Der Spiegel aus Bilbao
war gerade dabei, Löffel und Gabeln aus der Schublade zu
nehmen, als ihr leidenschaftlicher Liebhaber hereinplatzte.
»Einfach weggelaufen, was?« Er
rieb seine frisch rasierte Wange an ihrem Gesicht. »Konntest du nicht warten,
bis ich mich ein bißchen ausgeruht hatte?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich
erwartete doch Mr. Lomax. Max, Liebling, ich glaube nicht, daß ich als Femme
fatale sehr erfolgreich wäre. Ich muß mich immer noch um so fürchterlich viele
andere Sachen kümmern. Würde es dir schrecklich viel ausmachen, wenn wir uns
heimlich davonschleichen und statt dessen einfach heiraten würden?«
Ȇberhaupt nicht. Welches Datum
schwebt dir denn vor?«
»Ich dachte, wir könnten
vielleicht morgen das Aufgebot bestellen, wenn du dann Zeit hast.«
»Wie wär’s denn mit heute?«
»Ich muß doch zu Alice B.s
Beerdigung.«
»Das ist ein verdammt triftiger
Grund. Ich nehme an, du möchtest, daß ich dich hinbringe?«
»Nur, wenn du auch wirklich
Zeit hast. Sonst könnte mich bestimmt auch Bradley Rovedock fahren.«
»Zum Teufel mit Bradley
Rovedock. Du gehörst mir. Mir, hörst du? Mir!«
»Dann hör bitte auf, mir die
Rippen zu brechen, und sag mir lieber, was du zum Frühstück möchtest. Ach ja,
wie immer. Ich geh’ dran. Das muß Tante Appie sein.«
Sarah ging ans Telefon. Es war
tatsächlich Tante Appie, völlig aufgelöst, wie Sarah erwartet hatte.
»Sarah, Liebes, ich wollte dich
nur an die Beerdigung erinnern. Sie findet um zehn Uhr statt, nicht vergessen.«
»Zehn? Lassie hat aber elf
gesagt.«
War Lassie wirklich ein Fehler unterlaufen
oder hatte sie gewollt, daß Sarah den Gottesdienst verpaßte und ein paar
Pluspunkte bei Bradley verlor? Ob es ihr wirklich so viel ausmachte, daß man
Sarah bei dem Ausflug mit der Yacht akzeptiert hatte? Dann würde sie sich heute
auf eine weitere Enttäuschung gefaßt machen müssen.
Sarah hatte nämlich keine Lust,
Tante Appie aufzuregen, nur um Lassie Larrington zufriedenzustellen.
»Alles in Ordnung, ich werde da
sein. Brauchst du noch etwas von deinem Gepäck?«
»Danke, Liebes, aber ich habe
mich bereits in mein braunes Crepe-Kleid geworfen. Alice B. hat immer gesagt,
wie sehr sie es mochte.«
Alice B. hatte es sich nie
verkneifen können, irgendeine Bemerkung über das langweilige alte Kleid zu
machen. Was sie wirklich gemeint hatte, war: »Wann um Himmels willen kaufst du
dir endlich mal ein neues?«, doch Appie war viel zu naiv, um zu merken, daß man
sie beleidigte.
»Also, Sarah, du brauchst dich
um nichts zu kümmern, wir haben schon alles arrangiert. Du machst dich nur
schnell fertig, und Fren Larrington kommt dich abholen.«
»Tante Appie, ich möchte nicht,
daß Fren mich abholt. Ich fahre mit Max.«
»Max? Du meinst den jungen Mann
von der — aber Sarah, wir haben alles schon so nett vorbereitet.«
»Vergiß es, Tante Appie. Max
und ich haben unsere eigenen Pläne.«
Sie zog fragend die Augenbrauen
hoch und sah Max an. Er nickte, und sie gab sich einen Ruck. »Wir planen
nämlich etwas Dauerhaftes.«
»Wie bitte, Liebes? Tut mir
leid, aber ich verstehe nicht ganz —«
»Ich meine damit, daß Max und
ich heiraten werden. Noch in dieser Woche, wenn wir es einrichten können.«
»Sarah! Wir dachten alle, daß
es doch viel netter wäre, wenn du und Fren —«
»Max und ich treffen dich also
an der Kirche.«
Sarah legte den Hörer auf die
Gabel. »Arme Tante Appie. Vielleicht heilt sie das endlich von ihren netten,
kleinen Plänen. Was hältst du von Toast und Rührei? Für etwas anderes haben wir
leider keine Zeit. Ich muß mir schnell etwas Ordentliches anziehen, und ich
denke, du trägst am besten ein Jackett und eine Krawatte. Die Hälfte der
Trauergäste wird wahrscheinlich in Jogginganzug oder Tennisshorts erscheinen,
aber warum sollen wir nicht mit gutem Beispiel vorangehen? Nach der Trauerfeier
können wir ja sofort wieder gehen.«
Das war allerdings leichter
gesagt als getan. Als man schließlich in der kleinen Feldsteinkirche, die zur
Sommerhauskolonie gehörte, der lieben Verstorbenen gedacht hatte und Alice B.
auf dem angrenzenden Friedhof beerdigt worden war, hatte sich Tante Appie
beinahe die Augen ausgeweint. Sarah brachte es nicht übers Herz, sie allein zu
lassen, da Lionel zusammen mit den Jungen in seinem Camp geblieben war und
Vare, die anwesend war, keine Spur von Mitgefühl zeigte. Max mit seinem
ausgesprochenen Familiensinn war sogar bereit, sie zurück zu Miffys Haus zu
begleiten, wenn Sarah es
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