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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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schnellsten bohren konnte. Dad bekam eine Quadratmeterpauschale bezahlt, daher war es auch in seinem Interesse, jeden Tag so viele Löcher wie möglich zu schaffen. Sobald alle Löcher gebohrt waren, zogen sie wieder ab und jagten dem nächsten Auftrag nach. Aus dem Gespräch hatte ich aufgeschnappt, dass sich inzwischen zu viele Bohrtürme um zu wenige Löcher kloppten. Dad wollte das Gebiet ausdehnen. Ich wusste auch, dass keiner so lange durchhalten konnte wie Dad. Ich hatte oft erlebt, wie ein Arbeitstag für noch ein Loch, dann noch eins und noch eins verlängert worden war. Mein Vater arbeitete gegen die Uhr, und das so lange, bis der Einbruch der Nacht seinem Ehrgeiz ein Ende setzte.
    Während Dad mit Jerry fachsimpelte, unterhielten sich Marie und Denise, und nach dem zu urteilen, was ich davon aufschnappte, wollte ich damit nichts zu tun haben. Von Frauenthemen verstand ich nichts.
    »Jerry, ich habe den Buchstabierwettbewerb auf der Garfield-Grundschule gewonnen«, warf ich ein.
    Mein Bruder nickte mir zu und sagte: »Prima«, dann tauchte er sofort wieder mit Dad unter.
    Denise beugte sich zu mir herüber und flüsterte: »Das ist ja toll. Ich kann so was nicht.« Darüber musste ich schmunzeln.
    Das Essen kam, und die Unterhaltung riss ab. Wir machten uns über die Burger und Limos her, und eine Weile gab es an unserem Tisch nur Kauund Sauggeräusche.
    Zwischendurch versuchte ich noch einmal mein Glück bei Dad.
    »Dad?«
    »Ja?«
    »Wo ist mein Motorrad?«
    »Auf der Ranch. Wir holen es, wenn wir da Urlaub machen.«
    »Wann ist das?«
    »In ein paar Wochen.«
    »In zwei Wochen?«
    »Mitch, iss auf!«
    Ich warf einen Blick zu Marie hinüber, und sie lächelte mir zu und deutete mit einer Kopfbewegung auf mein Essen. Ich stopfte mir eine Fritte in den Mund und verschlang sie.
    Als das Geschirr dann abgeräumt war, fragte Jerry, ob ich mit ihm und Denise in den kleinen Laden gleich um die Ecke kommen wollte.
    »Ja«, sagte ich. »Ich muss aber auch noch Mom anrufen und Bescheid sagen, dass ich gut angekommen bin. Sie will auch mit dir sprechen.«
    »Na toll«, sagte Jerry kopfschüttelnd.
    Dad reichte Jerry seine Telefonkarte. »Fünf Minuten«, sagte er. »Nicht länger.«
    Dann wandte sich Dad an mich.
    »Komm bald wieder«, sagte er. »Wir brechen früh auf, darum brauchst du etwas Schlaf. Du kommst mit uns, klar?«
    »Ja.«
    »Und du«, blaffte Dad Jerry an, »rammel mal nicht so viel! Deine Kraft brauche ich noch.«
    Marie stieß Dad den Ellbogen in die Rippen. Denise sah aus, als würde sie am liebsten in Flammen aufgehen.
    »Ja, Mom.«
    »Nein, Mom.«
    »Doch, es war alles in Ordnung.«
    »Ja, er war am Gate.«
    »Ja.«
    »Er ist hier. Mach ich. Okay. Ich hab dich auch lieb.«
    Ich gab Jerry den Hörer, der ein ähnliches Ritual durchlief.
Bist du okay? Brauchst du irgendwas? Isst du auch genug? Pass auf deinen Bruder auf. Sei vorsichtig. Ich hab dich lieb.
    Nachdem Jerry seine Pflicht erfüllt hatte, hängte er ein.
    »Das war mal wieder eine Runde Siebzehnundvier«, sagte er.
    »Ja.«
    »Schön, dich zu sehen, Mitch. Echt. Du bist gewachsen.«
    »Du auch.«
    Ich wartete, aber mehr hatte er nicht zu bieten.
    »Gefällt es dir hier bei Dad?«, fragte ich.
    »Ich wusste, dass es nicht leicht sein würde, für den Alten zu arbeiten, und das wars auch nicht. In einem Jahr hat er vier andere Männer verschlissen.«
    Ich hatte zur Genüge miterlebt, wie Dad mit seinen Arbeitern umsprang, um mir vorstellen zu können, dass sie sich nicht in Freundschaft von ihm getrennt hatten, was Jerry mir bestätigte.
    »Gott, Mitch, der Letzte, da oben in Rock Springs, der war schlimm. Dad hat den Kerl wegen jeder Kleinigkeit fertiggemacht. Der konnte ihm so gut wie nichts recht machen. Zu scheißlangsam. Kannte sich nicht mit dem Werkzeug aus. Passte nicht auf. Ja, verdammt, einmal sagte Dad sogar zu ihm, dass er keine Tischmanieren hätte. An jenem letzten Tag hatte er wohl die Nase endgültig voll gehabt. Er ist auf Dad losgegangen.«
    Ich zuckte zusammen. »Echt? Und was war dann?«
    »Tja ... Dad hat ihn nach Strich und Faden verprügelt. Hat ihm die Nase gebrochen. Ich musste ihn von dem Kerl runterzerren. Ich dachte, er schlägt ihn tot.«
    Mir schauderte, und dann wechselte ich das Thema.
    »Wo hast du sie kennengelernt?« Ich nickte in Richtung Denise, die auf der anderen Seite des Ladens bei den Achtspurkassetten stand.
    Jerry lächelte. »Nett, hm?«
    So konnte man es auch ausdrücken. Denise – langes

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