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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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Ecken und Ritzen gesammelt, türmte sich an Hauswänden. Ornamente aus Reifsternen zierten kalte Mauern.
    Auch außerhalb der Stadt war der Boden der Insel mit jener klaren Eisschicht bedeckt. Wie zum Hohn konnte man das Grün des erstarrten Grases darunter sehen, zusammen mit der bunten Farbenpracht der verschiedensten Blüten, die sich offenbar gerade in der ersten Wärme des Frühlings geöffnet hatten. Zuweilen saßen Schmetterlinge noch immer mit ausgebreiteten Flügeln auf diesen Blüten oder eine Maus war auf der Flucht vor der Kälte in ihr gefangen. Vögel waren auf eisüberzogenen Bäumen ebenso eingeschlossen worden wie Eichhörnchen und Käfer.
    Dann passierten sie die Stadtmauern Jaraiths und fanden sich in Straßen wieder, auf denen ihre Bewohner ihrem Tagwerk nachgingen wie an jedem Ort.
    An der Ecke eines Platzes saß ein Kornwechsler zwischen zwei Feuerschalen, einen kostbaren Pelz um die Schultern, und tauschte Gold- und Silberstücke gegen Korn, das er sorgsam abwog. Zwei Schritte weiter verkaufte eine rundliche Matrone Pasteten, während sie sich lautstark mit einer Nachbarin unterhielt, die Tuch feilbot. Kinder ließen auf der glatten Straße Reifen tanzen und jagten einander zwischen den Fuhrwerken hindurch.
    Ein hochgewachsener Mann mit fahlem, fast elfenbeinfarbenem Haar, über dessen scharf gebogenen Nasenrücken eine Narbe lief, rempelte Cassim an. Seine hellen goldenen Augen
strichen kurz über sie, wanderten weiter zu Morgwen, ehe er sich abwandte und auf den Laden eines Kürschners zuhielt, in dem er zusammen mit zwei anderen, ebenfalls fast weißhaarigen Männern verschwand. Ein zottiger brauner Hund zog einen flachen Karren zusammen mit seinem Herrn die sacht ansteigende Straße hinauf und bog dann in eine kleine Seitengasse ein. Ein paar Frauen, die mit schweren Körben in den Armen beisammenstanden, starrten zu ihnen her. Ihre Blicke hingen an Cassims rotem Haar, zuckten aber immer wieder zu Morgwen hin. Sie mochte sich täuschen, doch es schien, als lägen Verachtung und Abscheu darin – und Angst.
    Jornas war bei der Pastetenhändlerin stehen geblieben, um nach einer Herberge zu fragen, während Morgwen und Cassim neben einer eisüberzogenen Mauer warteten. Nun kam er zu ihnen zurück und wies die Straße hinunter.
    »Ein paar hundert Schritt dort entlang soll es eine Schenke geben, die Zum schwarzen Jern heißt. Sie hätte unter dem Dach ein paar Zimmer und auch das Essen wäre ganz passabel. Außerdem soll sie nicht zu teuer sein.«
    Morgwen zog Maíres Beutel höher auf die Schulter und nickte. »Sehen wir uns das Jern an. Irgendwo müssen wir ja bleiben.« Er ließ Jornas und Cassim vorausgehen und folgte ihnen dann die Straße hinunter.
    Das Gasthaus Zum schwarzen Jern lag weiter von den Toren entfernt, als sie erwartet hatten, in einer engen Seitengasse. Jornas hatte tatsächlich noch dreimal nach dem Weg fragen müssen. Zwei flache, hoch beladene Schlittenkarren nahmen beinah den gesamten Hof ein. Steif gefrorenes Leder war über Säcke und Fässer gespannt und verbarg die Schätze, die sich in ihnen befinden mochten. Stimmen und immer wieder ein Scharren verrieten, dass der Besitzer und seine Helfer dabei waren, zumindest einen Teil der Waren abzuladen.
    Sie passierten gerade das vordere der beiden Fuhrwerke, als etwas mit lautem Krachen keinen Schritt neben ihnen auf den
vereisten Hofsteinen landete. Erschrocken starrte Cassim auf eiserne Gitterstäbe, bis sie begriff, was sie da vor sich hatte: einen Käfig. Zwei kräftig gebaute Männer drängten sich unter Fluchen an ihnen vorbei, um das Gebilde wieder auf den Karren zu wuchten, doch Cassim schenkte ihnen keine Beachtung. Ihr Blick hing an Morgwen, der das Eisending zu seinen Füßen mit einem Ausdruck anstarrte, in dem Zorn, Abscheu und etwas, was sie nicht deuten konnte, sich abwechselten.
    Als einer der Männer ihn versehentlich anstieß, wankte er zurück und schien von einem Lidschlag auf den anderen in die Wirklichkeit zurückzufinden. Seine Augen huschten über die Kerle, fanden Cassims. Sie wich ihnen unbehaglich aus, ohne sicher zu wissen, warum.
    Auch eine Frau war herangekommen. Klackend schlugen die glitzernden bunten Perlen zusammen, die in die unzähligen Zöpfe hineingeflochten waren, zu denen sie ihr helles Haar zusammengebunden trug. Über ihre Brauen waren leuchtend blaue Bögen tätowiert, zwischen denen eine tiefrote Linie abwärtsführte und sich über die Hälfte des Nasenrückens zog, ehe sie sich

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