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Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
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mitgekommen. Sein rotglühendes Gesicht erschien neben mir. »Beschreiben Sie uns die beiden Männer!«, befahl er streng.
    Die Frau musste nicht lange überlegen.
    »Der eine war ein unangenehmer Kerl, groß und blond, mit krummer Nase …«
    »Reinhard Heydrich«, sagte ich leise.
    Elvestad stimmte zu.
    »Sprach er Deutsch?«, fragte ich, um ganz sicher zu gehen.
    »Er hat nicht ein einziges Mal den Mund aufgemacht. Der andere Mann hat geredet. Aber er sprach kein ordentliches Norwegisch …«
    »Wie sah er denn aus?«
    Die Kellnerin strahlte. »Er hatte scharfe Züge und dunkles, gewelltes Haar. Für Ende fünfzig sah er ziemlich gut aus.«
    »Ende fünfzig?«
    Sie nickte. »Ja, aber er hat sich gut gehalten. Ein richtiger Beau.«
    Elvestad ergriff das Wort. »Und wann sind diese Herren hier aufgetaucht?«
    Die Kellnerin überlegte. »Die müssen sich raufgeschlichen haben, als ich gerade beschäftigt war. Ich habe sie erst bemerkt, als sie mit Herrn Sperling die Treppe herunterkamen.«
    »Wie kam Ihnen Herr Sperling vor?«
    »Er hatte ordentlich was getrunken, das war deutlich. Die anderen haben ihn gut festgehalten, damit er nicht zusammensackte. Und als ich die Klappe für sie geöffnet habe, sagte der Schönling: >Unser Freund muss mal ein bisschen an die Luft, Fräulein - wir sind bald zurück!<«
    »Und das geschah also vor einer Viertelstunde?«
    »So ungefähr.«
    »Können Sie uns sonst noch etwas erzählen?«, fragte ich. Sie blickte zu Elvestad. »Vielleicht…«
    »Vielleicht?«, rief ich.
    »Ja, nachdem die drei Herren gegangen waren, entdeckte ich, dass einer von ihnen etwas hinter der Theke verloren hatte.«
    »Lassen Sie sehen!«, sagte Elvestad aufgeregt. Sie zuckte mit den Schultern.
    »Ich muss ja an mich selbst denken. Wenn Herr Sperling nicht zurückkommt, verliere ich die Miete für zwei Tage. Und der Ring kann ja vielleicht einen Teil des Verlusts decken.«
    »Der Ring?«, rief ich.
    Elvestad zückte seine Geldbörse. »Wie viel schuldet Ihnen Herr Sperling?«
    Die Kellnerin bekam, was sie verlangte. Dann zog sie einen in Papier gewickelten Gegenstand aus der Tasche ihrer Schürze. Ich packte ihn aus.
    »Das ist Bondis Ring«, flüsterte ich Elvestad zu. »Ich erkenne das Kreuzsymbol wieder.«
    Elvestad nahm den Ring und hielt ihn dicht vor seine kurzsichtigen Augen.
    »Sieht aus wie ein Kreuz«, sagte er nach einer Weile. »Aber eigentlich ist es ein ungewöhnlich geformtes F. Das steht wohl für Frank, vermute ich.«
    Ich glättete das Papier. Ein paar Wörter waren daraufgekritzelt.
    »Sehen Sie hier!«, sagte ich zu Elvestad. »Da steht Bosphorus.«
    »Bosphorus?«
    »Ja. Ob Bondi den Ring und das Papier absichtlich verloren hat, um uns etwas zu erzählen?«
    Elvestad sah mich mit ernstem Ausdruck an. »Natürlich«, sagte er. »Und ich weiß sogar, worauf er hinauswollte …«
     
    Asbjorn Krag, das bin ich!
     
    Die restliche Nacht verbrachten wir im Grand Hotel. Das war Elvestads Vorschlag. Er rief im Restaurant an und bat einen der Kellner, mit einem Kartenspiel, Nähzeug und zwei Flaschen Portwein aufs Zimmer zu kommen. Der Plan sei, so sagte er, sich mit Bridge zu zweit die Zeit zu vertreiben, bis der Zug am nächsten Morgen um acht Uhr abfuhr.
    »Welcher Zug?«, fragte ich.
    »Der Zug nach Skien.«
    »Und was machen wir da?«
    Elvestad gab keine Antwort. Stattdessen begann er davon zu reden, dass es sich um eine äußerst gefährliche Reise handeln würde. Jacob Bondi sei tot, ermordet - davon könnten wir mit Sicherheit ausgehen. Doch bevor er seinen letzten Atemzug getan habe, hätte Heydrich sicher aus ihm herausbekommen, dass ich jetzt nach dem Kontrakt suchte. In der Hoffnung, dass ich ihn zu dem wertvollen Dokument führen könnte, würde er von nun an seine Aufmerksamkeit auf mich konzentrieren. Aus diesem Grund müssten wir uns auch im Grand Hotel verstecken, anstatt unsere jeweiligen Wohnungen aufzusuchen.
    »Morgen müssen wir die Augen offen halten, Erfjord! Und zwar sobald wir das Hotelzimmer verlassen!«
    Ich sah ihn verschreckt an. »Aber das sind doch wohl alles bloß Spekulationen?«
    Elvestad kicherte. »Spekulationen? Also, hör mal! Wir Kriminalisten nennen das die deduktive Methode.« Er konzentrierte sich auf die Karten in seiner Hand. »Elf Herzen.«
    »Passe.«
    Eigentlich hätte ich ein paar Stunden Schlaf gebrauchen können, bevor wir uns in den Zug nach Skien setzten. Doch wenn Sven Elvestad sich erst einmal entschieden hatte, die Nacht mit Kartenspielen

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