Der Spion der Fugger Historischer Roman
meine Liebe. Aber ist das hier nicht der falsche Ort für eine heilige Frau wie Euch?« Sachs lachte, was nach der Anspannung des Tages etwas Befreiendes hatte, zumal er für einen Augenblick vergaß, dass er den schwersten Gang hier in Augsburg noch vor sich hatte.
Gemma stieg über die Holzbank und setzte sich rittlings neben den Fugger-Agenten, was zwar nicht sehr vornehm oder gar damenhaft wirkte, aber doch eine verschwiegene Vertraulichkeit schaffte.
»Die Nonnentracht war der sicherste Weg, hierher zu kommen, ohne unterwegs den wilden Horden in die Hände zu fallen«, sagte das Mädchen leichthin. »Ich habe alle Gasthäuser vor den Toren nach dir abgesucht, nachdem ich einen Kurierreiter der Fugger von deiner Ankunft erzählen hörte. Ich war vor ein paar Stunden schon einmal hier. Bist du gerade erst gekommen? Warst du schon daheim ?«
Die erste Frage war mit echtem Interesse, die zweite mit ehrlicher Anteilnahme formuliert worden. Als Antwort stampfte Sachs zweimal mit dem Fuß auf und deutete dabei nach unten. Dann erzählte er seiner Freundin von der Begegnung mit Francis Walsingham. Auch von seinen Beobachtungen im Fuggerhaus berichtete er, und von seinem Treffen mit dem spanischen König in Tomar. Und dass dies alles irgendwie mit dem Schicksal der
Flor de la Mar
zu tun haben musste. Als er geendet hatte, schaute Gemma sich besorgt um.
»Meinst du, dass die Cigány hier für diesen Engländer arbeiten?«, erkundigte sie sich unsicher.
»Wahrscheinlich«, antwortete Sachs. »Wenn ich mir überlege, was den Wahrsagerinnen der Cigány so alles anvertraut wird . . . sicher eine der besten Informationsquellen, die es für Geld zu kaufen gibt. Selbst aus den Reihen der reichen Bürger und der Stände kenne ich genug Leute, die sich bei den Cigány die Zukunft vorhersagen lassen. Die Cigány wissen sicher genauso viel wie ein katholischer Priester, der die Beichte seiner Schäfchen entgegennimmt,
Schwester!«
Sachs lachte fröhlich.
»Stimmt«, antwortete Gemma kokett. »Als deine Beichtschwester weiß ich ja jetzt auch von deinem Verrat. Und wenn du nicht spurst oder mir mein Entgelt erhöhst, werde ich schauen, was ich mit diesem Wissen so alles anfangen kann.« Das Mädchen stimmte in Sachs’ Lachen ein.
Doch rasch wurden beide wieder ernst.
»Und was sind jetzt deine nächsten Pläne, Amman? Außer, dich deiner geliebten Gattin zu stellen?«
Schlagartig verflog die gute Laune des Fugger-Agenten. »Ich habe keine eigenen Pläne. Meine neue Mission deckt sich mit sämtlichen Plänen, die ich in Anbetracht der Umstände hätte schmieden können. Hauptfaktor Peutinger hat mir aufgetragen, mich umgehend nach London zu begeben. Was für ein Zufall, nicht wahr? Diesem Walsingham habe ich davon allerdings noch nichts gesagt.«
Gemma zog die Stirn kraus. »Nach England? Der Peutinger schickt dich nach England? Ausgerechnet dich? Was will er damit bezwecken?«
Amman lachte gezwungen. »Natürlich will er mich in erster Linie hier aus dem Weg haben. Es ist ihm noch immer ein Dorn im Auge, dass meine Position im Hause der Fugger durch das Testament des alten Anton Fugger unangreifbar scheint. Aber manchmal glaube ich, dass dieses Testament meines Förderers und Beschützers eher eine schwere Hypothek als ein Segen ist, auch wenn dieser Pakt deine wunderbare Gesellschaft beinhaltet . . .« Das gezwungene Grinsen verwandelte sich in ein warmes Lächeln, das Gemma spontan erwiderte und dabei ihre Hand vertraulich auf den Arm des Fugger-Agenten legte.
Er genoss die Berührung, während er seinen Gedankengang fortführte: »Und dann dürfte es auch so sein, dass der Hauptfaktor ganz froh ist, wenn im Hause Sachs der Hausherr gleich wieder abwesend ist, und das wahrscheinlich für längere Zeit. Das wird ihm doch viele Dinge sehr vereinfachen und seinen üblichen Tagesablauf nicht für allzu lange Zeit unterbrechen.«
Der Druck der Frauenhand auf seinem Arm wurde für einen Moment intensiver, und Amman Sachs freute sich über diese Anteilnahme.
»Also nach London!«, sagte Gemma schließlich und ließ dabei zum Bedauern des Fugger-Agenten dessen Arm wieder los. »Ich muss schon sagen, Amman, mit dir kommt man ganz schön in der Welt herum. Was wird bei den Engelländern unsere Aufgabe sein? Und wird es Probleme geben, auf die britannischen Inseln überzusetzen?«
Amman Sachs trank wieder etwas von dem Bier, ehe er antwortete. »Keine Probleme, würde ich sagen. Zurzeit haben die großen Königreiche genug mit
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