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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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anderthalb Kilometer vom Haus weg. Ich sah am Tor vorbei zur Straße, die nach Split Rail führte. Von der Ranch verlief sie nach Süden und Westen. Hunderte von Kilometern weit weg saß mein Bruder in San Diego und kam weiter im Leben.
    Ich wünschte, er wäre hier bei mir, damit ich ihm um den Hals fallen könnte.
    Als ich zurückkam, fand ich Dad in seinem Fernsehsessel mit einem Bier und einer Zigarette.
    »Wie läufts denn, Sportsfreund?«
    »Gut.«
    »Brauchst du noch Benzin?«
    »Noch nicht.« Ich rief in die Küche: »Was gibts zum Essen?«
    »Hotdogs«, sagte Marie.
    »Wir tafeln heute fürstlich«, sagte Dad, woraufhin ein Kopf mit eisigem Blick um die Ecke spähte.
    Nach all dem Essen im Diner und den zusammengeklatschten Büchsenfleisch-Mahlzeiten in Utah waren mir Hotdogs willkommen. Und Marie hatte untertrieben. Kartoffelchips, Obst und Nudel salat gab es auch noch dazu. Fürstlich fürwahr. Da ich spürte, dass die Spannung zwischen Dad und Marie etwas nachgelassen hatte, sagte ich zu Marie, wie gut das alles schmeckte, in der Hoffnung, dass ein paar freundliche Worte dem Umgangston eine neue Richtung geben könnten.
    »Danke, Mitch«, sagte sie. Dann sah sie Dad an, der sich wortlos sein Essen in den Mund schaufelte. »Schön, dass es jemand bemerkt hat.«
    Dad sah zu ihr hoch. »Ich habe es bemerkt«, sagte er. »Mir war nur nicht klar, dass du einen Tusch erwartet hast.«
    Maries Gabel fiel klappernd auf den Teller. »Sieh mal, Jim, es lässt tief blicken, dass es für dich entweder Schweigen oder ein Tusch sein muss. Wie wärs denn einfach mal mit einem netten Wort? Mit ein bisschen Freundlichkeit?«
    »Du meinst so freundlich, wie du zu dem Kerl warst?«
    »Herrje! Jim!«
    »Ich gehe nach draußen«, sagte ich und stand auf. Marie legte eine Hand auf meine Schulter und versuchte, mich zu besänftigen.
    »Mitch. Es tut mir leid.« Sie warf Dad einen Blick zu. »Uns tut es leid. Hilf mir bitte beim Abräumen, ja?«
    Dad sah hoch und nickte mir zu.
    »Okay«, sagte ich.
    Ich hatte gerade den restlichen Nudelsalat in den Kühlschrank gestellt, als wir den dumpfen Aufschlag auf dem Holzfußboden im Wohnzimmer hörten.
    »Ach, verdammt!«
    »Was ist denn?«, fragte Marie.
    »Mitch, komm mal her, ja?«, sagte Dad.
    Ich ging ins Wohnzimmer, Marie folgte mir auf den Fersen. Vor Dads Sessel sah ich den umgekippten Aschenbecher, Dutzende von Zigarettenkippen und Asche ringsum verstreut.
    »Hol mal den Besen aus dem Putzschrank in der Diele und feg das auf«, sagte Dad.
    »Das machst du, Jim«, sagte Marie.
    »Wie bitte?«
    »Das ist dein Dreck. Du machst ihn weg. Er ist nicht dein Sklave.«
    »Das macht mir nichts aus«, sagte ich.
    »Mir aber«, sagte sie. »Du bist nicht für die Sauerei deines Vaters verantwortlich.«
    »Willst du mich verarschen?«, fragte Dad. Er starrte sie an.
    »Ganz und gar nicht. Du glaubst, du kannst jeden rumkommandieren. Kannst du aber nicht.«
    »Ich habe den Jungen nur gebeten, mir beim Saubermachen zu helfen.«
    »Du hast ihn nicht gebeten. Du hast es befohlen. Jemand muss mal anfangen, andere gegen dich zu verteidigen, Jim.«
    Ich sah den Streit bereits eskalieren, und ich konnte weder reden noch mich regen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass Marie dies als Vorwand für ein Machtspielchen nutzte. Halb gespannt und halb entsetzt wartete ich die weitere Entwicklung ab.
    »Das ist Schwachsinn«, sagte Dad. »Du machst nur so viel Wind um diese Sache wegen gestern Abend. Du hast Scheiße gebaut, riesengroße! Und jetzt willst du mir die Schuld in die Schuhe schieben.«
    »Gar nicht wahr! Ich setze mich für Mitch ein. Er hat was Besseres von dir verdient.«
    »Ich habe ihn gebeten, den verdammten Fußboden sauber zu machen.«
    »Befohlen hast du’s ihm! Du hast ihm befohlen, den Dreck wegzumachen. Schaffst du Jammerlappen das etwa nicht allein?«
    Dad bückte sich nach dem gläsernen Aschenbecher, und dann richtete er sich auf und hielt ihn mit Daumen und Zeigefinger. »Du hast recht«, sagte er. »Ich mach das weg.«
    Er ließ den Aschenbecher fallen, und er zersplitterte auf dem Fußboden.
    »Hoppla«, sagte er.
    Er tippte Marie an und sie zuckte zusammen. Statt auf sie loszugehen, durchquerte er das Wohnzimmer bis zum Kamin. Ihr gemeinsames Hochzeitsbild hing an der Wand.
    »Hier hast du noch eine Sauerei«, sagte er und schlug mit der Faust ins Bild, dass das Glas zersprang. Er packte den Holzrahmen und schleuderte ihn zu Boden.
    »Keine Sorge, Schatz. Ich mach das

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