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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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Absurdität, dass Dad mit einem Erwachsenen wie mit einem kleinen Jungen schimpfte –, aber mir stieg die Schamröte ins Gesicht wegen meines Ausrutschers. Ich tat genau das, wovon mir Cindy abgeraten hatte. Wenn ich ihn reizte, würde ich mit leeren Händen wieder nach Kalifornien zurückkehren.
    »Komm schon, Dad. Sprich mit mir.«
    »Worüber?«
    »Über das Haus. Über die vergangene Woche mit den Anrufen. Über alles.«
    Er seufzte, dann ließ er den Kopf hängen und rang die gefalteten Hände.
    »Es hat anscheinend kaum noch einen Sinn.«
    »Es ...?«
    »Das Haus. Sie ist weg. Was hat es für einen Sinn?«
    »Du bist nicht weg. Du wohnst hier.«
    »Ja.«
    Ich wartete und hoffte, er würde noch mehr sagen, würde mir mehr an die Hand geben.
    »Ich weiß wirklich nicht, was ich mit mir anfangen soll. Sitz einfach nur rum und warte. Worauf?«
    »Bist du deprimiert?«
    »Ich will nicht über den ganzen Psychomist reden. Ich bin einfach nur müde, das ist alles.«
    »Das ist kein Psychomist. Das ist real. Und ein Fachmann kann helfen, wenn das dein Problem ist.«
    »Ich habe gesagt, ich einfach bin nur müde.«
    »Okay.«
    Schweigend saßen wir da. Die Eagles schossen ein paar Feldtore und gingen in Führung, und dann gelang den Redskins nur wenige Sekunden vor der Halbzeit ein Touchdownpass, und man hätte uns beide für Fans gehalten, so wie wir von unseren Plätzen sprangen.
    Als ich aufstand und mir aus der Küche noch ein Stück Pizza holte, kam Dad hinter mir her.
    »Ich hab nicht geahnt, wie sehr sie mir fehlen würde«, sagte er. »Sie lag ein Jahr im Sterben, aber ich kann einfach nicht glauben, dass sie nicht mehr da ist. Sie fehlt mir.«
    Ich fand das eine Sauerei von ihm, so was zu sagen. Ich hatte die Reise ja nicht gemacht, damit mir seinetwegen das Herz brach, doch genau das passierte jetzt. Sollte ich mich etwa schuldig fühlen, dass sein Schmerz uns zusammengebracht hatte? Und dann verwarf ich den Gedanken. Entweder sein Schmerz oder meiner.
    Etwas unbeholfen schloss ich Dad in die Arme und drückte ihn. Er ließ es steif über sich ergehen, klatschte mir mit der rechten Hand ungeduldig auf den Rücken, bis ich endlich losließ.

MILFORD | ENDE JUNI 1979
    Ich brauchte nicht viel Zeit, um dahinterzukommen, wovor Jerry mich am ersten Abend gewarnt hatte. Dad und Marie stritten sich oft. Sie bemühten sich zwar um Diskretion, aber wie viel lässt sich schon in einem knapp acht Meter langen Wagen verheimlichen? Ich tat mein Möglichstes, ihm fernzubleiben, fütterte den Flipperautomaten im Büro des Trailerparks mit 25-Cent-Stücken, trieb mich in der Grünanlage auf der anderen Straßenseite herum und hockte in Jerrys Bude, wenn er es zuließ.
    Das Problem war, dass Jerry seine knapp bemessene freie Zeit ohne uns verbrachte. Und in jenem Sommer zeigte sich wieder mal die Kluft zwischen meinem Bruder und mir, nach Jahren und Interessen. Wir hatten nichts gemeinsam, außer einem Vater, dem wir es recht machen wollten, mit wechselndem Erfolg, und den Wunsch, nicht zwischen die Fronten zu geraten, wenn Dad und Marie sich fetzten.
    Ähnlich mühelos, wie ich darauf schließen konnte, dass sich Dad und Marie stritten, wurde mir schnell klar, dass es dabei um Geld ging, besonders um Maries Talent, es auf den Kopf zu hauen. Während Marie uns manchmal aufs Feld begleitete – sie saß dann außer Hörweite des penetranten Kreischens der großen Maschinen auf einem Gartenstuhl unter einem Schirm und las –, fuhr sie auch oft für zwei, drei Tage nach Salt Lake City, um Freunde und bevorzugte Läden aufzusuchen. Zurück kam sie immer vollbepacktmit Tüten voller Blusen und Hosenanzügen und Schuhen und Schmuck. Jede unselige Rückkehr ließ Dads Stresspegel um ein, zwei Kerben ansteigen. Jerry sagte, er frage sich allmählich, wie viele Kerben Dad wohl noch übrig hätte. Mir wurde vor Angst ganz flau im Magen, als er das sagte. Ich befürchtete ein Ende mit Schrecken, falls Dad mal der Geduldsfaden riss.
    Die Stunden in Steppen-Beifuß und Staub waren zwar schweißtreibend, gönnten uns allen jedoch eine Ruhepause. Die Tage begannen früh, um fünf Uhr, wenn Dad uns zum gemeinsamen Frühstück im Diner erwartete. Verspäteten sich Jerry und Dads anderer Helfer, Toby Swint, um mehr als ein paar Minuten, tigerte Dad vor der Tür auf und ab und murmelte vor sich hin, falls noch mal wer Scheiße bauen sollte – nur ein einziges Mal –, dann würde er weiß Gott jemanden finden, der arbeiten wolle. Wenn

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