Der Spion der Fugger Historischer Roman
sei, wunderte sich Amman Sachs. Er berichtete Philipp von der seltsamen Szene mit dem mexikanischen Häuptling, die er aus Francis Drakes eigenem Mund gehört hatte.
Der Monarch blieb wie vom Donner gerührt vor Amman Sachs stehen. Auch Alfonso de Escobar rückte einige Schritte näher, als hätte der Fugger-Agent eine Ungeheuerlichkeit von sich gegeben.
»Ist Er sicher?«, fragte der Monarch schließlich in einem beinahe hysterischen Tonfall, der Sachs noch mehr erschreckte. »Kann Er dieses Bündel in den Händen des Indianers genauer beschreiben?«
Amman Sachs hatte keine Ahnung, was eine genauere Darstellung an zusätzlicher Klarheit bringen konnte – ein Bündel ist ein Bündel. Aber er ahnte nun doch, dass es mit diesem besonderen Bündel eine noch viel größere Bewandtnis haben musste, als er es nach der von ihm heimlich beobachteten Zeremonie an Bord der Goldgaleone ohnehin schon gemutmaßt hatte. Irgendetwas war mit diesem . . .
Ding,
wenn der König von Spanien höchstpersönlich ein solch reges Interesse daran zeigte.
Und Amman Sachs beschrieb das in Blei eingeschlagene, etwa einen halben Schritt lange und breite sowie noch einmal die Hälfte davon hohe Paket. Dem Blick des Königs entnahm der Fugger-Agent, dass Philipp wusste, was dieses mysteriöse Bündel enthielt. Wohl keine Edelsteine, wie Drake vermutet hatte. Das wäre nur ein normaler materieller Wert gewesen wie das Gold – ein Wert, den man hätte ersetzen können, etwa durch einen Kredit, dessen Zinsen ein König mit den richtigen Argumenten drücken konnte. Nein, dieses Bündel, das der Sohn Montezumas, der Prinz der Mexikaner, mit aller Kraft erfolgreich gegen sämtliche Drachen der Weltmeere verteidigt hatte, musste etwas Bedeutenderes enthalten. Etwas unfassbar Kostbares . . . aber auch Beängstigendes, wenn man die Sorge des Königs über den Verbleib des Bündels bedachte.
Amman Sachs jedenfalls hatte keine Ahnung, was es sein konnte. Er sah aber keinen Grund, warum er die beiden Anwesenden, die ihm ja offenbar Aufklärung darüber geben konnten, nicht fragen sollte, was es mit diesem Bündel auf sich hatte. Doch mit der Reaktion des Königs auf seine Frage hatte er nicht gerechnet.
Philipp, der unmittelbar vor Amman Sachs stand, kam so nahe an den Fugger-Agenten heran, dass ihre Nasenspitzen sich fast berührten.
»In diesem Bündel lauert der Teufel!«, sagte der König in einem gefährlich flüsternden, beinahe irrwitzigen Tonfall. »Sämtliche Schliche des Satans und all seine Bosheit wurden in dem Behältnis eingeschlossen und versiegelt. Nicht ohne Grund hat man Blei gewählt, um diese Ausgeburt der Hölle darin zu fangen. Wenn dieses Bündel in die falschen Hände gerät, könnte damit Chaos über die ganze Welt gebracht werden. Das Ende jeder Ordnung!«
Der Monarch besann sich kurz, ehe er gelassener fortfuhr: »Deshalb war diese Bündel auf dem Weg zu uns. Wir wollten es vernichten und ein für alle Mal vom Erdkreis verbannen. Wir hatten in der ganzen Neuen Welt nach diesem Fluch des Leibhaftigen suchen lassen. Doch nun will mir scheinen, dass der Teufel selbst in seiner grausamen Verschlagenheit diesen Francis Drake zu unserer Galeone geführt hat. Der Satan hat die
Flor
mit seinem grausamen Odem besudelt und den falschen Ritter der Finsternis zu sich geführt. Ja, nur so kann es gewesen sein! Wie sonst sollte jemand ein Schiff in den unendlichen Weiten des Meeres aufspüren können?«
Sachs überlegte für einen Moment, ob er noch einmal darauf hinweisen sollte, dass die Route der
Flor de la Mar
wahrscheinlich verraten wurde und dass Drake mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten und den neuen Instrumenten auch die
Aviso
nach einer Fahrt über das riesige, aber nicht unendliche Meer treffsicher aufgespürt hatte. Aber er merkte wohl, dass dies nicht der richtige Augenblick für solche Hinweise war, wo doch der König sich gerade in Fahrt geredet hatte mit seiner seltsamen Tirade.
Aber der Fugger-Agent registrierte, dass der Inhalt des merkwürdigen Bündels ziemliche Besorgnis beim mächtigsten Herrscher der Welt auslöste. Und Sachs hatte nicht die geringste Ahnung, welcher Gegenstand solche heftigen Gefühle auslösen könnte. Vielleicht wusste Tecuichpo mehr darüber, aber die schöne Mexikanerin war ja von den Engländern verschleppt worden.
Philipp hatte sich inzwischen von Sachs abgewandt und seine nervöse Wanderung wieder aufgenommen. Dabei verließ er jetzt das Innere der Charola durch einen der
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