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Der Spion, der aus der Kälte kam

Titel: Der Spion, der aus der Kälte kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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beschäftigt sein, den vollen Wortlaut des Gespräches nach einem festgelegten Stundenplan zu telegrafieren.
    »Sagen Sie mir«, sagte Peters, »dies sind große Geldbeträge. Die Vorkehrungen bei der Auszahlung waren ausgeklügelt und sehr kostspielig. Wie war Ihre eigene Meinung darüber?«
    Leamas zuckte die Schultern.
    »Welche Meinung konnte ich schon haben? Ich dachte, dass der Chef eine verdammt gute Quelle haben mußte, aber da ich nie das Material sah, kann ich nichts sagen. Mir gefiel die Art nicht, wie der Fall gehandhabt wurde - alles war zu hochtourig, zu kompliziert, zu schlau. Warum konnte man sich nicht mit ihm treffen und ihm das Geld in bar geben? Hatte man ihn wirklich veranlaßt, die Grenzen mit seinem eigenen Paß zu überschreiten, während er den falschen in der Tasche trug? Ich bezweifle es«, sagte Leamas. Es war an der Zeit, die Sache zu verschleiern, ihm eine Spur zu legen.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich will damit sagen, dass nach allem, was ich weiß, das Geld bei der Bank nie abgehoben worden ist. Angenommen, er war ein hochgestellter Agent hinter dem Eisernen Vorhang - das Geld wäre für ihn deponiert gewesen, damit es ihm zur Verfügung stand, sobald er an es herankonnte. So vermutete ich jedenfalls. Ich dachte nicht weiter darüber nach. Warum sollte ich? Es gehört zu unserer Arbeit, nur Stücke vom Ganzen zu kennen. Sie wissen das. Wenn man neugierig ist, dann gnade einem Gott.«
    »Wenn das Geld nicht abgehoben wurde, wie Sie meinen, warum dann die ganze Mühe mit den Pässen?«
    »Als ich in Berlin war, trafen wir die Vorkehrungen für Karl Riemeck, für den Fall, dass er einmal flüchten müßte und uns nicht erreichen könnte. Wir hielten für ihn einen falschen westdeutschen Paß unter einer bestimmten Adresse in Düsseldorf hinterlegt, wo er ihn durch ein vorher vereinbartes Verfahren jederzeit abholen konnte. Der Paß wurde nie ungültig - die Reiseabteilung verlängerte stets seine Laufzeit und auch die Visa, wenn sie verfielen. Der Chef hat vielleicht die gleiche Technik bei diesem Mann angewandt. Ich weiß es nicht - es ist nur eine Vermutung.«
    »Wie können Sie mit Sicherheit behaupten, dass Pässe ausgegeben wurden?«
    »Es waren entsprechende interne Mitteilungen der Bank an die Reiseabteilung im Akt angeheftet. Die Reiseabteilung ist die Stelle, die falsche Ausweispapiere und Visa beschafft.«
    »Ich verstehe.«
    Peters dachte einen Augenblick lang nach und fragte dann: »Welche Namen gebrauchten Sie in Kopenhagen und Helsinki?«
    »Robert Lang, Elektroingenieur aus Derby. Das war in Kopenhagen.«
    »Wann genau waren Sie in Kopenhagen?« fragte Peters.
    »Ich sagte Ihnen schon, am 15. Juni. Ich kam am Morgen an, ungefähr um elf Uhr dreißig.«
    »Welche Bank benutzten Sie?«
    »Herrgott noch mal, Peters«, sagte Leamas plötzlich ärgerlich, »die Königlich-Skandinavische. Sie haben es schon aufgeschrieben.«
    »Ich wollte nur sichergehen«, antwortete der andere gleichmütig und schrieb weiter. »Und in Helsinki, welchen Namen?«
    »Stephen Benett, Marineingenieur aus Plymouth.
    Ich war Ende September dort«, fügte er sarkastisch hinzu.
    »Sie suchten die Bank am Tag Ihrer Ankunft auf?«
    »Ja. Es war der 24. oder 25. Ich weiß es nicht mehr genau, wie ich Ihnen bereits sagte.«
    »Brachten Sie das Geld in bar aus England mit?«
    »Selbstverständlich nicht. Wir hatten es jeweils auf das Konto unseres ständigen Mannes dort überwiesen. Unser Mann hob es ab, traf mich auf dem Flugplatz mit dem Geld in einem Koffer, und ich trug es zur Bank.«
    »Wer ist Ihr ständiger Mann in Kopenhagen?«
    »Peter Jenssen, ein Verkäufer in der Universitätsbuchhandlung.«
    »Und wie waren die Namen, die der Agent benutzte?«
    »Horst Karlsdorf in Kopenhagen. Ich glaube, so nannte er sich, ja, ich erinnere mich, das war der Name, Karlsdorf. Ich war immer drauf und dran, Karlshorst zu sagen.«
    »Beschreibung?«
    »Geschäftsführer, aus Klagenfurt in Österreich.«
    »Und der andere, der Name in Helsinki?«
    »Fechtmann, Adolf Fechtmann aus St. Gallen, Schweiz. Er hätte einen Titel - ja, richtig: Doktor Fechtmann, Archivar.«
    »Aha. Beide sprachen also deutsch.«
    »Ja, das fiel mir auch auf. Aber es kann kein Deutscher sein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich war der Leiter der Berliner Organisation, nicht wahr? Ich wäre darüber orientiert gewesen.
    Ein wichtiger Agent in Ostdeutschland wäre von Berlin aus gesteuert worden. Ich hätte über die Angelegenheit informiert

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