Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
Vom Netzwerk:
Kapitän des Schiffes, das die
Aviso
angegriffen hatte, ja ohnehin mit dem Teufel im Bunde zu stehen schien, war ihm alles zuzutrauen. Alle Engländer waren ja Protestanten, und welcher ehrliche Seemann sonst würde sich trauen, in einem Sturm im vollen Wind zu fahren und dabei ein anderes Schiff zu rammen, ohne dass er mit Mann und Maus versank?
    Amman Sachs spürte, wie das Schiff den schweren Anker warf. Ansonsten lag das Depeschenboot völlig ruhig auf dem Wasser. Offenbar waren sie in einer geschützten Bucht, zumindest im Windschatten einer Landmasse.
    Mehrere englische Seeleute erschienen unter Deck bei den Gefangenen und erteilten auf Spanisch die Anweisung, dass der Kapitän, der Priester und Amman Sachs herauskommen sollten. Sie wurden auf Deck geführt, und der Fugger-Agent erkannte, dass das Schiff tatsächlich vor Land lag. Es war heller Tag, und nun sah er zum ersten Mal das ganze Ausmaß der Schäden, die bei der Kollision mit dem anderen Schiff entstanden waren. Bordwand und Deck waren über die halbe Schiffslänge beschädigt, und mehrere der quer zu den Masten stehenden Rahen fehlten auf der Backbordseite. Die Reparaturen waren nur notdürftig ausgeführt worden.
    Sachs erschreckte der Anblick der
Aviso
, die nur mit viel Glück die Havarie überstanden haben konnte. Der Fugger-Agent blickte hinauf in den jetzt wieder klaren Himmel und versuchte sich anhand des Sonnenstandes zu orientieren. Die Sonne stand fast senkrecht über ihnen; es musste also um die Mittagszeit sein.
    Das Land, dass Sachs in vielleicht einer Viertelmeile Entfernung zum Schiff sah, war flach und spärlich bewachsen. Eine Bebauung konnte er nicht entdecken. Sachs blickte aufs Wasser und sah, dass es hier viele Untiefen geben musste – Riffe, die nah unter der Wasseroberfläche lagen.
    Nun wurden auch Tecuichpo und Gemma aufs Deck geführt, und Sachs wich dem Blick des Kapitäns aus, der ihn mit einem Grinsen anschaute, als er in Gemma ein Mädchen erkannte. Da die englischen Matrosen wieder ihre Säbel gezogen hatten, wagte keiner der Gefangenen, etwas zu sagen.
    Amman Sachs sah sich weiter um. Er schaute zur offenen See und erblickte den Klipper, der sie im Sturm angegriffen hatte, im vollen Tageslicht. Er lag vielleicht vier, fünf Schiffslängen von der
Aviso
entfernt ebenfalls vor Anker. Das Schiff war an der Steuerbordseite leicht beschädigt; mehrere Matrosen waren bereits damit beschäftigt, die zersplitterte Beplankung zu ersetzen, wobei auch auf diese Entfernung erkennbar war, dass das fremde Schiff eine doppelte Beplankung hatte, also eine doppelte Schiffswand. Das war umso erstaunlicher, als der Fugger-Agent dieses Schiff kannte; er war sogar schon einmal an Bord gewesen, als er mit Gemma aus London verbannt worden war. Das Schiff war die
Falcon
, die Fregatte von Francis Drake.
    Aber was machte Drake hier in der Neuen Welt? Und wie war er so schnell hierhergekommen?
    Sachs drehte sich um, suchte Gemmas Blick und sah, dass auch sie die
Falcon
erkannt hatte und sich offenbar die gleichen Fragen stellte wie er. Sachs überschlug die Zeit, die vergangen war, seit sie vor Brügge Drakes Schiff verlassen hatten. Wenn Drake unmittelbar von Brügge aus in die Neue Welt gestartet war, hätte er vor ihnen die karibische See erreicht haben können, selbst auf der südlicheren Route. Jedenfalls musste es ein unglücklicher Zufall gewesen sein, dass sie der
Falcon
vor den Steven gefahren waren. Sachs erinnerte sich, wie Francis Drake vor Brügge die
Falcon
mit voller Fahrt auf eine Sandbank gesetzt hatte. Der Engländer hatte offenbar großes Vertrauen in die Stabilität seines Klippers; nur so war dieses Husarenstück zu erklären.
    Während Amman Sachs und die anderen auf Deck der
Aviso
abwarteten, was nun weiter mit ihnen geschehen würde, hatten mehrere Engländer das kleine Beiboot des Depeschenseglers zu Wasser gelassen und eine Fallreep an der Bordwand hinuntergeworfen. Kurze Zeit später saßen die beiden Frauen, der Kapitän der
Aviso
, der Priester und der Fugger-Agent in der Gig, wie das Beiboot genannt wurde. Zwei Ruderer bedienten die Riemen; zwei weitere Männer saßen mit gespannten Puffern, großen Faustbüchsen, mit denen sie tödliche Bleikugeln verschießen konnten, den Gefangenen gegenüber.
    Das Wasser schien bald nur wenig mehr als einen halben Klafter (Das Klafter ist definiert als das Maß zwischen den ausgestreckten Armen eines erwachsenen Mannes, traditionell sechs Fuß, also etwa 1,80 Meter.) tief zu

Weitere Kostenlose Bücher