Der Spieler
her, ich kann ja nichts hören. Nous ferons bombance, n’est-ce pas? «
Ich trat in ihr Zimmer. Sie lag unter einer rosa Atlasdecke, die ihre makellosen, gesunden, bewundernswerten Schultern frei ließ – Schultern, wie man sie allenfalls im Traum sieht –, die spärlich von schneeweißen Spitzen eines Batisthemdes bedeckt waren, das ihre makellose Haut erst recht zur Geltung brachte.
» Mon fils, as-tu du coeur? « rief sie bei meinem Anblick und lachte. Sie lachte stets ansteckend und mitunter sogar aufrichtig.
» Tout autre … «, begann ich, Corneille paraphrasierend .
»Na, siehst du, vois-tu «, fing sie plötzlich zu plappern an. »Erstens, du mußt meine Strümpfe suchen und mir die Schuhe anziehen, und, zweitens, si tu n’est pas trop bête, je te prends à Paris . Du weißt doch, ich reise gleich ab.«
»Gleich?«
»In einer halben Stunde.«
Tatsächlich, es war bereits gepackt. Sämtliche Koffer und anderes Gepäck standen reisebereit. Das Frühstück war schon längst serviert.
» Eh bien, willst du, tu verras Paris. Dis donc, qu’est ce que c’est qu’un outchitel? Tu étais bien bête, quand tu étais un outchitel. Wo sind denn meine Strümpfe? Zieh sie mir an, los!«
Und sie streckte mir ein wirklich entzückendes Füßchen entgegen, zart und klein, nicht im geringsten deformiert wie sonst alle diese Füßchen, die in ihren Schuhen so reizend aussehen. Ich lachte und begann, ein Seidenstrümpfchen überzuziehen. Blanche saß indessen auf ihrem Bett und plauderte.
» Eh bien, que feras-tu, je te prends avec? Zweitens, je veux cinquante mille francs. Du gibst sie mir in Frankfurt. Nous allons à Paris ; dort bleiben wir zusammen et je te ferai voir des étoiles en plein jour. Du wirst dort solche Frauen sehen, wie du sie noch nie gesehen hast. Hör mal …«
»Warte, ich soll dir also fünfzigtausend Francs auf die Hand geben, und was bleibt mir dann noch übrig?«
» Et cent cinquante mille francs , die du vergessen hast, und außerdem bin ich bereit, in deiner Wohnung zu wohnen, einen oder zwei Monate, que sais-je ! Wir werden in diesen zwei Monaten diese hundertfünfzigtausend verleben, das versteht sich. Du siehst, je suis bonne enfant und sage dir alles im voraus, mais tu verras des étoiles .«
»Wie, alles in zwei Monaten?«
»Wie! Du bist entsetzt! Ah, vil esclave ! Weißt du denn nicht, daß ein einziger Monat eines solchen Lebens wertvoller ist als dein ganzes Dasein. Ein einziger Monat – et après le déluge! Mais tu ne peux comprendre, va! Hinaus mit dir, hinaus, du bist es nicht wert! Eh, que fais-tu? «
In diesem Augenblick streifte ich den Strumpf über das andere Füßchen, konnte mich aber nicht beherrschen und küßte es. Sie zog es zurück und schlug mir die Fußspitze ins Gesicht. Schließlich schickte sie mich endgültig weg. » Eh bien, mon outchitel, je t’attends, si tu veux ; in einer Viertelstunde reise ich ab!« rief sie mir nach.
Als ich in mein Zimmer zurückkehrte, war ich schon wie von einem Wirbel erfaßt. Na ja, es war doch nicht meine Schuld, daß Mademoiselle Polina mir ein ganzes Paket Banknoten ins Gesicht geschleudert und bereits gestern Mister Astley mir vorgezogen hat. Einige Banknoten lagen immer noch auf dem Fußboden; ich hob sie auf. In diesem Augenblick ging die Tür auf, und der Oberkellner (der mich bis dahin keines Blickes gewürdigt hatte) erschien höchstpersönlich mit dem Vorschlag: Ich könnte, falls es mir gefiele, nach unten übersiedeln, in das exklusive Appartement, in dem zuletzt Graf W. logiert habe.
Ich blieb einen Moment stehen und überlegte.
»Die Rechnung, bitte!« rief ich. »Ich reise sofort ab, in zehn Minuten.«
“Wenn nach Paris, dann nach Paris!” dachte ich. “Das ist eben mein Los!”
Eine Viertelstunde später saßen wir tatsächlich zu dritt in einem Familiencoupé – ich, Mademoiselle Blanche und Madame la veuve Cominges. Mademoiselle Blanche lachte Tränen bei meinem Anblick. La veuve Cominges lachte mit; ich kann nicht behaupten, daß ich besonders fröhlich war. Mein Leben zerbrach, aber seit gestern hatte ich mich schon daran gewöhnt, alles auf eine Karte zu setzen. Vielleicht traf das wirklich zu, daß ich dem Geld nicht gewachsen und nun von einem Wirbel erfaßt wurde. Peut-être, je ne demandais pas mieux. Es schien mir, daß vorübergehend – aber nur vorübergehend – die Kulissen gewechselt würden. “Aber in einem Monat bin ich wieder hier, und dann … dann werden wir
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