Der Sommersohn: Roman
Satelliten ausgestrahlt, auf Hunderten von Sendern. Alles, was du willst. Und du brauchst keine Angst zu haben, dass du keinen Empfang hast.«
Dad stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Ich fahre nicht oft genug, um mir so was anzuschaffen«, meinte er.
»Du kannst das auch für dein Haus haben.«
»Ohne Scheiß?«
»Ohne Scheiß.«
»Ich sollte mir vielleicht eins zulegen.«
Dads Kumpel waren im Speisesaal vom Elks und spielten Karten. Nachdem man sich ausgiebig auf die Schulter geklopft und gegenseitig verscheißert hatte, stellte er mich vor.
»Das hier ist Pete Rafferty«, sagte Dad und brachte mich zu einem dünnen, altersgebeugten Mann, der eine Mütze der
USS Hornet
trug.
»Sie waren auf der
Hornet
?«, fragte ich.
»Zur selben Zeit wie ich«, sagte Dad. »Wir haben uns bei einem Veteranentreffen 1999 wiedergesehen und festgestellt, dass wir in derselben Scheißstadt gewohnt haben.«
»Da kannten wir uns aber noch nicht«, bemerkte Pete mit rauer Stimme.
»Oder wir können uns nicht entsinnen«, sagte Dad. Er tätschelte Petes Arm.
Bei der nächsten Vorstellung unterbrach ich Dad. Ich hatte mich mit Ben Yoder, Helens Bruder, nach ihrer Beisetzung unterhalten.
»Hi, Ben«, sagte ich. »Hätte nicht gedacht, dass wir uns so bald wiedersehen würden. Wie gehts dir?«
»Ich kann nicht klagen.«
»Du musst dich auch an diesen Mann erinnern«, sagte Dad. Er führte mich zu der letzten Gestalt am Tisch. Ich musterte den fülligen Herrn. Die schlohweiße Meckifrisur, die runde Brille und das wettergegerbte Gesicht kamen mir irgendwie bekannt vor, aber ich konnte ihn nicht einordnen. Er sah so aus wie viele ältere Männer, eine schleichende Tendenz gab es auch in meinem Gesicht.
»Nein, tut mir leid«, sagte ich und streckte meine Hand aus.
»Na, ich erinnere mich aber an dich«, erwiderte er und nahm meine Hand in seine größere, fleischigere Pranke. »Du bist aber groß geworden, seit ich dich aus dem Straßengraben gezogen habe.«
»Charley Rayburn?«, fragte ich.
Der Mann verzog den Mund zu einem breiten Lächeln. »Genau der.«
»Wahnsinn!«
Er lachte.
Charley Rayburn. Gott! Dem Mann war ich doch zu großem Dank verpflichtet!
Wir taten uns an einem wunderbar fettigen Lunch gütlich. Ich hatte einen Bacon-Cheeseburger mit Fritten, und Dad nahm Leber mit Zwiebeln. Ich hielt etwas Abstand von ihm, da ich befürchtete, dass mir vom Geruch seines Essens schlecht werden würde. Ich denke mal, Leber mit Zwiebeln dürften als Nahrungsquelle zusammen mit Dads Generation das Zeitliche segnen, zumal ich nie jemanden unter fünfundsechzig das je habe essen sehen.
Eine Weile waren Dad, Ben und Pete in eine angeregte Diskussion vertieft – den Gesprächsfetzen entnahm ich, dass sie den Mangelan begehrenswerten Frauen im Elks beklagten – woraufhin ich mich zu Charley hinüberbeugte, um mich mit ihm zu unterhalten.
»Du wohnst immer noch in Split Rail, Charley?«
»Ja. Immer noch auf der Ranch. Ich bin da nicht mehr zu viel nütze, aber meine Tochter und ihr Mann dulden mich, während sie den Laden schmeißen.«
»Was macht Jeff denn so?« Meine Gedanken wanderten zu dem Sommer zurück, zu der Woche, die wir in Split Rail verbracht hatten, und zu Charleys Sohn, der sich mit mir angefreundet hatte.
Charleys Züge verdüsterten sich, und dann hellten sie sich wieder auf. »Tja, Jeff sehen wir dieser Tage nicht so oft«, sagte er. »Er sitzt im Gefängnis in Deer Lodge.«
»Ach, das tut mir leid«, sagte ich. »Das wusste ich gar nicht.«
»Schon gut, mein Junge.«
Ich nahm schnell einen neuen Anlauf. »Wie oft kommst du denn hierher?«
»Einmal in der Woche, zu diesem kleinen Treffen. Das möchte ich nicht missen.«
»Toll.«
»Und was ist mit dir? Du bist in Kalifornien?«
»Ja. San José.«
»Familie?«
»Ja, ich bin seit elf Jahren verheiratet. Wir haben vierjährige Zwillinge, einen Jungen und ein Mädchen.«
»Glückwunsch, Mitch. Wie heißen sie denn?«
»Avery und Adia.«
»Wunderbar.«
Ich aß die restlichen Fritten von meinem Teller.
»Was machst du denn beruflich, Mitch?«, fragte Charley.
»Ich verkaufe medizinische Geräte.«
»Macht dir das Spaß?«
»In letzter Zeit nicht mehr.«
Er schmunzelte. »So ist die Arbeit. Die Begeisterung kommt und geht.«
»Vermutlich. Hör mal, Charley, ich glaube, ich habe mich noch gar nicht richtig bei dir bedankt ...«
Schmunzelnd unterbrach er mich.
»Keine Ursache. Das ist lange her.«
Gleich nachdem das Geschirr
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