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Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: balzon
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konzentrierte sich wieder darauf, eine Statue zu sein.

 
    Das rosenfarbene Land
     
     
     
    M,, jedem Schiff, das im Sommer am Hafen anlegte, schwappte eine neue Welle französischer Gäste ins Schloss. In Paris erhob sich das Volk gegen Kardinal Mazarin. Viele Freigeister, die sich an dem Aufstand, der sich bald »Fronde« nannte, beteiligten, hielten es für be s ser, sich den Auseinandersetzungen zu entziehen und ins Ausland zu reisen. Zu Axel Oxenstiernas Unmut wurde Kristina nicht müde, Scharen von ausländischen Wisse n schaftlern an ihren Hof zu laden und ihr neues Hoftheater mit Schauspielern, Tänzern und Musikern zu bestücken, so wie sie die Räume mit neuen Ebenholzsekretären, Kandelabern und Statuen ausstattete. Freinsheim hatte alle Hände voll mit den Gelehrten zu tun, die mit Gerä t schaften, astronomischen Instrumenten und Kisten voller Schriften und Bücher anreisten. Tervué brachte zwanzig Ledertruhen mit und bezog als Gelehrter für Mathematik und Religionsphilosophie einen eigenen Raum.
    Längst hatte sich das Schloss verändert: Es glänzte nicht mehr in der steifen Pracht des schwedischen Hofz e remoniells, sondern hatte das verspielte Flair europä i scher Lebensart angenommen. Die altmodischen Sparre n decken wichen prächtigen Stuckarbeiten. Anstelle der T a pisserien ließ Kristina dunkelrot gefärbte Ledertapeten mit aufgemalten goldenen Ornamenten an die Wände nageln. Säulen und zierl i che Figurinen schmückten die Räume.
    Währenddessen ging der Krieg weiter. Frankreich kämpfte als Bündnispartner an Schwedens Seite. Nach jedem Gefecht musste wieder neu verhandelt und um Städte und Provinzen gefeilscht werden. Aber immerhin schickte Adler Salvius verschlüsselte Briefe mit guten Nachrichten aus Osnabrück.
    Die einzigen Nachrichten, die Elin erhielt, waren d a gegen zwei weitere entmutigende Briefe aus Deutsc h land, die besagten, dass ihre Mutter so unauffindbar war, als hätte es sie nie gegeben. Kristina machte keinen Hehl daraus, dass sie eine weitere Suche für zwecklos hielt. Über dem Kamin in Elins Gemach wurde das Porträt aufgehängt, das David Beck vor kurzem vollendet hatte. Eine stolze, ernste Frau blickte Elin entgegen, mit Augen so grün wie helles Flusswasser und Haaren wie Silber. Ihre Hand ruhte auf dem Kopf des Jagdhundes. Aber wer diese junge Hofdame wirklich war, woher sie stammte und welche Geschichte sich mit ihrer Existenz verband, erfuhr Elin nicht. Dennoch war sie immer noch fest en t schlossen, nicht aufzugeben. Wieder und wieder ging sie ihre Aufzeichnungen durch und suchte nach Möglichke i ten, neue Informationen zu erhalten. Ein großer Trost in dieser Zeit waren ihre Studien. Wort für Wort betrat sie neue Räume mit immer neuen Türen, die sie in immer neue Zimmer des Wissens führten. Wenn sie die Med i zinbücher aufschlug oder sich mit mathematischen Fo r meln beschäftigte, hatte sie das Gefühl, die Welt greifen zu können. Hampus war eine große Hilfe, auch wenn über ihre Vertrautheit getuschelt wurde und sogar Helga Bemerkungen darüber machte.
    Als Elin eines Tages von einem Ausritt mit Hampus und Lars zurückkam und mit Pferdehaaren am Rock zu ihrem Gemach ging, hörte sie im Kabinett Axel Oxe n stiernas Stimme.
    »Ich rate Ihnen ab, Majestät«, sagte er. »Sie hat Hoc h verrat an Schweden begangen.«
    Wie immer sprach der Kanzler ruhig und sehr b e herrscht, aber am Tonfall von Kristinas Antwort erkannte Elin nur zu gut, dass Kanzler und Königin wieder einmal stritten. Elin eilte weiter zu ihrem Gemach und wurde kurz vor der Tür von einer aufgeregten Ebba eingeholt.
    »Hast du es schon gehört?«, sagte sie. »Die Königi n mutter kehrt aus ihrem Exil nach Schweden zurück. Kri s tina wird ihr mit dem Schiff entgegenfahren.«
    »Nimmt sie uns mit?«
    Fräulein Ebba schüttelte den Kopf. »Nein, sie hat au s drücklich befohlen, dass nur Lovisa und ihr Kammerdi e ner sie begleiten sollen.«
    »Lovisa hat erzählt, dass die Königinmutter ihrem Gemahl das Herz …«
    Ebba verschränkte die Arme, als würde sie frösteln.
    »Oh ja«, sagte sie leise. »Das hat sie. Aber sie ist eine im Geiste kranke Frau und verdient unser Mitleid. Frag nicht weiter, hörst du ? Und jetzt geh zu Lovisa und ric h te ihr aus, dass sie Vorräte einpacken lassen soll.«
    Trotz der Sommersonne fror Elin, als sie rasch über den Burghof zu Lovisas Gemächern lief. Sie hatte nicht erwartet, dass Lovisa von der Nachricht begeistert sein würde, aber die

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