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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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Segler erledigen mussten. Wer keine der wenigen Pritschen ergattern konnte, setzte sich, vom Kampf gegen den Sturm erschöpft, auf den Deckboden. Gesprochen wurde kaum.
    Bald darauf war zu spüren, wie die zuletzt quer zum Wind treibende
Aviso
wieder in den Wind gedreht wurde und deutlich Fahrt aufnahm. Da das Schiff dabei schnell in ein regelmäßiges Auf und Ab überging und die hohen Wellen es von achtern zu überholen schienen, vermutete Sachs, dass sie einen nördlichen, vielleicht nordwestlichen Kurs eingeschlagen hatten. Nach einer Weile legte der Segler sich mehr nach steuerbord in den Wind, was auf einen westlichen Kurs schließen ließ.
    Sachs suchte im Zwielicht die Blicke des Kapitäns, der sich ebenfalls gesetzt hatte, mit dem Rücken an einen Stützbalken gelehnt. Für einen Moment schauten sich beide Männer fragend an. Dann sprach der Fugger-Agent aus, was beide dachten: »Wohin bringen uns diese Mistkerle? Was zum Teufel wollen die von uns?«

21.
    Die Gefangenschaft unter Deck sollte insgesamt drei Tage dauern – die längsten drei Tage, die Amman Sachs je durchgemacht hatte. Zwar hatte der Sturm nach Ablauf mehrerer Stunden deutlich an Intensität verloren, doch ein paar Dutzend Männer auf engstem Raum wurden schnell zu einer gegenseitigen Belastung. Die gewöhnlichen Matrosen waren die Enge und Nähe zu ihren Kameraden vielleicht gewöhnt und möglicherweise auch mit den Nachteilen eines längeren Aufenthalts in einer fensterlosen Kammer vertraut. Der Fugger-Agent aber litt schon bald unter dem Gestank und den wachsenden Spannungen zwischen den Eingepferchten. Nach einiger Zeit schmerzten ihm die Knochen und Gelenke vom harten Holzboden; es bestand ja kaum die Möglichkeit, sich richtig zu bewegen. Und nach dem zweiten Tag verspürte Sachs den unbändigen Wunsch, das Sonnenlicht wieder zu sehen.
    Durch Ritzen in der Beplankung war zu erkennen, wann draußen Tageslicht herrschte, doch mehr als ein Schimmer drang nicht zu den Eingepferchten durch. Von ihren Bezwingern sahen sie in dieser Zeit bloß die paar Mann, die ihnen Zwieback und auch mal einen großen Eimer mit kaltem Eintopf brachten. Von den Kommandeuren der Truppe bekamen sie die ganze Zeit niemanden zu Gesicht.
    Amman Sachs fragte sich, was die Eroberer der
Aviso
mit den beiden Frauen an Bord gemacht hatten. Er hoffte, dass diese Engländer Männer von Ehre waren. Zumindest waren sie Seeleute, die ein Schiff grandios beherrschten, was für eine gute Ausbildung und erfahrene Steuerleute sprach – und die gab es nur unter Männern von Stand. Auch ihr Schiff, das Sachs jedoch nur als Schemen gesehen hatte, war erstklassig gewesen – schlank und pfeilschnell. Wenn der Klipper nicht die Beute eines Raubzugs gewesen war, mussten die Eigner ihn bei einem guten Schiffsbauer in Auftrag gegeben haben, der sein Handwerk bestens verstand. Und das kostete Geld, sehr viel Geld. Amman Sachs arbeitete für das größte Kaufmannshaus der Welt; er wusste nur zu gut, wie teuer solche Schiffe waren.
    Und doch blieb ein letzter Rest Sorge um die Frauen, die beide auf ihre Weise dem Fugger-Agenten viel bedeuteten. Er konnte nur hoffen, sie möglichst bald wohlbehalten wiederzusehen.
    Während der drei Tage, die Sachs und die Männer in ihrem Verlies zubringen mussten, war das Schiff in spürbar schneller, gleichmäßiger Fahrt unterwegs gewesen. Dann legte die
Aviso
sich aus dem Wind. Jeder unter Deck wusste, dass sie ihr Ziel erreicht haben mussten, auch wenn niemand ahnte, wo sie sich befanden.
    Das hielt die Männer aber nicht davon ab, darüber zu spekulieren, wohin die Fahrt gegangen sein könnte. Drei Tagesreisen, wahrscheinlich in westlicher, vielleicht nordwestlicher Richtung. Einige tippten auf einen verschwiegenen Hafen auf Kuba, andere glaubten, dass sie die Passage zwischen Kuba und Hispaniola zurückgefahren seien. Dort, im Nordwesten von Hispaniola, gab es eine vorgelagerte, kleinere Insel, die ein idealer Stützpunkt für Seeräuber wäre. Wieder andere hielten es für möglich, dass sie um Jamaika herum gesegelt waren, um den Hafen von Santiago de la Vega anzulaufen. Und der Kapitän der
Aviso
berichtete Amman Sachs im Vertrauen, dass er von Kaufleuten aus Sevilla von einem geheimen Stützpunkt wisse, Fort Diego genannt, den die Engländer auf einer Insel gegenüber von Nombre de Dios angelegt hätten. Aber Fort Diego lag viel weiter als nur drei Tagesreisen von ihrer letzten bekannten Position entfernt. Doch da der unbekannte englische

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