Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
Vom Netzwerk:
auseinander . . .«
    Amman Sachs verstand: »Und das macht persönliche Gespräche aller Beteiligten notwendig, nicht wahr? Und solche Verhandlungen sollten natürlich auf möglichst neutralem Boden stattfinden, damit kein parteiisches Hausrecht die Konsultationen belastet. Wir Eidgenossen haben uns stets darum bemüht, eine solche Neutralität gegenüber den Fürsten der Welt einzunehmen.«
    Escobar grinste. »Weshalb Ihr selbst trotz Eurer Abenteuer wohlgelitten seid. Sicher würde man den Burgfried und das verfallene Schloss von Hohensax wieder einigermaßen herrichten müssen; unsere Kundschafter sagen, dass das in kurzer Zeit möglich sein dürfte. Was die Ausstattung angeht, wird aber nur das Nötigste aufgestellt. Majestät mag eher die schlichte Strenge einer Klause.«
    Also haben sie sich Hohensax bereits angesehen, überlegte Amman Sachs. Und warum auch nicht? König Philipp wollte einen gewaltigen Kredit von den Fuggern, um den Verlust durch die verlorene Goldgaleone auszugleichen. Und durch die neuen Erkenntnisse und das doppelte falsche Spiel der Engländer hatte der spanische König ganz neue, starke Argumente für seine Verhandlungsposition. Wie sollten die Fugger noch groß auf Zinsen bestehen können für die Anleihe, wenn sie selbst für den Raub desspanischen Goldesentscheidend mitverantwortlich waren?
    Doch erst musste Spanien den treulosen Verhandlungspartner gutgläubig an einen Gesprächstisch locken. Nach Augsburg zu reisen kam für König Philipp ganz sicher nicht in Frage – dieser Kniefall vor dem Frevler wäre auch zum Schein eine zu große Demütigung. Aber das Sankt Gallener Land, wo die Burg Hohensax auf einem Felssporn im Schatten der hohen Berge des Alpsteingebirges stand, war von Augsburg leicht zu erreichen. Die Fugger mussten glauben, dass ein bittender Philipp sie um Verhandlungen mit ihnen ersuchte – und würden ganz sicher ohne Argwohn anreisen. Eine Kreditverhandlung mit einem König, zudem der mächtigste König der Welt und gleichzeitig der größte Kunde des Hauses, konnte ein Handelshaus wie die Fugger nicht unbeachtet lassen. Es würde eine vortreffliche Falle sein, um die Fugger mit den Vorwürfen der spanischen Krone wegen des Verlusts der Goldgaleone zur Rede zu stellen. Ganz sicher!
    Sachs kam eine Idee: »Ich weiß, wie wir den wahren Missetäter ein für alle Mal ins Licht der Wahrzeit zerren können. Wenn Ihr mir tatsächlich helft, Escobar, das Erbe meiner Väter mit dem Besuch des mächtigsten Herrschers der Welt auf Hohensax zu neuen Ehren zu bringen, werde ich Euch den wahren Verräter mit allen notwendigen Beweisen auf einem Silbertablett liefern – zum Wohle Spaniens und Eurer laufenden Kreditverhandlungen. Damit Euer Land sich für den heraufziehenden Krieg mit England rüsten kann.«

28.
Sommer 1575
    Amman Sachs stand ganz oben in luftiger Höhe des massiven Bergfrieds. Von dem aus Bergschiefer gebauten Turm hatte man eine weite Sicht über das östlich gelegene Alpenrheintal, das weiter nördlich in den Bodensee mündete. Wie viele Meilen er tatsächlich von hier oben – vielleicht eine Viertelmeile über dem Talgrund – überblicken konnte, mochte Sachs nicht sagen. Aber in der unregelmäßigen Flussaue und den angrenzenden Flussmarschen, in denen wegen der Überschwemmungen, die jedes Frühjahr mit der Schneeschmelze stattfanden, kaum Siedlungen lagen, waren die Reisenden schon in großer Entfernung gut zu erkennen.
    Amman Sachs konnte drei große Fahrwagen erkennen, die von ja sechs Pferden gezogen wurden, begleitet von einer stattlichen Anzahl bewaffneter Landsknechte. Sie kamen nur langsam vorwärts, obwohl unten im Tal kaum Steigungen zu bewältigen waren. Aber die Wege waren nicht allzu fest; Amman Sachs konnte sich gut vorstellen, wie die augenscheinlich schwer beladenen Kutschen immer wieder tief in den Fahrdamm einsackten.
    Dieses Land ist nichts für Räder, dachte der Fugger-Agent, als er beobachtete, wie mühsam die Delegation seines Handelsherren vorankam. Auf Pferderücken wären sie schon lange hier gewesen.
    Sachs stieg die enge Treppe im Burgfried hinunter. Obwohl der quadratische Turm den Grundriss eines Hauses besaß, nahm der Schacht in seinem Innern weniger als die Hälfte des Querschnitts ein. Die bis zu fünf Ellen (Elle = ca. 60 Zentimeter (Schweizer Elle)) dicken Mauern waren der letzte Zufluchtsort bei Belagerungen und hatten schon manchem Hohensax das Leben gerettet – zumal es zu ebener Erde keinen eigenen Zugang gab.

Weitere Kostenlose Bücher