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Der Spieler

Der Spieler

Titel: Der Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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ganz anders … oh, hol sie der Teufel!«
    Und er ließ sich wieder auf den Diwan fallen, um eine Minute darauf, unter lautem Schluchzen, atemlos, mir wieder zu erzählen, daß Mademoiselle Blanche ihn nur deshalb nicht heiraten wolle, weil statt einer Depesche Babuschka in Person eingetroffen und es jetzt klar sei, daß er nichts mehr erben werde. Er glaubte, daß ich noch nichts davon wüßte. Ich erwähnte auch des Grieux; er winkte nur ab: »Verreist! Mein ganzes Hab und Gut ist ihm verpfändet; ich bin bettelarm! Das Geld, das Sie für mich geholt haben, dieses Geld – ich weiß nicht, wieviel davon noch da ist … siebenhundert Francs vielleicht, und dann ist Schluß, dann ist alles aus, und weiter – weiter weiß ich nicht, weiß ich nicht! …«
    »Aber wie wollen Sie die Hotelrechnung bezahlen?« rief ich erschrocken, »und … wie soll es weitergehen?«
    Er sah mich nachdenklich an, schien aber nicht zu verstehen und nicht einmal zu hören. Ich versuchte ihn an Polina Alexandrowna und an die Kinder zu erinnern; er antwortete flüchtig: »Jawohl! Jawohl!«, um im gleichen Atemzug wieder von dem Fürsten zu sprechen, von Mademoiselle Blanche, die nun mit ihm verreisen würde, und dann … und dann … »Was soll ich dann tun, Alexej Iwanowitsch?« Plötzlich sprach er mich an: »Bei Gott! Was soll ich tun, sagen Sie doch, das ist doch undankbar! Ist das nicht undankbar?«
    Schließlich brach er in bittere Tränen aus.
    Diesem Mann war nicht mehr zu helfen, aber ihn allein zu lassen war auch nicht ungefährlich; er könnte sich durchaus etwas antun. Dennoch verabschiedete ich mich, bat allerdings die Kinderfrau, möglichst oft nach ihm zu sehen, und verständigte außerdem den Etagendiener, einen sehr anstelligen Burschen, der mir gleichfalls versprach, sich seinerseits um den General zu kümmern.
    Ich hatte mich gerade von dem General verabschiedet, als Potapytsch bei mir mit einer Botschaft von der Babuschka erschien. Es war acht Uhr, und sie war soeben aus dem Casino zurückgekommen, nachdem sie endgültig verloren hatte. Ich begab mich unverzüglich zu ihr; die alte Dame saß in ihrem Rollstuhl, völlig erschöpft und sichtlich unwohl. Marfa hatte ihr gerade eine Tasse Tee gereicht und mußte sie beinahe zwingen zu trinken. Stimme und Tonfall Babuschkas waren deutlich verändert.
    »Seien Sie gegrüßt, lieber Alexej Iwanowitsch«, sagte sie und neigte langsam und würdevoll den Kopf. »Entschuldigen Sie, daß ich Sie noch einmal belästige, haben Sie Nachsicht mit einer alten Frau. Ich, mein Guter, habe alles dort gelassen, an die hunderttausend Rubel. Recht hattest du, daß du gestern nicht mitgegangen bist. Jetzt habe ich kein Geld mehr, keine Kopeke in der Tasche. Ich werde nicht eine Minute zögern und reise um halb zehn. Ich habe nach deinem Engländer, nach diesem Astley geschickt und will ihn um dreitausend Francs auf eine Woche bitten. Du mußt es ihm vielleicht klarmachen, daß er nicht auf irgendwelche Gedanken kommt und es mir abschlägt. Ich bin, mein Guter, immer noch ziemlich wohlhabend, drei Güter und zwei Häuser sind mein. Und Geld wird sich auch noch finden, ich habe nicht alles mitgebracht. Ich sage es, damit er keinerlei Bedenken haben muß … Aha, da kommt er ja! Der gute Mensch gibt sich gleich zu erkennen.«
    Mister Astley war auf das erste Zeichen der Großmutter unverzüglich herbeigeeilt. Ohne das leiseste Bedenken, wortlos, zählte er ihr dreitausend Francs hin, gegen einen Wechsel, den die Großmutter unterschrieb. Nachdem die Angelegenheit abgeschlossen war, verabschiedete er sich sofort und ging.
    »Und jetzt sollst auch du gehen, Alexej Iwanowitsch. Mir bleibt noch etwas über eine Stunde – da möchte ich mich ausruhen, die Knochen tun mir weh. Nimm’s mir, der alten Närrin, nicht allzu übel. Künftig werde ich es den jungen Leuten nicht mehr anstreichen, wenn sie leichtsinnig sind, auch diesem Unglückseligen, eurem General, nicht mehr, das wäre Sünde von mir. Geld aber kriegt er von mir trotzdem nicht, wie sehr er es auch wünscht, weil – weil er, meiner Ansicht nach, strohdumm ist, mag auch ich, alte Närrin, nicht klüger sein als er. Wahrlich wahr ist es, daß Gott der Herr auch im Alter den Menschen heimsucht und seinen Hochmut straft. Also, leb wohl. Marfuscha, los, auf.«
    Allerdings hatte ich mir vorgenommen, Babuschka noch zur Bahn zu bringen. Außerdem fieberte ich vor Erwartung, daß jeden Augenblick, sogleich etwas eintreffen müsse. Es

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