Der Spion der Fugger Historischer Roman
der wie ein Gesandter oder Botschafter aussah. Erst als er sich von seinem ersten Schreck erholt hatte, erkannte der Fugger-Agent das in goldenen, roten, blauen und schwarzen Fäden kunstvoll aufgestickte Wappen auf der Brust dieses Mannes. Er musste ein hoher Beamter des spanischen Königs Philipp sein.
Aber wie konnte der so schnell hier sein?
Und womöglich von der Katastrophe der
Flor de la Mar
wissen . . .
Amman Sachs hatte augenblicklich das zwingende Gefühl, dass dieser Besuch, von dem eine spürbare Bedrohung ausging, ihm galt. Und er war zu verwirrt von der Plötzlichkeit dieser Bedrohung, als dass er in dieser Situation etwas Kluges hätte sagen können.
»Ah, Freiherr von Hohensax höchstselbst!«
Der spanische Höfling ergriff als Erster das Wort. Amman Sachs bemerkte, dass die beiden Soldaten sich bei der Nennung seines offiziellen Namens merklich anspannten. Zum Sprung bereit, weil sie offensichtlich meinten, von ihm müsse irgendeine Gefahr ausgehen.
»Wir sprachen gerade von Euch«, fuhr der Fremde fort und kam dabei einige Schritte auf Sachs zu, der immer noch im Türbogen stand. Die Soldaten folgten in geringem Abstand, die Hände an den langen Schwertern, die an ihren Gürteln baumelten.
»Ich bin Alfonso de Escobar, Cancellarius Seiner Majestät des Königs von Spanien«, stellte der Fremde sich vor.
»Woher kennt Ihr mich und meinen Namen?« war alles, was Amman Sachs im Moment hervorbrachte.
Der Fremde lächelte. »Ihr erinnert Euch nicht? Nun ja, den Mann, der die königliche Kanzlei führt, übersehen viele gerne, das ist keine große Sache. Aber die Urkunden und Dokumente, die ich Euch im Namen des Königs ausgestellt habe, an die erinnert Ihr Euch sicher.« Der bisher durchaus freundliche Tonfall Escobars nahm an Schärfe zu. »Ich muss Euch nun leider bitten, Meister Hohensax, mir die Euch verliehenen Privilegien der Krone Kastiliens wieder auszuhändigen. Sie haben hiermit ihre Wirksamkeit verloren. Darf ich bitten?« Damit streckte der Gesandte, dessen Hände in langen schwarzen Handschuhen aus Leder steckten, ihm die Linke entgegen.
Amman Sachs zögerte einen Moment; dann öffnete er seinen Wams und zog seinen vom König selbst unterschriebenen Passierschein für die amerikanischen Kolonien hervor. Zu spät bemerkte er, dass er dabei auch die kleine verräterische Notiz hervorgezogen hatte, die er vorhin aus dem geheimen Versteck des Fuggerfaktors entwendet hatte. Da waren die beiden Papiere auch schon Escobar zusammen ausgehändigt.
Ohne die Dokumente eines Blickes zu würdigen – die Siegel reichten ihm wohl als Nachweis, dass ihm das Geforderte tatsächlich übergeben worden war –, steckte der Spanier die Unterlagen nun seinerseits in seinen schwarzen Wams. Die kleine Notiz bemerkte er dabei allerdings nicht. Dann nickte er zufrieden.
»Gut«, sagte Escobar. »Nun muss ich Euch leider auch noch bitten, mich zum Escorial zu begleiten. Wie ich sehe, habt Ihr Euer Bündel ja schon gepackt. Das passt dann ja perfekt. Also sollten wir uns auch nicht länger als nötig hier aufhalten. – Faktor?«, wandte der Cancellarius sich an Alcácer. »Entschuldigt noch einmal die Aufregung, die wir in Euer Haus gebracht haben. Aber außergewöhnliche Ereignisse brauchen außergewöhnliche Vorgehensweisen. Ich vertraue auf Eure Diskretion.«
Worauf der Faktor sich tief vor seinem hohen Besucher verneigte, um dann einen letzten hämischen Blick auf Amman Sachs zu werfen.
Zwar verließ der Fugger-Agent zusammen mit Alfonso de Escobar die Faktorei, aber es schien ihm doch irgendwie, als würde er hier auf königlichen Befehl verhaftet und abgeführt. Eine solche Situation und dieses Gefühl kannte Sachs nur zu gut.
Vor dem Haus auf der Straße wartete ein geschlossener Kutschwagen mit sechs schwarzen Pferden im Geschirr, die den gesamten Fahrdamm versperrten. Der Wagen war schlicht in Schwarz gestrichen und wirkte dadurch bestechend vornehm. Kleine Lamellenfenster sorgten im Innern für Frischluft, erlaubten aber keinen Blick hinein. Die beiden Kutschführer standen regungslos vorne neben den Pferden.
Einer der Soldaten öffnete die Tür der Kutsche, die sich auf der Rückseite des Gefährts befand, und Escobar und Amman Sachs stiegen ein, während der zweite Soldat sich bereits an der Seite der Kutsche als Wache auf ein kleines Podest stellte. Dann begann die Fahrt auch schon.
Das Tempo der Kutsche war gemächlich. Amman Sachs bemerkte, dass der Wagen nach der neuen ungarischen Art
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