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Der Sonntagsmonat

Der Sonntagsmonat

Titel: Der Sonntagsmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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mich einen Reiz: die Höhle aus Korbmöbeln, die sich Kinder auf der Veranda bauen, die Reise eines Briefes vom Kasten in den Sack und vom Sack in den Schlitz, das fatalistische Vertrauen des Astronauten auf ein Netz aus Formeln, das Computer gesponnen haben. Meine kauernde Position auf dem Boden des Wagens war in gewisser Weise frei gewählt ; die Chance entdeckt zu werden, würde sich nur geringfügig erhöhen, wenn ich mich auf den Rücksitz legte. Doch am Boden zu hocken und mit der Hand am Rand der Bodenmatte entlangzutasten, durch die krümeligen Überreste von Imbissen der Crickschen Kinder, vorbei an einem Knopf und einem abgekauten Bleistiftstummel, in die niederen Regionen des Fahrersitzes, wo sich ein Gewölle aus Staubflocken und herrenloser Lakritze und den roten Streifen zum Aufziehen von Zigarettenpackungen behaglich der Reinigung widersetzte und ein System von rostigen Sprungfedern aus mir unerforschlichen Gründen auf graue Filzstreifen einwirkte – ja, hier zu hocken gefiel mir, nicht nur der konzentrierten Pose der Erniedrigung wegen, sondern auch, weil es die Möglichkeit barg, wie ein Kind beim Versteckspiel aufzuspringen und Alicia zu erschrecken, damit sie in liebevolles Gelächter ausbrach.
    Nach zwanzig langen Minuten oder einer kurzen Ewigkeit allerdings zwangen mich mein ächzender Rücken und meine ins Waffelmuster gepreßten Knie, auf dem Sitz Platz zu nehmen, wo ich mich seitwärts duckte, um dem Beschuß durch passierende Scheinwerferstrahlen zu entgehen. Schliefen die Liebenden? Und Jane vielleicht nicht? Ich hatte mir, nachdem meine kochende Wut zu resignierender Sentimentalität abgekühlt war, gerade gelobt, ins Pfarrhaus zurückzukehren, als das Licht über Neds Tür anging. Einen Augenblick lang sah man ein Stück von ihm; danach hatte er ein zerknittertes Hemd an, und sein Bart war ungekämmt. Alicia hatte in der weihnachtlichen Stimmung ihr rotes Kleid angezogen oder wieder angezogen und sich in ihrer Aufgewärmtheit nicht die Mühe gemacht, den Reißverschluß ihrer Lederjacke hochzuziehen. Beschwingt und forsch, den Autoschlüssel schon aus dem Portemonnaie gefischt und wie ein gezücktes Stilett in der behandschuhten Hand, kam sie über die Straße herüber zu ihrem Wagen, meiner Höhle, und öffnete die Tür. Obwohl ich mich so tief seitwärts geduckt hatte, daß mir der aschige Gestank des Aschenbechers in der Seitenlehne in die Nase drang, fiel ein Strahl von Neds Verandalampe, à la La Tour, auf mein Gesicht. Alicia stockte nicht. Ihr Haarschopf verdeckte wie eine Wolke das Licht; sie schlug die Tür zu, setzte sich bequem und behaglich hinter dem Steuer zurecht, veranlaßte den Motor (gegen seinen Willen) anzuspringen und versetzte uns in Bewegung durch die leeren, geradlinigen Straßen.
    Ich bezweifelte, daß sie mich gesehen hatte.
    Aber sie schnupperte und sagte, nachdem (wie ich hinten auf dem Rücksitz aus Lichtern und Bewegung kombinierte) einige Kreuzungen überquert und einige Ecken genommen worden waren: «Wirklich, Tom. So geht es nicht.»
    Ich setzte mich auf. «Wie war es? Wie ist er? Ich habe Jane immer erzählt, er wäre impotent.»
    «Er sagt, du hättest dauernd versucht, ihn mit Jane zu verkuppeln. Das finde ich rührend, Tom.»
    «Es war nur so ein Gedanke. Wie kommen wir sonst hier weg, um die Boro-boro-Missionsschule zu betreiben, wir beide, du und ich, ganz allein?»
    «Das können und werden wir nicht.»
    «Einverstanden. Taxi, fahren Sie mich bitte nach Hause.»
    Ihr Ton gefiel mir nicht, und ebensowenig gefiel mir der Ton, den sie mir damit aufzwang. Ich begann zu jammern, toben, mich immer tiefer in das komfortable Loch des Verlierers zu manövrieren. «Du Dreckstück. Du verflixte Hure. Wie konntest du mir das antun?»
    «Dich nach Hause zu fahren?»
    «Die ganze Zeit mit Bork zu vögeln.»
    «Nicht die ganze Zeit, Tom. Nur einige Male. Ich mußte irgend etwas unternehmen, um von meiner Besessenheit, um von dir loszukommen. Ich brauche Hilfe, einerlei, wo ich sie finde.»
    «Und kriegst du von Bork all die Hilfe, die du brauchen kannst?»
    Sie saß steif am Steuer. Hin und wieder setzten Scheinwerfer ihr Haar in Flammen. Es war, wie ich bemerkte, frisch gekämmt und geordnet, was mir die gerade hinter ihr liegende Balgerei so deutlich vor Augen führte, daß ich mich krümmte, um den Schmerz zu unterdrücken. Ich keuchte. Nur ihre Stimme konnte den Schmerz lindern. Jedes Gift ist sein eigenes Gegengift. Sie verkündete tonlos: «Ich habe nicht

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