Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
Vom Netzwerk:
nickte.
    »Könnte ich mir den mal ansehen?« Er trat hinaus in den Flur und kam mit dem schweren, unförmigen Kleidungsstück zurück.
    »Glaubst du vielleicht, dass ich ein Vermögen im Futter versteckt habe?«
    »Ein Vermögen nicht gerade.«
    Ich nahm ihm den Mantel ab und begann systematisch die Taschen zu durchsuchen. Es dauerte nicht lange, bis ich fündig wurde. Die linke Innentasche hatte an der oberen Kante einen Riss.
    Elvestad wurde immer neugieriger und blickte mir über die Schulter. Ich legte den Mantel auf den Wbhnzimmertisch und tastete das Futter ab.
    »Jetzt werden wir’s ja sehen«, sagte ich. »Ja, wirklich. Da ist etwas!«
    Ich ließ Elvestad die Ausbeulung ganz unten im Mantel befühlen. In der nächsten Sekunde hatte er ein Springmesser in der Hand und schlitzte den Saum auf. Ein Papier fiel zu Boden. Ich hob es auf.
    Elvestad blickte mich völlig erstaunt an. »Woher wusstest du, dass das Papier da drin war?«
    Ich konnte mich nicht zurückhalten. »Elementar, mein lieber Riverton. Sie hatten beim Besuch von Rustads Lagerplatz ihren Notizblock vergessen. Deshalb nahmen Sie sich ein Stück Papier aus dem Büro des Großhändlers. Und im Cafe Kielland glaubten Sie, es wieder verloren zu haben. Doch in Wirklichkeit war es im Mantelfutter gelandet, als Sie es sich in die Innentasche stecken wollten.«
    Elvestad sah sich den Bogen genauer an. Es war ein drei Mal gefaltetes, dickes Stück Lumpenpapier. Auf die Rückseite waren die Wörter >Rustad<, >Büro<, >Mädchenzimmer<, >Handel aller Art<, >Winkel mit Papier< und >Eisenhaken< gekritzelt.
    »Ja, das ist meine Handschrift«, sagte Elvestad. »Reiner Zufall, dass ich das Papier gefunden habe. Es hat fast unbemerkt auf dem schmutzigen Fußboden gelegen. Sieh mal hier: Irgendwer ist mit dreckigen Stiefeln drübergelaufen. Ich habe wahrscheinlich gedacht, dass Rustad den Papierkorb verfehlt hatte.«
    »Anscheinend hat Rustad nicht bemerkt, dass der Kontrakt auf den Boden gefallen ist, als er das Gemälde aus dem Rahmen nahm. Aber …«
    »Das Gemälde?«
    Ich nickte beflissen. »Und dann blieb der Kontrakt also unbemerkt liegen, bis ein halbblinder Mann hereinkam! Da bestätigt sich wohl, was man die Launenhaftigkeit des Schicksals nennt.«
    »Kontrakt?«
    Ich faltete den Bogen auseinander. Elvestad beugte sich über meine Schulter.
    »Ja«, sagte ich, »genau, wie ich vermutet habe. Das ist der Kontrakt - sehen Sie nur, da ist Bruno Heydrichs Unterschrift!«
    »Wer?«
    Ich erzählte ihm die ganze Geschichte. Während ich sprach, setzte sich Elvestad aufs Sofa und goss die Reste der Weinflaschen in ein Glas.
    »Du meine Güte!« Er leerte das halbvolle Glas in einem Zug. »Das ist ja ein komplett fertiger Sensationsroman. Den könnte ich ohne irgendeinen Zusatz einfach so runterschreiben.«
    »Vielleicht könnten Sie mit dem Buch noch warten? Ich habe das Gefühl, dass es ziemlich dringend ist, den Kontrakt Jacob Bondi zu überbringen.«
    Elvestad stand sofort auf und nahm seinen Wintermantel.
    »Auf geht’s zu K. P. Johnsens Restaurant und Pension«, rief er vergnügt. »Wir haben keine Sekunde zu verlieren!«
     
    Als wir zum Restaurant in der Christian Krohgs gate kamen, hatte die dralle Dame schon zugeschlossen. Abgesehen von drei oder vier Bauernfängerinnen, die ihre Opfer noch nicht nach oben gelockt hatten, war das Lokal leer. Ich ging auf die Matrone zu, doch bevor ich den Mund öffnen konnte, rief Elvestad ungeduldig: »Geben Sie mir einen >grünen Pullover<, wenn ich bitten darf!«
    »Der Ausschank ist schon geschlossen!«
    Er legte einen Zehner auf die Theke.
    »Der Ausschank ist geschlossen, sage ich.«
    Elvestad blätterte einen weiteren Zehner auf die Theke, und noch einen, nachdem die Kellnerin immer noch kein Einlenken erkennen ließ. Die beleibte Dame seufzte schwer und raffte die Scheine zusammen. Sobald er seine Portweinflasche bekommen hatte, setzte er sich an einen Tisch und sah aus, als interessierte ihn die ganze Heydrich-Geschichte nicht weiter.
    Ich wandte mich an die Frau. »Ich muss mit dem Herrn von Zimmer 21 sprechen. Es ist dringend!«
    Sie glotzte mich wortlos an.
    »Lassen Sie mich doch bitte durch.«
    »Herr Sperling ist im Augenblick nicht da.«
    »Sperling? Ist das der Herr von Zimmer 21?«
    »Ja.«
    »Und er ist ausgegangen?«
    Sie nickte. »Er wurde vor einer Viertelstunde von zwei Männern abgeholt.«
    »Wie sahen die aus?«
    Ich hörte, wie Elvestad aufstand. Also war er doch nicht nur wegen eines Glases

Weitere Kostenlose Bücher