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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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und ließen das metallische Blut in Mund und Rachen fließen. Ich hörte, wie Dad mit der Schaufel auf die Klapperschlange einschlug.
    Als er damit fertig war, kam er auf die andere Seite, wo ich auf dem dreckigen Boden saß, unter Schock, meine nasse Unterhose klebte an mir. Mein Kinn blutete stark und tränkte mein Arbeitshemd. Er kniete nieder und nahm mein Kinn in die rechte Hand.
    »Hat sie dich erwischt?« Dads Augen weiteten sich.
    »Nein.«
    »Ich glaube, ich habe ihn beim Rausziehen so zugerichtet«, erklärte Toby.
    »Bist du okay, Sportsfreund?«
    »Nein.«
    Mein Vater nahm mich in die Arme. Ich ließ meinen Kopf an seine Schulter sinken und weinte.
    Nachdem Dad mich verarztet und ein neues Hemd und eine frische Hose aufgetrieben hatte, arbeiteten wir einen vollen Tag. Ich war unverletzt, zumindest körperlich, obwohl ich immer wieder den Schlag der Klapperschlange an meinen Kopf erlebte und grübelte, wie eine räumliche Abweichung – ein Schlag auf die Haut statt auf hartes Plastik – die Lage verschlimmert hätte. Es hatte den Anschein, als ob der Vorfall Dad mehr erschüttert hätte als mich. Den Rest des Tages arbeiteten wir schweigend, und wenn Toby oder ich Mist bauten, sprang Dad einfach ein und half, ohne uns wüst zu beschimpfen und herunterzuputzen, wie wir das mittlerweile gewöhnt waren.
    Als das letzte Loch gegraben war und Dad seine Meldung am Pfosten befestigt hatte, meinte er, dass wir die Ausrüstung für den Urlaub nach Milford schaffen müssten, denn wenn sie eine Woche in dieser Einöde herumstünde, wäre das meiste davon noch vor unserer Rückkehr weg.
    Ich begriff sofort, was das bedeutete, jedenfalls für mich. Drei von uns und drei Trucks. Ich würde den Pick-up vierzig Kilometerauf einem staatlichen Highway in die Stadt fahren, und das mit elf Jahren. Adrenalin und Angst schossen mir in Kopf und Unterleib. Ich würde die oberen beiden Geschwindigkeiten des Viergang-Pick-ups verwenden und schneller fahren, als ich es jemals getan hatte, wenn ich durch die Sträucher vom Wüsten-Beifuß bretterte.
    Dad bemerkte meinen verträumten Blick.
    »Mitch, ich will dich zwischen uns haben«, sagte er. »Zuerst ich, dann du, dann Toby. Du hörst auf mein Kommando. Kapiert?«
    »Ja.«
    Ganz klar war diese Fahrt für mich als Kind die Krönung. Ich ließ mich auf dem Fahrersitz nieder, zog mir die Mütze ins Gesicht, setzte mir eine von Dads Sonnenbrillen auf, viel zu groß für mein Gesicht, und ließ den Pick-up hinter Dad in den Gang ruckeln.
    Wir fuhren wenige Kilometer durch raues Gelände und auf Schotterpisten, bevor wir zum Ely Highway kamen, wo wir rechts nach Milford abbogen. Der Sattelschlepper brauchte eine Weile, um richtig in Fahrt zu kommen, und darum brachte ich die Superkabine allmählich in den zweiten, dann in den dritten und zuletzt in den vierten Gang. Von Zeit zu Zeit vergewisserte ich mich im Rückspiegel, dass Toby noch hinter mir war.
    Bei entgegenkommenden Fahrzeugen wusste ich, dass Dad ihnen jetzt den standardmäßig minimalistischen Fernfahrergruß gab – der linke Zeigefinger vom Lenkrad abgehoben –, also machte ich das auch so, und freute mich jedes Mal riesig, wenn mein Gruß erwidert wurde. Da saß ich nun am Steuer eines Pick-ups, und andere Fahrer nahmen es einfach so hin. In der Garfield-Grundschule würde ich was zu erzählen haben!
    Die Fahrt nach Milford, scheinbar endlos an den meisten Tagen, war viel zu schnell vorbei. Dad fuhr auf eine Tankstelle am Stadtrand, kletterte aus dem Sattelschlepper und ging hinein, um zu fragen, ob wir die Trucks dort abstellen könnten. Als er wieder herauskam, gab er uns ein Zeichen, dass wir hier richtig waren. Ich stellte den Motor ab und stieg aus, um mitzuhelfen, alles gut zu verschließen.
    »Gut gemacht, Sportsfreund«, sagte Dad, als wir zum Pick-up zurückgingen. Er packte den Schirm meiner Mütze und bewegte ihn hin und her.
    »Aus dir wird doch noch ein richtiger Trucker.«
    Ich duschte und zog saubere Kleider an, dann packte ich meine Sachen. Dad saß am Tisch und machte seine Buchhaltung.
    Ich brannte darauf, ins Freie zu kommen. Der Rausch der Geschwindigkeit durchströmte mich noch, und das Wohnmobil war zu klein, meinen Überschwang zu bremsen. Ich war nicht sicher, ob irgendetwas groß genug dafür war. Vielleicht sollte ich in den Park auf der anderen Straßenseite gehen und so lange im Kreis laufen, bis ich total erschöpft war.
    »Dad, darf ich raus?«
    Er sah von seiner Arbeit hoch und

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