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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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Scharren von Holz verriet, dass er hier wohl auf eine ganz ähnliche Weise die Läden verrammelte. Morgwen stand auf und ging zu einem der Fenster, die auf die Gasse hinauswiesen. Verwundert hob er die Brauen.
    Cassim trat neben ihn. Dort draußen hasteten Männer und Frauen durch die Straßen, Kinder wurden in Häuser gezerrt, Fensterläden und Türen hastig geschlossen und gesichert. Sie wichen beide zurück, als dunkles Holz ihnen die Sicht nahm, dann rastete hörbar ein Riegel ein. Wenig später verkündete ein dumpfes Knarren, gefolgt von einem Schlag und erneutem Scharren und Schaben, dass das Tor des Hofes geschlossen und eine weitere Tür verrammelt waren. Dann zeigten eilige Schritte die Rückkehr des Wirtes an.
    Morgwens »Was geht hier vor?« ließ ihn abrupt stehenbleiben.
    »Nichts, nichts. Es ist nur …« Er verstummte. Seine Hände fingerten an der Schürze.
    »Was?« Selbst Cassim zuckte bei Morgwens Ton zusammen. Der Wirt krümmte sich beinah darunter.
    »Nun, es ist … Es ist besser, wenn man nachts nicht in den Straßen von Jarlaith unterwegs ist.«
    »Nachts?« Morgwen blickte den Mann verblüfft an. »Wahrscheinlich ist die Sonne gerade erst zwei Stunden hinter dem Horizont verschwunden, und du sprichst von ›nachts‹? – Rede, Mann, die Leute da draußen benehmen sich, als würden sie damit rechnen, dass … dass ein feindliches Heer über die Stadt herfällt, aber nicht, als würden sie ihre Läden und Türen nur für die Nacht verschließen.«
    Der Wirt leckte sich die Lippen, blickte von einem zum anderen. »Es ist nun einmal klüger, wenn man sich nachts nicht auf den Straßen herumtreibt. – Besser, Ihr beherzigt diesen Rat, Fremde.«

    »Warum?« Die Art, wie Morgwen den Mann ansah, ließ diesen zurückweichen.
    Unsicher huschten die Augen des Wirtes durch die Stube, doch dann schüttelte er den Kopf. »Wenn Ihr fertig seid, lasst einfach alles stehen. Ich räume es morgen früh ab. Euch eine Gute Nacht! Schlaft wohl.« Er machte auf dem Absatz kehrt und hastete die Treppe hinauf.
    Versonnen blickte Morgwen zur Tür. Cassim glaubte zu wissen, was in seinem Kopf vorging. Sie stellte sich vor ihn. »Du wirst nicht hinausgehen!«
    Er bedachte sie mit einem belustigten Blick. Dann zuckte ein Grinsen über seine Lippen. »Nein, ich werde nicht hinausgehen, Flammenkatze.« Erleichtert stieß Cassim die Luft aus. Sein Grinsen vertiefte sich. »Zumindest nicht heute Nacht.« Nachlässig kehrte er auf seinen Platz zurück und tat sich noch einmal Lammfleisch auf. Cassim biss die Zähne zusammen und setzte sich ebenfalls wieder an den Tisch. In dieser Sache war das letzte Wort noch nicht gesprochen.
    Sie beendeten ihr Mahl in angespanntem Schweigen, lauschten auf Geräusche, die von draußen hereindringen mochten. Doch es war so still, dass man hätte meinen können, Jarlaith hätte sich in eine tote Stadt verwandelt.
    Als sie schließlich in ihr Zimmer zurückkehrten, erwarteten sie Dunkelheit und Jornas’ Gurgeln, mit dem er im Schlaf an irgendwelchen Balken sägte. Wie stets ruhte sein Kopf auf seinem Beutel, und wieder fragte Cassim sich, was sich wohl in dem seltsamen Kästchen des Fauns befinden mochte. Andererseits: Es ging sie nichts an, was Jornas bei sich trug. Wahrscheinlich waren es nur irgendwelche Erinnerungsstücke. Allerdings hätte er sie nicht so anschnauzen müssen.
    Sie schlüpfte an ihrem »Vorhang« vorbei und ließ sich auf ihr Fellbett sinken. Müde rieb sie sich übers Gesicht, dann zog sie die Stiefel aus, kauerte sich unter ihre Decken und war einen Augenblick später bereits eingeschlafen.

    Lärmen und Poltern schreckten sie irgendwann auf. Sie versuchte noch zu begreifen, wo sie war, als eine Tür mit Wucht gegen eine Mauer donnerte – die Tür ihres Zimmers – und mehrere Männer hereinstürmten. Der Vorhang wurde beiseitegerissen. Vom Gang fiel blakender Fackelschein herein. Ein Schatten beugte sich über Cassim, packte sie bei den Haaren, zog sie halb in die Höhe, grunzte und stieß sie auf ihre Felle zurück. Sie hörte Jornas schreien und zetern, sah, wie zwei der Fremden auch ihn auf sein Lager zurückschubsten, während andere einen sich wild wehrenden Morgwen von seinem Bett emporzerrten. Das Klatschen von Fäusten auf Fleisch erklang, Bank und Tisch gingen krachend zu Bruch. Beißende Kälte überzog alles mit Reif. Ein gefährliches Knurren war zwischen Keuchen und Fluchen zu hören, ein Mann sackte gegen die Wand, zwei andere hatten Morgwen

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