Der Spion der Fugger Historischer Roman
zwischen ihnen wert war.
Die weitere Reise bis Antwerpen verlief ohne erwähnenswerte Zwischenfälle, wenngleich die gespannte Atmosphäre in den spanischen Niederlanden für Amman Sachs sofort nach Überschreiten der nur unsichtbar vorhandenen Grenze spürbar wurde. Die Gesichter der Menschen, denen er begegnete, waren mit einem Mal verschlossen, wenn sie seiner ansichtig wurden. Sachs schob dies einmal mehr auf seine schwarze Kaufmannstracht, verlieh sie ihm doch sehr das Aussehen eines der hier verhassten Spanier. Er nahm sich daher vor, in Antwerpen unbedingt eine unverfänglichere Garderobe zu erwerben.
So führte ihn sein erster Weg in der Stadt an der Schelde zu einem Kleidermacher. Dort tauschte er seine schlichten schwarzen und doch so auffälligen Kaufmannsanzug gegen die weiten, kurzen Pluderhosen samt Strümpfen und dunklen Gehrock eines niederländischen Edelmannes. Amman Sachs fühlte sich in diesem Aufzug knallbunt wie ein Paradiesvogel, doch der gestrenge Kleidermacher beteuerte ihm, dass er nun ganz vortrefflich nach der neuesten Mode der Zeit gewandet sei.
Sein nächster Gang galt dem Herrn Bonaventura von Bodeck, ganz so, wie der Hauptfaktor es ihm aufgetragen hatte. Der schon ältere Kaufmann musterte den unbekannten Besucher sehr genau. Dann führte er ihn ohne einen weiteren Kommentar in einen großzügigen, aber fast gänzlich leeren Empfangssalon seines großzügigen Stadtpalasts. Amman Sachs nahm an, dass sein Gegenüber gleich einem Fugger sehr, sehr reich sein musste, wenn er sich in der reichsten Stadt des Nordens eine solche Hofhaltung leisten konnte.
Als die großen Türen sich hinter ihnen geschlossen hatten, sprach Amman den alten Erkennungssatz seines Prinzipals: »Die Sonne wird niemals untergehen im Reiche Karls des Fünften!« Bonaventura von Bodeck nickte langsam, wobei er erwiderte: »Möge dieses Glück auch seinen Nachkommen stets beschieden sein. Wie darf ich Euch nennen, mein Freund?«
Der Fugger-Agent erkannte in der jovialen, verbindlichen Art dieses eindrucksvollen Mannes sofort das Erfolgsgeheimnis eines großen Kaufmannes. Bei von Bodeck waren alle Menschen gleich Freunde.
»Mein Name ist Amman Freiherr von Hohensax. Es mag sein, dass Ihr bereits von mir gehört habt.«
Der Hausherr schien sich jetzt ehrlich zu freuen. »Aber sicher, sicher! Ihr seid Eidgenosse. Ein wunderschönes Land! Obwohl meine Familie und ich aus den östlichen Reichsteilen stammen, sehne ich mich bereits nach dem Land Eurer Heimat – und trage mich gerade jetzt mit dem Gedanken, im Schatten der gewaltigen Berge eine Burg oder einfach nur ein schönes Bürgerhaus zu erwerben. Schloss Elgg bei Zürich wurde mir gerade heute von einem Unterhändler des Heinzel von Tägernstein zum Kauf angeboten. Ihr kennt derer von Tägernstein? Sie haben ihr Vermögen einst in Augsburg gemacht. Ihr müsstet sie kennen. Jetzt allerdings haben sie ihr ganzes Vermögen durchgebracht und leiden unter großen Schulden – die unselige Alchemie ist Schuld. Der alte Traum der Goldmacher.«
Amman Sachs schwirrte der Kopf. In kurzer Zeit hatte dieser Mann viele unterschiedliche Themen gestreift; eigentlich hätte Sachs selbst gerne bei jedem dieser Themen die eine oder andere Nachfrage angebracht. So aber blieb er beim Stichwort Alchemie hängen.
»Kann man denn mit dem
Herstellen
von Gold sein ganzes Gold verbrauchen?«, täuschte Amman Verwunderung vor.
»Aber gewiss«, gab Bonaventura von Bodeck zurück. »Ich kenne niemanden, der ernsthaft von sich behaupten kann, nach vielen vergeblichen Mühen bei seinen obskuren Experimenten wirkliches Gold zustande gebracht zu haben. Außer vielleicht Kaiser Maximilian in seiner Wiener Hofburg. Ihr kennt den Vers, den Euer Verwandter, der Meistersinger Hans Sachs, einst im Namen eines Alchemisten auf ihn dichtete?
O Keyser Maximilian! Wellicher diese Künste kann, Sieht dich noch römisch Reich nit an, Dass er dir solt zu Gnaden gan.
Wer diese Kunst wirklich sein Eigen nennen will, würde sie nie und nimmer mit einem Reichen und Mächtigen teilen. Er würde sein Wissen doch gewiss allein dazu nutzen, selbst mächtig und wohlhabend zu werden.«
Der Fugger-Agent konnte nicht umhin, sich über das Wortgewaltige in den Reden seines Gastgebers zu wundern. Es erinnerte ihn aber auch an sein Gespräch mit Francis Walsingham.
»Ich hörte kürzlich aus einer sehr verlässlichen Quelle, dass es aber doch gelungen sei. Ich hielt wahrhaftig eine neu geschlagene Münze aus
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