Der Spiegel der Königin
Geschenk für eine besondere Person«, sagte Lovisa g e heimnisvoll. »Und nun muss ich sehen, dass ich für dich ein hellgrünes Kleid finde.« Und mit einem Lächeln fü g te sie hinzu: »Schließlich sollst du Augen haben wie die Wal d feen aus den Märchen.«
Doch da war noch etwas, was Elin seit dem Streit mit Kristina auf der Seele lag.
»Lovisa, kanntest du die Königin, als sie ein junges Mädchen war?«
»Ihre Tante kannte ich gut, die selige Katharina. W a rum?«
»Was ist mit Kristinas Mutter?«
»Die Brandenburgerin«, murmelte Lovisa abfällig. »Gustav Adolf nannte sie sein › Hauskreuz ‹ und er hatte Recht damit.« Sie trat näher an Elin heran. »Für Kristina ist es ein Segen, dass ihre Mutter vor sechs Jahren aus Schweden floh. Obgleich sie sich einen besseren Z u fluchtsort als ausgerechnet unseren Erzfeind Dänemark hätte aussuchen können. Frage also besser nicht nach der Landesverräterin. Hier spricht man nicht über sie.« Lov i sas Stimme wurde noch leiser. »Wahnsinnig ist Maria Eleonora. Sie hat sich in Gustav Adolf verbissen wie ein tollwütiger Hund und ihm das Herz aus der Brust geri s sen. Und das meine ich wörtlich.«
Elin schauderte. Die anatomischen Lehrtafeln mit den hautlosen Menschen kamen ihr in den Sinn. Sie wagte nicht weiterzufragen, aber ein mulmiges Gefühl blieb. Und zu dem Gespenst der weißblonden Frau gesellte sich in den folgenden Nächten ein Nachtmahr, der ein blu t triefendes Herz in den Händen hielt.
Das Kleid, das Elin bei der nächsten Sitzung trug, war tief dekolletiert. Weiße Spitze bedeckte züchtig ihre Schultern. Ebbas Silberkreuz hing um ihren Hals. Aus den Augenwinkeln schielte Elin zu der Palette, auf der der Maler mit flinken Bewegungen eine Farbe anmischte.
»Berggrönt – Berggrün, so wie die Farbe Ihres Kle i des«, erklärte er, als er ihre Neugier bemerkte. »Es wird aus zerstoßenem Malachit gewonnen. Und für den Hi m mel im Hintergrund verwende ich Kopparblätt, das ist Azuritblau.«
»Wozu brauchen Sie so viel Schwarz?«, fragte sie g e presst. Es war anstrengend, in dieser starren Pose mit dem unnatürlich gestreckten Hals zu sprechen.
»Elfenbeinschwarz«, sagte Beck geheimnisvoll.
»Müsste es nicht › Elfenbeinweiß ‹ heißen?«
»Das ist das Wundervolle an der Kunst. Hier wird Schwarz manchmal Weiß und Weiß Schwarz. Dieses hier wird aus dem Elfenbein von Pottwalzähnen hergestellt. Dafür zerreibt man es zu Pulver und brennt es in eisernen Töpfen. Das Schwarz, das dabei entsteht, bekommt in Kombination mit Bleiweiß einen wunderbaren Blaustich, ideal für Schatten und die Vorhänge, die ich am Bildrand malen werde.« Konzentriert tupfte David Beck den Pi n sel in das zarte Grün und machte sich ans Werk. Maler und Modell waren so vertieft in ihre Arbeit, dass sie das Klopfen an der Tür gar nicht bemerkten. Erst als sie kl i ckende Krallen auf dem Holzboden hörte, wurde Elin aufmerksam.
»Um Himmels willen«, murmelte Lovisa.
In der Tür stand Hampus. Um seine Hand gewickelt war eine lederne Leine, an der einer der Jagdhunde der Königin zerrte.
»Sie gestatten, Frau Lovisa. Es war Elins Wunsch, e i nen Jagdhund für das Porträt zu bekommen. Dieser hier ist der sanfteste und der geduldigste.«
Lovisa musterte Hampus von oben bis unten, dann gab sie ihren Widerstand erstaunlich schnell auf.
»Also gut.«
Hampus strahlte über das ganze Gesicht und wagte erst jetzt, sich Elin zuzuwenden. Bei ihrem Anblick en t glitt ihm das höfliche Lächeln.
»Nicht lachen, Fräulein Elin«, beschwerte sich Herr Beck. »Lieblich und würdevoll! Würdevoll!«
Mühsam zog Elin die Mundwinkel nach unten und zwinkerte Hampus zu. Endlich fing er sich, schloss den Mund wieder und lächelte zurück.
»Na los«, befahl Lovisa. »Bringen Sie das Vieh zum Fräulein. Wenigstens ist der Hund von guter Rasse.«
Der Student schluckte und führte den Hund zu Elin. Sie fühlte seine Hand, die seltsamerweise ein wenig zi t terte, und nahm die lederne Leine entgegen. Hampus b e fahl dem Hund, Platz zu nehmen, dann entfernte er sich rasch wieder in Richtung Tür.
»Bitte, Lovisa«, sagte Elin leise. »Lass Herrn Hampus eine Weile zusehen, wenn er möchte. Er studiert doch die Anatomie und den Sitz der Muskeln am menschlichen Körper. Als Studie ist ein solches Gemälde sicher int e ressant für ihn. Dabei kann er noch etwas lernen.«
»Das glaube ich gerne«, antwortete Lovisa sarkastisch. Elin unterdrückte ein weiteres Lächeln und
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