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Der Spion, der aus der Kälte kam

Titel: Der Spion, der aus der Kälte kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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keine andere Erklärung. Selbst wenn Ashe und Kiever hineingezogen worden waren und wenn sie etwas gesagt haben sollten - auch dann lag die Verantwortung für die Treibjagd noch immer beim Chef. »Ein paar Wochen …«, hatte er gesagt. »Ich nehme an, man wird Sie irgendwo anders befragen - es könnte sogar sein, dass man Sie ins Ausland bringt. Nach einigen Wochen müßte die Sache für Sie aber erledigt sein. Danach sollte alles von selbst weiterlaufen. Sie werden sich hier verborgen halten müssen, bis sich unsere Chemie ausgewirkt hat; aber ich bin sicher, dass Sie nichts dagegen haben werden. Ich habe zugestimmt, dass man Ihnen die aktiven Dienstbezüge solange weiterzahlt, bis Mundt beseitigt ist: das schien die gerechteste Lösung zu sein.«
    Und jetzt dies.
    Das war nicht Teil der Abmachung; das war etwas anderes. Wie, zum Teufel, sollte er sich jetzt verhalten? Wenn er jetzt ausstieg und sich weigerte, mit Peters zu gehen, würde er damit die Operation zerstören. Es bestand die Möglichkeit, dass Peters log, dass dies eine Probe war - um so mehr ein Grund, jetzt mit ihm zu gehen. Aber wenn er mit in den Osten ging, nach Polen, in die Tschechoslowakei oder Gott weiß wohin, so gab es keinen vernünftigen Grund, weshalb sie ihn je wieder herauslassen sollten, ja es gab nicht einmal eine vernünftige Begründung für seinen Wunsch, herausgelassen zu werden - es lief ja im ganzen Westen eine Fahndung nach ihm.
    Der Chef hatte es getan - dessen war er sicher. Die Bedingungen waren ihm schon die ganze Zeit verdächtig großzügig vorgekommen. Das Rondell warf nicht grundlos derartig mit dem Geld herum - es sei denn, sie hätten von Anfang an heimlich mit der Möglichkeit gerechnet, dass sie ihn verlieren könnten. Geld in dieser Menge war ein Pflaster für Härten und Gefahren, deren Existenz der Chef nicht offen zugeben wollte. Die Großzügigkeit des Angebotes hätte eine Warnung sein sollen; aber Leamas hatte diese Warnung nicht beachtet.
    »Wie, zum Teufel«, fragte er ruhig, »sind sie darauf gekommen?« Ein Gedanke schien ihm durch den Kopf zu gehen und er sagte: »Ihr Freund Ashe hätte sie natürlich informieren können, oder Kiever …«
    »Die Möglichkeit besteht«, erwiderte Peters. »Sie wissen genausogut wie ich, dass solche Dinge immer vorkommen können. Es gibt in unserem Beruf keine Sicherheit. Tatsache ist«, fügte er etwas ungeduldig hinzu, »dass inzwischen jedes Land in Westeuropa nach Ihnen Ausschau hält.«
    Leamas hatte Peters kaum gehört.
    »Sie haben mich jetzt fest am Haken, nicht wahr, Peters?« sagte er. »Ihre Leute müssen sich krank lachen. Oder stammt der Tip vielleicht von Ihnen?«
    »Sie überschätzen Ihre Bedeutung«, sagte Peters säuerlich.
    »Dann verraten Sie mir, weshalb Sie mich beschatten lassen. Als ich heute morgen einen Spaziergang machte, blieben mir dauernd zwei kleine Männer in braunen Anzügen auf den Fersen. Einer zehn Meter hinter dem anderen, den ganzen Strand entlang. Als ich zurückkam, rief die Haushälterin Sie an.«
    »Bleiben wir doch bei dem, was wir wissen«, schlug Peters vor.
    »Es kann uns doch im Augenblick ziemlich gleichgültig sein, auf welche Weise Ihre Dienststelle Ihnen auf die Spur gekommen ist. Tatsache ist, sie sind Ihnen draufgekommen.«
    »Haben Sie die Londoner Abendzeitung mitgebracht?«
    »Natürlich nicht. Man kann sie hier nicht bekommen. Wir erhielten ein Telegramm aus London.«
    »Das ist eine Lüge. Sie wissen sehr gut, dass Ihre Stellen nur mit der Zentrale Verbindung aufnehmen dürfen.«
    »In diesem Fall wurde ein direkter Kontakt zwischen zwei Außenstellen gestattet«, erwiderte Peters ärgerlich.
    »Nun gut«, sagte Leamas mit einem gezwungenen Lächeln. »Sie müssen eine große Nummer sein. Oder - ein Gedanke schien ihm plötzlich durch den Kopf zu schießen - ist die Zentrale an dieser Angelegenheit nicht beteiligt?«
    Peters überging diese Frage.
    »Sie kennen die Alternative: entweder Sie überlassen es uns, für Sie zu sorgen und Ihren sicheren Übergang zu arrangieren, oder Sie sind auf sich selbst angewiesen - mit der Gewißheit, schließlich doch gefaßt zu werden. Sie haben keine falschen Papiere, kein Geld, nichts. Ihr britischer Paß wird in zehn Tagen ungültig.«
    »Es gibt eine dritte Möglichkeit. Geben Sie mir einen Schweizer Paß und etwas Geld und lassen Sie mich laufen. Ich kann selbst für mich sorgen.«
    »Ich fürchte, das wird man nicht für wünschenswert halten.«
    »Sie meinen, Sie haben die

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