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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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Schlitten
fortgeschafft. Die Spuren der Kufen waren noch nicht einmal zugeweht. Wahrscheinlich befindet sich ihr Dorf keine zwei Stunden von hier.«
    »Wir könnten es vor Einbruch der Dunkelheit erreichen? – Führ uns hin!«
    Morgwen starrte Jornas an, als sei ihm plötzlich ein drittes Horn gewachsen. Die Art, wie er die Hände hob, ließ Cassim hastig zwischen die beiden treten.
    »Es ist nur noch ein paar Stunden hell. Was ist, wenn du das arme Tier in dieser Zeit nicht findest? Vielleicht wäre es tatsächlich klüger, erst einmal in das Dorf zu gehen. Du könntest morgen in aller Frühe aufbrechen. Und möglicherweise würden dir die Dorfbewohner bei der Suche helfen«, versuchte sie, ihn zu beschwichtigen.
    Seine Augen irrten zu ihr. In ihren Tiefen brannte kaltes Feuer. Er blinzelte langsam, einmal, zweimal. Abrupt wandte er sich ab. »Da lang.« Ohne einen Blick zurückzuwerfen, ging er durch den Schnee davon. Cassim und Jornas hatten Mühe, mit seinen langen Schritten mitzuhalten.
    Sie fanden die Schlittenspuren kurze Zeit später in einer Schneise. Mehrere Stiefel hatten das Weiß festgetreten. Rinde und Aststückchen verrieten, was die Männer hier getan hatten.
    »Das Dorf liegt in dieser Richtung.« Morgwen war am Rand des Weges stehen geblieben. Seine Hand wies nach links. »Ich treffe euch dort.«
    Alarmiert drehte Cassim sich zu ihm um. »Was hast du vor?«
    »Ich suche das Geschöpf, das nicht so viel Glück hatte wie du.« Er wandte sich ab und stapfte zwischen den Bäumen davon.
    »Morgwen …« Jornas’ Hand hinderte sie daran, ihm nachzulaufen.
    »Lasst ihn gehen, Cassim. Er hat gar keine andere Wahl, als uns zu folgen.«

    Brüsk schüttelte sie seinen Griff ab. »Und was ist, wenn dieses Tier ihn angreift? Er ist verletzt. Er könnte ja kaum seinen Dolch halten. Ich muss …«
    Er vertrat ihr den Weg. »Ich werde nicht zulassen, dass Ihr Euer Leben wegen irgendeinem dahergelaufenen, unverschämten Kerl riskiert. – Habt Ihr schon vergessen, was Ihr tun wollt? Wie wichtig Ihr seid?«
    »Lasst mich …« Ein kalter Wind fegte die Schneise herauf und verwehte die Furchen, die die Schlittenkufen im Schnee hinterlassen hatten.
    Behutsam packte der Faun sie bei den Schultern. »Wenn er bis morgen früh nicht wieder aufgetaucht ist, werde ich selbst alles in meiner Macht Stehende tun, um ihn zu finden. Ich verspreche es Euch, Cassim.«
    Sie blickte dorthin, wo Morgwen zwischen den Bäumen verschwunden war. Selbst wenn sie versuchen würde, ihm zu folgen, was sollte sie tun, wenn Wind und Schnee auch seine Spuren zugedeckt hatten? Schließlich nickte sie ergeben und ließ zu, dass Jornas ihre Hand nahm und sie die Schneise entlang mit sich zog.
    Der Wald lichtete sich zusehends, je weiter sie den Schlittenspuren folgten. Als sie schließlich die letzten Bäume erreichten, öffnete sich vor ihnen ein schmales Tal, in dem sich kaum mehr als ein Dutzend Häuser zusammendrängten. Rauch kräuselte sich aus den Schornsteinen und verschwand vor dem grauen Abendhimmel. In sanften Windungen führte ein tief eingetretener Pfad einen flachen Hang hinab und an einem kleinen See vorbei, in dessen Eisdecke wohl anderthalb Schritt große Löcher gehauen waren. Ein paar Burschen packten dort gerade ihre Angelruten und Fischkörbe zusammen. In einem Pferch in der Nähe der Häuser bewegten sich zottelige Schafe, die eigentlich nur aus Wolle zu bestehen schienen. Ihr Blöken hallte bis zu ihnen. Irgendwo bellte ein Hund.
    »Heute Nacht werden wir unter einem richtigen Dach schlafen.
« Jornas schenkte ihr ein strahlendes Lächeln und zog sie den Pfad hinunter.
    Als sie den See erreichten, unterbrachen die Jungen ihr Treiben und sahen zu ihnen her. Einer überließ Angel und Korb einem Kameraden und rannte quer über das Eis auf die Häuser zu. Die anderen beobachteten sie aus sicherer Entfernung mit unverhohlenem Misstrauen.
    Ein Gatterzaun, der früher wohl den Rand des ersten Gehöfts markiert hatte, war beinah gänzlich in einer Schneewehe versunken. Nur seine vereisten Spitzen ragten noch über das Weiß hinaus. Der Pfad war hier, so nahe bei den Häusern, zu einer Mischung aus Schnee und gefrorenem Dreck geworden, den Stiefel, Hufe und Kufen zu einer glatten Oberfläche geschliffen hatten. Eiszapfen glitzerten im violetten Abendlicht von Dachbalken und Vorsprüngen.
    Ein Mann trat ihnen entgegen. So wie er die Mistgabel in seinen Händen hielt, trug er sich wohl mit dem Gedanken, sie, wenn nötig, auch als

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