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Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
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eine der Diamantschnüre,
ohne zu bemerken, dass sie damit die kunstvolle Arbeit der Dienerin in Gefahr brachte, und verließ den Saal durch die gleiche Tür, durch die auch Morgwen geschritten war.
    Draußen empfing sie das bläuliche Schimmern des Eises, das Jarlaith auch in den Nächten in sanftes Licht tauchte. Eine mit goldglänzenden Steinplatten belegte Terrasse lief an dieser Seite des Palastes entlang. Flache, ausladende Stufen führten in regelmäßigen Abständen in den Garten selbst hinunter. Cassim trat an die frostglitzernde Brüstung und versuchte, zwischen den eisüberzogenen Büschen, Hecken und Skulpturen mehr zu erkennen als Schatten.
    Aus den Gassen Jarlaiths klang das Gelächter der Bürger bis zu ihr herauf.
    Darum bemüht, Abbitte für seine Taten zu leisten, hatte Kaylen die ganze Stadt zu diesem Fest eingeladen. Weißes Brot war gebacken worden, er hatte Ochsen, Schweine, Schafe und unzählige Hühner schlachten und über großen Feuern braten lassen. Ganze Wagenladungen Wein und Bier waren verteilt worden. Sie blickte zu den hohen, von warmem Licht erleuchteten Fenstern des Palastes hin. Vor drei Tagen war Kaylen vor die Bewohner seiner Stadt getreten und hatte die verblüfften Männer und Frauen auf den Knien um Vergebung gebeten. Er hatte gelobt, all jenen, denen er Schaden zugefügt hatte oder die durch ihn einen ihrer Lieben verloren hatten, Wiedergutmachung zu leisten. Einen Turnus lang sollten die Steuern für jeden Bürger Jarlaiths halbiert werden, den Betroffenen wurden sie für die Dauer von fünfen vollständig erlassen. Cassim hätte nicht sagen können, was die Menschen mehr verblüffte: die plötzliche Veränderung ihres grausamen Herrschers zurück zu dem Prinzen, den sie früher verehrt hatten, oder der Umstand, dass seine Gemahlin Gerdan die ganze Zeit über an seiner Seite gestanden hatte, ihm vom Boden aufgeholfen und ihn vor aller Augen auf den Mund geküsst hatte, kaum dass er geendet hatte.

    Cassim wandte sich wieder dem dunklen Garten zu. Kälte hatte sich auf ihre bloßen Schultern gelegt und ließ sie frösteln. Hatte sich da nicht eben etwas am Ende des Heckengartens bei dem kleinen Hain bewegt? Entschlossen stieß sie sich von der Brüstung ab, stieg die Stufen hinunter und folgte dem aus hellen Platten gelegten Pfad, der sich in sanften Windungen an Hecken und Büschen vorbeischlängelte. Das Eis biss durch die dünne Seide ihrer bestickten Schuhe und kroch ihre Beine empor. Sie raffte ihr Kleid, damit sie schneller gehen konnte, und strebte zur anderen Seite des Gartens; dorthin, wo sie glaubte, einen schlanken Schatten gesehen zu haben.
    Am Ende des Weges erwartete sie eine Gruppe hoher, frostglitzernder Lilienzedern, unter deren ausladenden Ästen tiefe Dunkelheit herrschte. Das gefrorene Gras knirschte unter Cassims Füßen, als sie von den Steinplatten trat und die länglichen Blätter beiseitehob, die wie ein natürlicher Vorhang fast bis auf den Boden fielen und die kleine Grotte, um die die Bäume sich scharten, beinah vollständig verdeckten. In dem künstlich geschaffenen Felsbogen erhob sich die muskulöse Gestalt eines stierköpfigen Kriegers, der mit einem Dreizack eine Kreatur erlegte, von der nicht mehr zu erkennen war als ein langer schuppiger Fischschwanz. Er war auf der Oberseite mit einer Reihe gefährlich aussehender Dornen bewehrt und wand sich aus einem steinernen Becken heraus um den Schaft der Waffe. Ein paar Blüten hatten sich von den eisüberzogenen Ästen der Lilienzedern gelöst. Die seidig schimmernden gelben Kelche mit dem violetten Inneren waren auf der spiegelnden Oberfläche eingefroren. Beim Anblick der mächtigen Gestalt musste Cassim unwillkürlich an jenen anderen Krieger mit dem Kopf eines Stieres denken, den sie im Palast der Eiskönigin gesehen hatte. Ob er noch am Leben war? Sie wagte nicht, darauf zu hoffen.
    »Bist du allein oder kommt noch einer deiner Verehrer?«
    Mit einem erschrockenen Schrei fuhr Cassim herum. Morgwen
erhob sich gerade von den Trümmern einer alten Steinbank, auf denen er offenbar still in der Dunkelheit gesessen hatte.
    »Komm tanzen!« Ohne auf seine mürrischen Worte einzugehen, packte sie ihn bei der Hand und wollte ihn auf den Weg ziehen.
    Er stand unbeweglich wie der steinerne Krieger. »Nein!«
    »Warum nicht? Komm schon!« Cassim zog mit ein bisschen mehr Kraft. Ebenso gut hätte sie versuchen können, einen Felsen vorwärtszuzerren. Unwillig schüttelte er ihren Griff ab und verschränkte

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