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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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sagte er.
    Ich sah mich um. Den Truck konnte ich nirgends entdecken.
    »Was ist denn hier so Besonderes an dieser Stelle?«, fragte ich.
    »Besonders würde ich sie nicht nennen.«
    »Warum also hier?«
    »Hat Jim dir das nicht erzählt?«
    »Was denn?«
    »O Gott!«, sagte Toby.
    »Was?«
    Er wimmerte. »Ach herrje! Ach Scheiße.«
    Es dauerte lange, Toby so weit zu beruhigen, dass er wieder einen vernünftigen Satz herausbrachte.
    »Lass uns einfach umkehren«, sagte er.
    Das kam überhaupt nicht infrage. Behutsam, zartfühlend und zu guter Letzt wütend flehte ich ihn an zu reden. Ich brauchte das. Ich war von zu weit her gekommen.
    »Du brauchst das nicht zu wissen, Mitch. Geh jetzt einfach weg von hier. Ich an deiner Stelle würde das tun.«
    »O Gott, Mann, ist das dein Ernst?«, fragte ich.
    Toby starrte auf den Boden. Er schluckte hart. Er sagte nichts.
    »Erzähl es mir«, sagte ich. »Erzähl es mir jetzt.«

MILFORD | 9. FEBRUAR 2008
    Toby stand im Sand, vom Wind durchpustet, und er weinte.
    Bei jedem Schluchzer wuchs meine Wut.
    »Verdammt, Toby, raus mit der Sprache! Du hast ja keine Ahnung, wie schwer mir das gefallen ist, hierherzukommen.«
    Dieser elende Jammerlappen versuchte, sich zusammenzureißen. Er wischte sich mit der Hand über die laufende Nase und putzte sich den Rotz weg. Er betupfte sich die Augen und versuchte, seine Sprache wiederzufinden.
    »Okay«, sagte er. Seine Augen waren rot und glasig. »Ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll«, sagte er. »Jim und ich, wir haben diesen Brad oberhalb von dem Gewässer da begraben.«
    Ich knickte ein, als hätte man mir mit dem Baseballschläger in die Kniekehlen geschlagen.
    »Was? Wann?«
    »Du erinnerst dich an den Tag, an dem Jim uns Feierabend machen ließ und nach Cedar City fuhr?«
    Brads Gesicht blitzte in meinem Kopf auf, immer wieder.
    »Ja.«
    »Wir haben ihn in der Nacht begraben.«
    »Mein Gott, Toby. Warum?«
    »Das willst du gar nicht wissen.«
    »Irrtum, ich muss es wissen.«
    Er konnte mich nicht ansehen, als die Worte herauskamen.
    »Jim hat ihn getötet.«
    Ich war sprachlos.
    Ich saß auf dem Boden, fassungslos über die Enthüllung, während Toby die Lücken meiner letzten Stunden in Milford füllte, die Augen blicke, die mein verwirrtes Hirn miteinander in Einklang zu bringen versucht hatte, damals an dem Tag im Juli 1979 und an so vielen Tagen seither.
    »Teresa und ich mussten aus Beaver zurückkommen«, sagte Toby. »Ich wollte das Essen bezahlen gehen und stellte fest, dass ich meine Brieftasche vergessen hatte. Darum kehrten wir um. Aber ich konnte sie nicht in meinem Zimmer finden, darum habe ich Brads Tür aufgemacht. Hör mal, ich hab dem Burschen nicht getraut. Ich dachte, der hätte sie vielleicht geklaut.«
    Toby richtete den Blick zum Himmel. Er schniefte.
    »Mitch, du lagst auf dem Bett. Brad hatte dir die Hose ausgezogen und ...«
    Alles in meinem Magen revoltierte und kam hoch. »Scheiße, Mitch«, sagte Toby und trat auf mich zu. Ich hob abwehrend die Hand, und Toby wich wieder zu der Stelle zurück, wo er vorher gestanden hatte. Er beobachtete mich und wartete, dass ich die Krämpfe unter Kontrolle bekäme. Ich überstand das Erbrechen und das darauf folgende trockene Würgen.
    »Hat er ... bin ich ...«
    »Nein«, sagte Toby. »Ich glaube nicht. Es sah so aus ... « Er rieb sich die Augen.
    »Es sah so aus, als ob er gerade anfangen wollte.«
    Es lief mir eiskalt über den Rücken. Ich klaubte meine wirren Gedanken zusammen und zwang mich, nicht wegzugehen.
    »Okay. Und dann?«
    »Bist du sicher, dass du das wissen willst, Mann?«, fragte Toby.
    Ich war auf alles gefasst.
    »Und was dann?«
    »Ich packte Brad und prügelte auf ihn ein. Er war stärker als ich. Er warf mich ab und würgte mich. Ich hatte das Gefühl, ohnmächtig zu werden.«
    »Ach herrje!«
    »Ja. Teresa hatte gehört, was los war. Sie kam rein und zog ihm eins mit der Bierflasche über, und das hat ihn aufgehalten. Sonst hätte er mich sicher erledigt.«
    »Mein Gott.« Etwas anderes brachte ich nicht heraus.
    »Ich bin ausgetickt, Mitch. Ich bin absolut ausgetickt. Ich konnte mich nicht rühren. Teresa nahm das Heft in die Hand. Sie brachte mich dann schließlich dazu, ihr zu helfen, Brad zu fesseln. Sie zog dich an, und wir trugen dich hinaus zu meinem Truck. Er hatte dich betäubt, da bin ich mir ziemlich sicher. Du warst weggetreten. Wir konnten dich nicht wach kriegen. Ich sagte ihr, sie solle Jim suchen und ihn zum Haus

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