Der Spion der Fugger Historischer Roman
habt Ihr
fast
erfüllt?«, fragte der Fugger-Agent, nachdem er sich weiter umgeschaut und die Titel der umherliegenden Kodizes studiert hatte.
»Nun, was mag ein Gesandter der britischen Königin schon in der Stadt wollen, in der die größten Kaufmannshäuser der Welt – die der Fugger und der mit ihnen konkurrierenden Welser – ihre Heimat haben?«
»Dieser Gesandte wird Geld wollen«, sprach der Fugger-Agent die provozierte Antwort aus. »Und? Habt Ihr das Geld bekommen, da Eure Mission fast erfüllt ist? Es klingt sehr danach, aber es wäre im höchsten Maße verwunderlich.«
Walsingham schaute gespielt überrascht. »Warum? Die Basis der Fugger-Macht ist ihre Bank. Und sind Banken nicht dazu da, Geld zu verleihen, um damit ihren horrenden Zins zu verdienen? Und die Königin der Engländer ist doch sicher eine solvente Schuldnerin.«
Amman Sachs zog die Unterlippe hoch, als müsste er die Antwort auf eine schwierige Frage abwägen. »Ist Eure Herrin wirklich solvent? Sie hat keine eigene Handelsniederlassungen, keine eigene Goldvorkommen, und die eigenen Kupfer- und Silberminen sind nahezu erschöpft. Wer einen Emissär schickt, der um einen Kredit bitten soll – hat der nicht bereits seinen Kredit verwirkt? Oder sollte Eure Königin ihr eigenes Land und die darauf ruhenden Steuern hier beim Fugger beleihen wollen? Würden ihr das nicht die Stände übel nehmen und sie aus ihrem Palast verjagen?«
Das Lächeln Walsinghams wurde breiter. »Offenbar kennt Ihr Euch auf dem Feld der Diplomatie ganz gut aus, Amman Sachs. Ihr seid ein weit gereister Mann, und erfahren durch bedeutende Dienstherrn: der Papst, der Fugger, der spanische König . . .«
Der Fugger-Agent wurde hellhörig. Woher wusste dieser Mann von seinem Auftrag für Philipp von Spanien? Oder meinte der Engländer die Südamerika-Mission, die Sachs ja tatsächlich für Spanien ausgeführt hatte, wenn auch mit nur mäßigen Erfolg.
Walsingham schwieg und beobachtete Amman Sachs aufmerksam. Schließlich schien er zufrieden zu sein mit dem, was er sah.
»Ja, das dachte ich mir«, fuhr er schließlich fort. »Was sollte Philipp auch anderes tun, als Euch ebenfalls nach Augsburg zu schicken, um neues Geld und Gold für seine Kriege beim Fugger anzufordern.«
In Amman Sachs stieg Zorn auf. Er war einer Täuschung des Engländers aufgesessen und hatte sich durch sein Mienenspiel verraten. Dieser Walsingham war gefährlich, wurde Sachs klar. Er nahm sich vor, von nun an besser auf der Hut zu sein vor diesem englischen Fuchs.
Walsingham grinste noch breiter. »Mein Bluff hat erst im zweiten Anlauf funktioniert«, belehrte er jetzt den überraschten Amman Sachs. »Als ich den spanischen König als Euren Dienstherrn erwähnte, war das bloß eine Vermutung. Aber dass Philipp eines seiner Goldschiffe –
das
Goldschiff schlechthin – trotz Eurer vortrefflichen Arbeit in Neuspanien verloren hat, pfeifen die Spatzen in ganz Europa mittlerweile von den Dächern. Und dass Ihr dafür nicht in einem Kerker büßen müsst, zumal Ihr sicherlich nichts für dieses Unglück könnt, legt die Vermutung nahe, dass der König Euch hierher geschickt hat, um den Verlust durch einen neuen Kredit auszugleichen. Was sollte die spanische Krone auch sonst tun, um das Loch im Staatssäckel zu stopfen?
Aber wenn der spanische König Euch schickt, bietet es sich für Euch an, auch ein eigenes Spiel zu spielen, von dem der Fugger sicher nichts erfahren darf. Ihr stellt Vermutungen an, was wohl mit Eurer Goldgaleone passiert ist. Und da komme wohl ich ins Spiel.« Der Engländer lächelte aufdringlicher als zuvor. »Als ich dann eben sagte, ich dächte mir, dass Ihr für Philipp nach Augsburg gekommen seid, war das die zweite Täuschung, denn ich war mir meiner Sache noch gar nicht sicher. Aber da habt Ihr die Maske fallen lassen – aus Bestürzung, ich wäre bereits hinter Euer kleines Geheimnis gekommen. Und damit habt Ihr mir erst recht Euer Geheimnis offenbart! Ja, wenn man sich in das Seelenleben seines Gegenüber hineinversetzen kann, kann das sehr helfen, die wahre Natur der Geschehnisse um einen herum zu ergründen.«
Amman Sachs war wütend und erstaunt zugleich, auf welch einfache Weise der Engländer ihn hereingelegt hatte, um ihm zu entlocken, was er unbedingt hatte für sich behalten wollen und
müssen:
Sachs erkannte, dass Walsingham ihn nun leicht erpressen konnte.
»Kein Grund zur Bestürzung, Sachs«, fuhr der Engländer fort. Offenbar hatte der Fugger-Agent
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