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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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füllen.
    »Dann ist es vielleicht zu spät«, sagte er.
    Da war es. Komischerweise war ich aber nicht so sehr vom Donner gerührt, wie ich erwartet hätte.
    »Ich verstehe.«
    John legte auf. Ich klappte mein Handy zu.
    »Was war das denn?«, fragte Dad.
    »Ich glaube, ich habe gerade meinen Job verloren.«
    Dad schoss aus seinem Sessel hoch.
    »Was? Warum?«
    »Ich hab das schon seit einiger Zeit kommen sehen.« Ich saß da, verwundert über das Gefühl, das mich durchströmte. Es war kein Bedauern über den Verlust meiner Arbeit. Es war nicht die Angst, ob ich eine neue finden würde. Nein, es war Erleichterung. Als hätte jemand mit den Fingern geschnippt und eine Last verschwinden lassen. Dass ausgerechnet John Wallen das getan hatte, dachte ich, war nur eine von den kleinen Ironien des Schicksals. All die Jahre hatte ich mich darauf konzentriert, ihn zufrieden zu stellen und meine Karriere aufzubauen. Am Ende erwies er sich gleichzeitig als mein Gefängniswärter und mein Befreier.
    »Kannst du ihn nicht zurückhaben?« Dads Stimme klang schrill, und sein Aufund Abgehen summierte sich zum größten Energieausbruch des Tages. »Flieg nach Hause, sag ihm, dass alles ein großes Missverständnis ist.«
    »Ich wusste ja gar nicht, dass du so ein Schleimer bist.«
    »Scheiß drauf. Ich bin nicht der Typ, der jemanden, der für mich arbeitet, eine Woche in Montana vertrödeln lässt, wenn er an seinem Schreibtisch sitzen und seine Arbeit tun sollte.«
    Ich lächelte. Ich wollte mich nicht provozieren lassen. »Also, ich werde nicht fragen, ob ich den Job wiederhaben kann. Ich will ihn nicht.«
    Dad schüttelte den Kopf.
    »Glaubst du etwa, deine Frau wäre damit einverstanden?«
    »Weißt du«, sagte ich, »das glaube ich schon.«
    Ich stand vom Sofa auf und ging nach draußen, um die Antwort zu finden.
    Obwohl John nicht ausdrücklich gesagt hatte: »Du bist gefeuert«, stimmte auch Cindy mit mir überein, dass ich sicher sein könnte, dass mein Job nicht auf mich warten würde. Ich fragte, ob sie das denn tun würde.
    »Das weißt du doch«, sagte sie.
    »Schwer zu sagen, was ich weiß.«
    »Wie meinst du das?«
    Ich erzählte ihr von den Briefen, die ich im Schuppen gefunden hatte, erinnerte mich an die geheimnisvollen Passagen, in denen Kelly Sachen geäußert hatte wie: »
Du wirst Dich erinnern, dass ich auch da war.«
    »Meint sie etwa das Waisenhaus?«, mutmaßte Cindy.
    »Kann sein. Aber wer ist diese Dana, deren Beerdigung sie erwähnt? Dafür fehlt jeder Hinweis.«
    »Keine Ahnung. Vielleicht ist diese Kelly eine alte Freundin.«
    »Das habe ich auch schon gedacht, aber ich weiß nicht recht. Warum sollte sie ihm Jahre später gestehen, dass sie ihn liebt, während sie von ihrem Mann und ihren Kindern erzählt?«
    »Das musst du eben rausfinden.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Weißt du, das hier nimmt viel größere Ausmaße an, als beabsichtigt war. Ich bin hierhergekommen, um herauszufinden, was Dad bekümmert, und um die Dinge mit ihm in Ordnung zu bringen, nicht um ein Geheimnis aus seiner Vergangenheit auszugraben.«
    »Na, Mitch, das stimmt nicht ganz. Du bist hingefahren, um einer Sache auf den Grund zu gehen, und genau dorthin hat die Spur dich geführt. Du kannst jetzt nicht aufhören.«
    Ich atmete tief ein. Die Herbstluft füllte meine Lunge und kitzelte meine Nase.
    »Ich weiß«, bestätigte ich ausatmend.
    »Und wenn ich hier bleibe und bei Dad esse, sparen wir obendrein noch Geld.«
    Meine Frau lachte leise. »Daran hab ich noch gar nicht gedacht.«
    »Okay, Schatz, ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch, Schatz.«
    Ein schlichter, wunderbarer Augenblick, der so lange auf sich gewartet hatte, trug mich ins Haus zurück.
    Ich schnippelte an meinem Steak herum, während ich überlegte, wie ich Dad am besten meine Fragen stellen könnte. Ich war halb versucht, die Dinge auf den Tisch zu bringen und auf eine offene Antwort zu hoffen. Doch ich schlich, wie gehabt, wenn es um Dad ging, um den heißen Brei herum.
    »Dad, wann bist du in die Navy eingetreten?«
    Er blickte von seinem Teller hoch.
    »Warte mal ... Ich bin 36 geboren, also muss das siebzehn Jahre später gewesen sein ... 53 oder 54.«
    »Mit siebzehn bist du also eingetreten?«
    »Ja.«
    »Was hast du vorher gemacht?«
    »Was sollen diese Fragen?«
    »Ich bin nur neugierig. Ich finde, wir haben genug über alles andere geredet.«
    »Ich war im Waisenhaus und bin zur Schule gegangen.«
    »Du warst im Waisenhaus, bis du zur Navy

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