gerade ihren Highschool-Abschluss gemacht. Nettes Mädchen. Ein echt nettes Mädchen.« Seiner tiefen Stimmlage hörte ich an, wie er das meinte.
    Jerry und Denise fuhren mich zum Wohnmobil zurück. Auf dem Parkplatz hielt er an und sagte: »Mitch, rück Dad nicht zu sehr auf die Pelle, okay? Lass das mal mit dem Motorrad und so. Die Lage ist etwas angespannt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Dazu sag ich jetzt nichts weiter. Bleib immer schön im Hintergrund, tu, was man dir sagt, und mach ihm nicht zu viel Stress. Kannst du das?«
    »Klar.«
    »Gut. Bis morgen früh.«
    Ich kletterte von der Rückbank und Jerry legte den Rückwärtsgang ein und fuhr auf die Straße zurück.
    Während ich auf das Wohnmobil zusteuerte, fragte ich mich, was mich wohl auf der anderen Seite der Tür erwarten würde.

BILLINGS, MONTANA | 17. SEPTEMBER 2007
    Ich schlief auf dem ganzen Weg nach Denver, anschließend starrte ich aus dem Fenster des kleineren Jets auf dem etwas über einstündigen Flug nach Billings. Als ich zum zweiten Mal in vier Monaten am Gepäckband in Billings stand, fühlte ich mich so frisch, wie man erwarten konnte. Angesichts der Unsicherheit machte mir das Mut.
    Ich hatte Cindy angerufen, als das Flugzeug zum Gate rollte. Momentan sagten wir oft und ganz unwillkürlich »Tut mir leid« zueinander, selbst wenn wir nicht immer wussten, wofür eigentlich. Ich drückte mein Bedauern aus und machte einen letzten schwachen Versuch, mich aufzubäumen.
    »Ich frage mich immer noch, ob das wirklich richtig ist.«
    »Doch«, sagte sie. »Und im Grunde ist das jetzt auch egal. Du bist da.«
    »Das ist tröstlich.«
    »Mitch, nagele ihn einfach fest. Finde heraus, was los ist, und schließ Frieden. Das ist schon lange überfällig.«
    »Du hast gut reden. Du tust so, als ob Frieden möglich wäre.«
    »Streitest du mit mir, weil du Angst davor hast, mit ihm zu streiten?«
    »Vielleicht.«
    »Dann streite eben nicht. Rede einfach mit ihm. Finde heraus, was ihm unter den Nägeln brennt. Du bist von euch beiden der größere. Du bist klüger und du bist reifer.«
    »Ja, ja. Hast ja recht.«
    »Na, das ist mein großer, kluger Mann!« Ihre Stimme klang sinnlich-verspielt wie schon lange nicht mehr.
    Ich wünschte, ich hätte nach Hause gekonnt.
    Am Steuer des Mietwagens tauchte ich ins Herz von Billings.
    Obwohl ich gegen meinen Willen dort war, mochte ich die Stadt. Ich begegnete ihr mit sehr gemischten Gefühlen, aber ich fragte mich auch immer, wie anders es für mich und für uns alle hätte sein können, wenn Mom ihn nie verlassen hätte. Billings war in meinen ersten drei Lebensjahren meine Heimat gewesen, und dort hatte ich auch einige Zeit in den Sommern meiner Kindheit verbracht. Das schuf eine merkwürdige Dualität, in der mir Billings gleichzeitig bekannt und fremd war.
    Bis Mom mit uns nach Olympia entschwand, in ein Häuschen im Ranchhausstil auf der Südseite der Interstate 90. Als ich es bei dem Besuch vor ein paar Monaten gesehen hatte, stimmte es in etwa mit meinen nebelhaften Erinnerungen überein, abgesehen von einem neuen Anstrich und einem Maschendrahtzaun davor, wo vorher keiner gestanden hatte. Billings war im Großen und Ganzen kaum noch derselbe Ort. Drei Jahrzehnte Fortschritt, oder vielmehr, was manche dafür halten, hatten es in eine Miniaturmetropole verwandelt. Doch der Ort, an dem wir wohnten, in der Nähe vom Yellowstone River und im Schatten vom Sacrifice Cliff, war es das Billings, in dem die Zeit stehen geblieben war.
    Doch ich war nicht unterwegs zu dem alten Haus, auch nicht zu der Rinderfarm, die Dad und Marie Ende der Siebzigerjahre gekauft hatten. Die gehörten in eine andere Zeit und zu anderen Menschen. Schon längst nicht mehr der selbst ernannte Bohrbaron, zockelte Dad in einem Doppelmobilheim, einem sogenannten doppelten Womo, mitten in der Stadt herum und verplemperte seine Tage. Ich, nicht länger ein bewundernder Sohn mit großen Augen, war nur jemand in einem gemieteten Ford Focus, unaufhaltsam auf einen ungewissen Besuch zusteuernd, belastet mit aktuellen Ängsten und Gedanken an damals.An den Alten konnte man sich unmöglich anschleichen. Dad zog den Vorhang in seiner Küche auf, alarmiert von meinem Auto, das Schotter spuckte. Langsam stieg er die Stufen hinab, als ich meine Reisetasche

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