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Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: balzon
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Elin auf und schlich aus der Bibliothek.
    In der Nähe der königlichen Gemächer blieb sie ve r wundert stehen. Ihre Nase kitzelte. Es roch … nach ve r branntem Holz? Sie lief die Treppe hinauf und erschrak. Rauch quoll unter einer Türritze hervor. So schnell, dass sie beinahe gestürzt wäre, rannte Elin die Treppe wieder hinunter und hämmerte an die Türen der Gemächer.
    Wenig später war das Schloss in heller Aufruhr. L a kaien, Gardisten und Reitknechte wimmelten durchei n ander. Aus Küchen und Ställen wurden Eimer herbeig e schafft. Die Küchenmädchen wurden aus dem Schlaf gerissen und kamen herbeigerannt, um beim Löschen zu helfen. In dem Chaos dauerte es eine ganze Weile, bis man eine Löschkolonne gebildet hatte, die sich lückenlos bis zum Brunnen erstreckte. Eimer um Eimer wurde hochgeholt. Inzwischen schlugen die Flammen aus me h reren Räumen im Verwaltungstrakt und den Gemächern der Königin. Elin stand mitten auf der Treppe. Ihre Arme waren längst lahm. Es war sicher schon der fünfzigste Eimer, den sie weiterreichte. Zu ihrer Erleichterung en t deckte sie am Fuße der Treppe Kristina – unversehrt, immer noch in ihrer Tageskleidung. »Lasst die verdam m ten Wandteppiche!«, schrie sie mit rauer Stimme. »Rettet die Akten!«
    »Geben Sie her, Mademoiselle!« Der volle Eimer wurde Elin aus der Hand gerissen. Erst als der junge Mann im Studentenrock ihr flüchtig zulächelte, wusste sie, woher sie seine Stimme kannte. Es schien Jahre her zu sein, dass sie in Uppsala Schnee für die Küche geholt hatte.
    »Hampus? Was machst du denn hier?«
    Irritiert runzelte er die Stirn. Elin wurde klar, dass er sie mit ihrem rußverschmierten Gesicht nicht erkennen konnte.
    »Arbeiten. Und studieren. Mademoiselle, der Eimer!«
    Erst gegen Morgen war der Brand gelöscht. Zurück blieben Haufen von versengten, durchnässten Teppichen und verkohlten Tischen und Stühlen. Jeder, der mit a n fassen konnte, half dabei, die Trümmer in den Hof zu schleppen. Die wenigen Gardinen, die durch das Lösc h wasser vom Feuer verschont geblieben waren, hingen starr gefroren in den verwaisten Räumen.
    »Auch hier sind keine Akten beschädigt worden«, stellte Ebba Sparre fest. Ihre Hände waren schwarz von Ruß. An der Stelle, an der sie sich eine Locke hinter das Ohr gestrichen hatte, prangte ein dunkler Streifen wie eine kunstvolle Verzierung. »Ich wusste es«, flüsterte sie immer wieder. »Die Gespenster haben das Unglück a n gekündigt.«
    »Dann kannst du jetzt ja wieder ruhig schlafen«, sagte die Königin. »Das Unglück ist passiert.« Obwohl sie b e herzt klang, sprach ihr Körper eine andere Sprache. Mehrmals fielen ihr Gegenstände aus den Händen und als Elin herbeisprang, um sie aufzuheben, scheuchte die K ö nigin sie unwillig weg. »Belle, sei so gut und hole ein paar Diener«, wandte sie sich schließlich an Ebba. »Sie sollen zusehen, dass der Kamin wieder in Gang kommt, bevor uns die Wände durchfrieren.« Kaum hatte die Ho f dame den Raum verlassen, wurde Kristina aschfahl und schwankte. Elin konnte sie gerade noch stützen.
    »Hast du die Fenster gesehen, Mädchen?«, flüsterte sie. Elin nickte.
    »Sie waren alle weit geöffnet. Jemand wollte das Fe u er nähren.« Kristina lächelte matt und stützte sich schwer auf das verkohlte Fensterbrett. »Beneidest du mich i m mer noch um mein Los als Königskind?«
    »Wer will Sie töten?«
    »Wer will es nicht? Meine eigenen Adligen, die um ihre Lehen und Privilegien fürchten und das Königtum am liebsten abschaffen würden? Oder vielleicht Geistl i che, die nicht dulden, dass Katholiken an meinem Hof sind? Bürger oder Bauern? Möglicherweise war es sogar ein Agent der polnischen Wasa, die nur darauf lauern, dass Schwedens Thron verwaist ist. Dann könnten sie ihre eigenen Erbansprüche geltend machen.«
    »Der Thron ist nicht verwaist«, sagte Elin. »Sie l e ben.«
    »Fragt sich nur, wie lange noch«, erwiderte die Kön i gin in ihrer trockenen, harschen Art. Nachdenklich starrte Elin auf das verschmierte Fensterglas. Erst jetzt erkannte sie, dass sich ein Handabdruck darauf abzeichnete – der Ruß machte die Fingerspuren sichtbar.
    »Bauern waren es sicher nicht«, sagte sie leise. »Der Mann vor Jüterbocks Haus war besser gekleidet.« Krist i na musste nah herangehen, um mit ihren kurzsichtigen Augen die Fingerabdrücke zu erkennen, auf die Elin de u tete.
    »Als ich ihn sah, hielt er den kleinen Finger betont a b gespreizt«, erklärte Elin.

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