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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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ein bisschen rauskommen?«
    »Ja, ich denke schon. Was hast du denn vor?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Wir könnten zur Schule gehen und Körbe werfen«, sagte sie.
    »Prima.«
    Sie ging ins Haus zurück, um den Basketball zu holen, und dann zogen wir los und dribbelten den Ball die Straße hinunter.
    »Hattest du Spaß in Montana?«, fragte Jennifer.
    »Es war schon okay.«
    »Gut.«
    Ich blieb stehen.
    »Nein. Es war schlimm.«
    »Wieso?«
    Ich erzählte ihr alles, als wir die letzten paar Häuserblocks bis zur Schule gingen.
    Sie sagte andauernd »wow«, was echt daneben war, aber ich war froh, wenigstens eine Zuhörerin zu haben. Seit unserer Rückkehr nach Milford hatte Dad einen Tunnelblick auf die Arbeit, und jetzt hatte er in Brad einen neuen Kumpel. Jennifers Gesellschaft ließ mich das eine Weile vergessen.
    Wir fingen an mit H-O-R-S-E, und Jennifer brachte mich in Verlegenheit, weil sie mühelos gewann. Sie hatte eine fantastische Wurftechnik – Ball in Brusthöhe, Ellbogen angewinkelt, perfektes Follow-through. Meine war etwas fahrig; ich konnte zwar aus größererDistanz werfen, was toll war, wenn der Ball ins Netz ging, aber sie traf mit schöner Regelmäßigkeit. Am Ende machte ich fünf Fehler und sie nur zwei. »Versuchen wir es mal mit P-I-G«, sagte ich. Dieses Mal ließ ich sie mit ihrer Führungshand werfen und baute ein paar Tricks ein, die sie nicht so gut beherrschte – Korbleger rückwärts und dergleichen –, und ich schlug sie mühelos.
    Sie lächelte spitzbübisch.
    »
Around the World
zur Revanche?«, schlug sie vor. Ich hatte nie eine Chance. In diesem Spiel versenkte sie jeden Wurf beim ersten Anlauf und siegte haushoch.
    »Ich weiß«, sagte ich. »Lass uns einfach nur werfen.« Jennifer brach in Lachen aus.
    »Wie bist du denn so gut geworden?«, fragte ich.
    »Durch meinen Dad. Der hat mich zum Körbewerfen mitgenommen, seit ich ein kleines Mädchen war.«
    »Du
bist
noch ein kleines Mädchen.«
    »Ja, aber groß genug, um dich zu schlagen.«
    Sie gewann wieder.
    Eine halbe Stunde lang warfen wir den Ball und quatschten über Gott und die Welt. Wir stellten fest, wie schnell der Sommer vorüberging. Zeit ist eine merkwürdige Sache für ein Kind. Das Schuljahr schleppt sich in Zeitlupe dahin, wobei jeder Montag ein unvermeidliches Warten auf den Freitag auslöst. Im September beginnt die sechswöchige Phase, die für die Notenvergabe entscheidend ist – ganze sechs Wochen! – und die einem nahezu endlos vorkommt. Aber schließlich kommen die Ferien. Zwei Wochen zu Weihnachten, die wie im Flug vergehen, und dann der letzte Schultag im Juni, ein Blickwinkel, von dem aus man gloriose Monate der Freiheit vor sich ausgebreitet sieht. Jene zwölf Wochen verfliegen so schnell, die Schule fängt von Neuem an und die Zeit verlangsamt sich wieder. Erst wenn die Zwanzigerjahre in einem Tag verfliegen und wenn Dinge, von denen man annimmt, dass sie erst letztes Jahr geschahen, in Wirklichkeit aber fünf Jahre zurückliegen, merkt man, dass die Zeit sich nicht verlangsamt, im Gegenteil,dass sie immer mehr an Fahrt zulegt. Und dann verwünscht man sich dafür, dass man sie je totschlagen wollte.
    Ich entdeckte Brad auf dem Gehweg.
    »Hey, Brad.« Ich winkte ihm zu.
    »Wer ist das?«, flüsterte Jennifer.
    »Er arbeitet für meinen Dad.«
    Brad kam durch das Tor herein und gesellte sich zu uns.
    »Basketball, hm?«, sagte er.
    »Ja. Willst du mitspielen?«
    »Klar, ich versuchs mal.« Wir spielten H-O-R-S-E. Ich fing an, dann kamen Brad und zum Schluss Jennifer an die Reihe.
    Ich versagte auf der ganzen Linie, und Jennifer fand in Brad ihren Meister. Dann gab er mir den Rest.
    »Verlierer!«, sagte er, zeigte auf uns und lachte. Jennifer blickte hoch. Lichtbänder streiften den dunkler werdenden Himmel.
    »Ich muss nach Hause«, sagte sie.
    »Die Verliererin schnappt sich den Ball und zieht Leine«, spottete Brad.
    »Hey«, sagte ich.
    »Nee, Mann, ich mach bloß Spaß«, sagte er. »Wir bringen dich nach Hause.«
    »Lasst mal«, sagte Jennifer und ging weg.
    »Tschüss, Jennifer«, sagte ich leise, was sie mit einem knappen Winken erwiderte. Was war Brad doch für ein Arsch, so was zu ihr zu sagen. Hoffentlich war sie nicht zu sauer auf mich.
    »Ich geh dann wohl besser auch«, sagte ich.
    »Soll ich dich begleiten?«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Dies ist ein freies Land.«
    »Du magst mich wohl nicht besonders?«, fragte Brad.
    Meine Ohren brannten. »Du bist okay«, sagte ich.
    Ich

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