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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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du das?«
    »Sie hat es mir gesagt.«
    »Und du nimmst ihr das ab?«
    »Ja.«
    »Typisch.«
    Ich umklammerte das Lenkrad fester. »Du hast was zu sagen, Pop?«
    »Du bist ein Weichei.«
    »Na toll. Danke. Echt eine große Hilfe.«
    »Hey, ich will doch nur helfen. Deine Frau vögelt rum, und du kriegst das nicht mit? Vielleicht sollte dich mal jemand mit der Nase drauf stoßen.«
    Das Blut schoss mir ins Gesicht. Ich fuhr rechts ran, bremste, parkte und sah Dad an.
    »Hör zu, du Arschloch. Komm mir jetzt bloß nicht damit, dass du über Cindy Bescheid weißt. Du kennst sie nicht. Du hast ihr nie eine Chance gegeben. Du gibst anderen keine Chance; Mom nicht, mir auch nie, und du hast verdammt noch mal Jerry keine gegeben.«
    »Wir sprechen von deiner Frau, nicht von Jerry oder deiner Mutter«, knurrte Dad.
    »Sollten wir vielleicht aber. Du glaubst wohl, du kennst dich aus, wie andere betrügen. Und was ist eigentlich mit dir? Mom hat dich verlassen, weil du Arschloch ein Ehebrecher bist. Deswegen ist auch Jerry weg. Nur weil du selbst ein Experte auf dem Gebiet bist, brauchst du noch lange nicht so zu tun, als ob du wüsstest, was in meinem Haus vor sich geht.«
    Meine geballte Ladung Wut ließ Dad alt aussehen.
    »Einen Scheiß weißt du«, sagte er.
    »Ja, nee, ist klar«, sagte ich und steuerte den Wagen wieder auf die Straße. Vor uns sah ich die Abbiegung nach Split Rail, wo ich ihm beweisen konnte, wie viel ich wusste.

THE ROAD TO SPLIT RAIL | 30. JUNI 1979
    Es war noch dunkel, als Dad mich wachrüttelte. »Mitch, wir müssen los.«
    Ich räkelte mich und gähnte. »Wie spät ist es?«
    »Kurz nach fünf. Los, Sportsfreund, steh auf. Dusch dich, wenn du willst. Ich lade schon ein.«
    Ich zog Hose, Socken und Tennisschuhe an, schnappte mir ein Kissen und stolperte ins Freie zum Pick-up. Ich kletterte auf die Rückbank und schlief wieder ein.
    Als ich nach gut drei Stunden aufwachte, waren wir fast in Provo. Dads Mütze – die ein »JQ Drilling Co.« zierte – saß hoch auf der Stirn. Ich trug sie fast genau andersherum, tief runtergezogen. Der Schirm war schon völlig verformt. Die gelben Highway-Striche flogen vorüber, und Dad summte einen Song von Ronnie Milsap mit.
    »Ich komme.« Ich rutschte mit den Füßen voran über den Sitz und hätte Dad fast ins Gesicht getreten.
    »Pass auf!«
    »Tut mir leid, Pop.«
    Es war kurz nach acht, und die Sonne badete die Hügel ringsum, füllte allmählich die dunkelsten Winkel und glitzerte auf der Straße vor uns.
    »Hast du Hunger, Sportsfreund?«
    »Ja.«
    Der Mund unter der Sonnenbrille lächelte mich an. »Na schön. Fahren wir mal ans andere Ende der Stadt und suchen uns eine Fernfahrerraststätte.«
    Dad summte wieder einen Milsap-Song mit – »Let’s Take the Long Way Around the World« –, während ich aus dem Fenster sah. Provo tauchte vor uns auf, ins Utah Valley gebettet und vom Mount Timpanogos beherrscht. Seine Schönheit nahm mich gefangen, wie es das staubige, windige Milford nicht vermochte. Ich sog die Szene in mich auf, froh, von Arbeit und Sorge befreit zu sein. Ich wollte mit der guten Laune meines Vaters auf dieser Straße fahren, so weit sie uns beide trugen.
    Wir steuerten eine Fernfahrerraststätte zwischen Provo und Orem an und sprangen aus dem Führerhaus. Ich streckte die Arme über den Kopf nach dem Himmel aus und genoss das Kribbeln meiner allmählich erwachenden Muskeln. Dad stapfte munter zu den Zapfstellen und begrüßte dort alle Welt mit Handschlag. Wenn ein Trucker sich gern unterhalten wollte, tat Dad ihm den Gefallen. Er kannte den Fernfahrerslang, und er fragte die Trucker nach ihrer Ladung und ihrem Ziel und tauschte sich mit ihnen über Radarfallen und andere Infos aus. Witze, die man ihm erzählte, belohnte er mit schallendem Gelächter. Gab er selbst welche zum Besten, packte er seinen neuesten Kumpel an der Schulter, wenn er die Pointe lieferte.
    Man hätte meinen können, dass er sich um ein öffentliches Amt bewarb.
    Nach einer ausgiebigen Runde um die Zapfsäulen kam Dad zu mir zurückgeschlendert, und wir gingen hinein. Der Kassiererin zwinkerte er zu und begrüßte sie mit »Süße«. Ebenso die verhärmte Kellnerin in den Fünfzigern.
    Dad bestellte Eier auf Toast, Speck und Kartoffelpuffer, das Frühstück, das er jeden Morgen seit meiner Ankunft gegessen hatte. Ich nahm den Berg von Pfannkuchen.
    »Hast du denn gestern Abend Spaß gehabt?«, fragte Dad.
    Die Frage hätte ich ihm stellen sollen, dachte ich,

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