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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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Ärger in seinem Gesicht wich schlagartig Begreifen. Schweigend sah er sie an. Wie schon einmal war da etwas in den Tiefen seiner Augen, das Cassim nicht deuten konnte. Dann ein Lidschlag, und es war verschwunden.
    »Hier!« Zu ihrer Verblüffung drückte er ihr seinen Umhang in den Arm. »Ich schenke ihn dir.«
    »Aber …« Sie war viel zu überrascht, um zu verhindern, dass er ihr den Wollmantel aus den Händen nahm.

    »Nein! Für mich ist der hier warm genug.« Mit einer eleganten Bewegung warf er sich das dunkle Tuch über die Schultern und schloss die Fibel.
    »Aber …«
    Seine Fingerspitzen senkten sich auf ihre Lippen. »Nein! – Und dabei bleibt es!«, bestimmte er erstaunlich sanft und legte ihr das mit weichem Fell gefütterte Leder um. Dann trat er zurück und öffnete die Tür. »Wir sollten gehen, wenn wir nicht riskieren wollen, wie tolle Hunde davongejagt zu werden.«
    »Wie sollen wir von hier fortkommen, ohne dass die Wölfe uns …« Sie biss sich auf die Lippe, während sie an ihm vorbeischlüpfte. Zum ersten Mal sah sie den engen Flur und die steile Stiege, die in die Stube hinunterführte. In den zwei Tagen, die sie wach war, hatte sie ihr Zimmer gar nicht und das Bett immer nur für kurze Zeit und unter Maíres wachsamem Blick verlassen. Von unten drang Jornas’ Stimme zu ihr herauf. Sie drehte sich halb zu Morgwen um, der die Hand um ihren Ellbogen geschlossen hatte, als wisse er ganz genau, wie wenig ihre Beine ihr noch immer gehorchen wollten.
    »Eine Stunde von hier führt eine alte Brücke über eine Schlucht. Wir müssen schnell sein, aber wenn wir sie erreichen, haben wir eine gute Chance, die Wölfe für den Augenblick abzuhängen.«
    »Aber werden sie uns nicht über die Brücke folgen?«
    Um Morgwens Mund zuckte es. »Nicht wenn es diese Brücke nicht mehr gibt. – Komm! – Schaffst du die Treppe alleine?«
    Sie nickte störrisch und machte sich an den Abstieg. Die Stufen knarzten unüberhörbar unter ihren Füßen.
    »… mitten am Tag. Die Wölfe werden Eurer Fährte erst folgen, wenn es dunkel wird«, drang die Stimme eines Mannes zu ihnen herauf.
    »Wenn es gewöhnliche Wölfe wären, würde ich Euch zustimmen, aber es sind Firnwölfe …«
    Ein anderer Mann schnitt Jornas das Wort ab. »Das ist Euer
Problem. – Und Ihr werdet jetzt gehen. Bevor es auch unseres wird.«
    »Habt doch wenigstens Mitleid mit meinem Mündel. Das arme Ding ist in Eurem See fast ertrunken. Sie ist noch zu schwach …« Er verstummte, als sie das Ende der Treppe erreichten, und drehte sich um.
    Außer Jornas befanden sich noch vier weitere Männer im Raum. Einer von ihnen musste Labras sein, Maíres Mann, denn seine Frau stand neben ihm an die Wand gelehnt und sah ihnen entgegen. Ihre Augen weiteten sich, als sie Cassim in Morgwens Umhang erblickte und ihn in dem von ihr genähten Wollmantel, doch dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht und sie nickte ihnen zu.
    Die Blicke, mit denen die Männer sie bedachten, waren weit weniger freundlich. Einer wies auf Morgwen. »Wenn man Maíre glaubt, ist Euer Diener ein recht guter Schütze mit der Armbrust. Er wird Euch die Wölfe schon vom Hals halten können.«
    Diener? Feuer und Erde, hat er Morgwen tatsächlich als seinen Diener ausgegeben?
    Sie blickte rasch über die Schulter, während Jornas auf sie zukam. Morgwens Miene war nicht zu deuten.
    »Wie geht es Euch, Cassim?« Der Faun ergriff ihre Hände, zog sie mit einem Ruck weiter in den Raum hinein. Der Boden unter ihren Füßen quittierte die abrupte Bewegung mit einem Buckeln. Sie klammerte sich an seine Hand.
    »Seht Ihr, das arme Geschöpf ist so schwach, dass es sich kaum auf den Beinen halten kann«, ereiferte er sich, an die Männer gewandt. Plötzlich hatte Cassim das verrückte Gefühl, vorgeführt zu werden. Warum zwingt er diese Leute nicht mit seiner Magie zu tun, was er will, so wie er es bei Morgwen getan hat?
    Sie runzelte die Stirn, sah Jornas an, musterte die Männer. Und dann war da mit einem Mal ein ganz anderer Gedanke. Hat Maíre nicht gesagt, Jornas könnte es kaum erwarten, dass wir
wieder aufbrechen? Sie schüttelte über sich selbst den Kopf. Warum sollte er es zuerst nicht abwarten können, von hier fortzukommen, und dann doch unbedingt bleiben wollen?
    »Sie wird es schon schaffen«, murrte einer der Männer.
    »Wir vergeuden Zeit!« Morgwen war bei der Treppe stehengeblieben. Die Arme vor der Brust verschränkt, betrachtete er die Anwesenden mit kalten Augen. Jetzt trat

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