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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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verbergen.
    »Wie meinst du das?«
    »Ich habe dich beobachtet. Wenn du anrufst, gehst du raus. Wie gestern. Du weißt, dass Stimmen tragen, oder?«
    Am Tag zuvor hatte ich vor Dads Womo auf der Schotterpiste gestanden und laut mit Cindy über dasselbe alte Thema gestritten, über das ich anscheinend nicht hinwegkam und das ich absolut nicht bereit war, mit meinem Vater zu teilen.
    »Es war ein Streit«, sagte ich. »Nichts Besonderes. Kommt vor.«
    »So, so.«
    »Im Ernst, das ist alles.«
    »Glaubst du, ich bin blöd, Mitch? Du bist hier und zeigst keine Anstalten abzureisen. Du hast Streit mit deiner Frau. Was wird hier gespielt?«
    »Deinetwegen bin ich hier, Pop. Vergiss das nicht. Du hast immer wieder angerufen und nichts gesagt. Du willst darüber reden, was gespielt wird? Dann los. Morgen fahre ich.«
    »Es geht hier nicht um mich.«
    »Zum Teufel! Es hat sich doch immer alles um dich gedreht. Jetzt und damals. Alles.«
    »Hol dir Hilfe, Mitch. Herrje!«
    Ich fuhr ein paar Kilometer weiter und hielt das Lenkrad fest umklammert. Schließlich brummte ich: »Fass dich erst mal an deine eigene Nase!« Dad rutschte unruhig hin und her, den Blick von mir abgewandt, und tat so, als ob er mich nicht hörte.
    Schweigend fuhren wir weitere dreißig Kilometer oder so, und ich versuchte abzuwägen, wie ich mich dagegen wehren könnte, dass Dad – wie ich meinte – alles, was ich sagte, gegen mich verwendete. Ich konnte nicht abstreiten, dass ich jemanden brauchte, um über die Sache mit Cindy zu reden. Nur dass Jim Quillen gewiss der letzte Mensch auf Erden war, dem ich freiwillig mein Herz ausschütten würde.
    »Schön, Pop, die Sache ist die«, sagte ich. »Cindy und ich haben Stress.«
    »Was für Stress?«
    »Ehestress. Wir haben Probleme. Ein paar richtig große Probleme. Ich weiß nicht, ob wir sie lösen können.«
    »Sie hat dich also rausgeschmissen?«
    »Das nicht. Wir waren uns einig, dass ich zu dir fahren müsste, um das Rätsel zu lösen, das du uns aufgegeben hast, und wir fanden auch beide, dass uns mal etwas Abstand voneinander guttun würde.«
    Daran hatte Dad eine Weile zu knabbern.
    »Was ist denn passiert?«
    Ich holte tief Luft und atmete sie wieder aus. »Hundert kleine Dinge. Unaufmerksamkeit, uns gegenseitig als selbstverständlich betrachten, ein Mangel an Leidenschaft.«
    Ich machte eine Pause, weil ich nicht zum nächsten Teil kommen wollte. Ich war sicher, dass ich die Gefühle nicht in Worte packen konnte.
    »Bevor die Kinder kamen, waren Cindy und ich ein Herz und eine Seele. Und wir hatten ein Ziel. Wir wollten ein gemeinsames Leben aufbauen und Kinder haben. Nun, dies wird sich vielleicht schlimm anhören, auch wenn ich das nicht so meine, denn Adiaund Avery sind für mich das größte Geschenk meines Lebens, aber ...«
    »Aber?«
    »Ich bin der Vater, und Cindy ist die Mutter. Aber wir sind als Eltern keine Einheit. Da ist sie, und da bin ich, und die Kinder sind zwischen uns. Also, weißt du, eine Zeit lang habe ich mich hinter meiner Arbeit verschanzt. Und als die Arbeit schlecht lief, suchte ich Entspannung in gemeinsamen Abenden mit den Kollegen. Zu Hause versuche ich, ein möglichst guter Vater zu sein, aber unabhängig, genauso wie Cindy es als Mutter macht. Meiner Ehe aber habe ich immer weniger Aufmerksamkeit geschenkt, und Cindy weiß das.«
    »Was ist mit ihr?«
    »Darauf komme ich noch zu sprechen. Vor ein paar Monaten kam ich nach Hause und fand ein paar Aufzeichnungen im Computer. Sie und dieser Mann schrieben sich Mails. Es waren Gefühle im Spiel.«
    »Was meinst du mit ›Gefühle im Spiel‹?«
    »Nur das. Es ist jemand, den sie über das Internet kennengelernt hat. Ich habe jede Menge von ihren Mails gefunden. Sie kommunizierten in einem vertrauten Ton, so wie wir früher. Es ging nicht um Sex oder so was. Trotzdem, es waren so Sachen, die ein anderer Mann nicht zu deiner Frau sagen sollte oder deine Frau zu einem anderen Mann.«
    »Das Internet, Gott! Wie hast du reagiert?«
    »Ich habe sie damit konfrontiert. Sie hat es zugegeben. Ihr blieb ja auch nichts anderes übrig. Sie konnte es nicht vertuschen. Sie hat Schluss gemacht. Es ging nicht um diesen Mann an und für sich. Wir waren bei der Eheberatung, und sie sagt, sie brauchte Aufmerksamkeit, die sie von mir nicht bekam. Aber ... ich komme nicht drüber weg. Ich schließe die Augen und stelle sie mir mit einem anderen Mann vor.«
    »Du bist sicher, dass es kein Sex war?«
    »Ja, bin ich.«
    »Woher weißt

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