Der Spion der Fugger Historischer Roman
Fugger-Agent betraten einen geradezu aberwitzig winzigen Verkaufsraum in einem heruntergekommen wirkenden Haus. Amman Sachs wunderte sich einen Moment lang, ob sie wirklich am richtigen Ort sein könnten, als ein orthodoxer Jude durch einen Vorhang den Verkaufsraum betrat.
»Welch erlesener Besuch! Ein großer Kaufmann beehrt einen kleinen Krämer. Womit darf ich zu Diensten sein?«
In knappen Worten erklärte von Bodeck ihr Anliegen. Seiner Miene nach zu urteilen, war der Goldschmied nicht begeistert von dem Gedanken, einen Fremden in sein Wissen einzuweihen. Amman Sachs sah ihm deutlich an, wie er das Für und Wider der vorgebrachten Bitte abwog. Schließlich aber beschloss der Wechsler, einen so mächtigen Mann wie von Bodeck nicht zu enttäuschen, und mit einem Wink lud er seine beiden Besucher in den Raum hinter dem Vorhang.
Amman Sachs erkannte, dass es die Werkstatt oder das Laboratorium des Goldschmieds sein musste – wobei ein Ofen zum Erhitzen der zu verarbeitenden Metalle seltsamerweise fehlte. Der musste demnach im rückwärtigen Bereich des Hauses untergebracht sein.
Auf einer langen hölzernen Werkbank lagen die verschiedensten Werkzeuge, deren Verwendungszweck sich Amman Sachs jedoch völlig entzog. Auch zahlreiche Fläschchen und Tiegel standen herum. Und über allem schwebte ein strenger Geruch nach unbekannten Reagenzien.
»Ihr wollt also das Geheimnis der Goldprobe kennen lernen? Demnach hat man Euch Französisches oder Nordisches Gold für echtes Gold verkauft, nicht wahr? Und um künftig solchen Schaden zu vermeiden, wollt Ihr von nun an gewappnet sein. « Der Jude lachte leise. »Aber ich warne Euch! Nutzt dieses Wissen niemals für eine Anklage oder gar für ein Urteil. Die Erkenntnis, die Ihr aus einer Goldprobe gewinnen könnt, hilft nur Euch selbst – indem sie Euch eine Möglichkeit bietet, eine gut begründete Entscheidung zu treffen. Nämlich die, ob Ihr etwas als Gold Angepriesenes erwerben solltet oder nicht. Manchmal hilft dabei sogar schon, nur die Möglichkeit einer Goldprobe auszusprechen. Beschimpft Euch dann der Verkäufer, dass Ihr ein ehrloser Kaufmann seid, weil Ihr ihm nicht vertraut – lasst den Mann und sein Gold ziehen. Echtes Gold und wahre Redlichkeit scheuen diese Probe nicht, hört Ihr? Niemals! Merkt es Euch. Dieser Ratschlag war gratis . . .«
Zum Glück verstand Bonaventura von Bodeck den Hinweis des Goldschmieds, und er warf zur Bezahlung der folgenden Erklärungen und Vorführungen einen Gulden auf die Werkbank. Amman Sachs indes grübelte immernoch über das Gehörte nach.
»Habt Ihr denn etwas Goldenes, das wir prüfen könnten?«, fragte der Jude nun. »Oder wollt Ihr etwas von meinen Kleinodien erwerben – und gleich auf seine Güte prüfen?«
Da erinnerte Amman Sachs sich an die wenigen Goldstücke, die er vom Schatz des Montezuma hatte retten können. Er holte eines davon aus der Tasche und übergab es dem Goldschmied. Der machte große Augen, als er das fremdartig wirkende Geschmeide in den Händen wog.
»Was für eine außergewöhnliche Arbeit«, sagte der Jude schließlich. Doch er war diskret genug, an diesem Ort nicht nach dem Ursprung des Schmuckstücks zu fragen, zumal die Umstände, unter denen ein solches Werk nach den Spanischen Niederlanden gekommen sein konnten, klar sein mussten.
»Auch ohne Goldprobe wage ich zu behaupten, dass dieses Exemplar aus allerbestem Material gearbeitet ist. Auch wenn ich mir nie erlauben würde, darüber nachzudenken, welchen Baal dieses kleine Idol wohl darstellen sollte.« In der Tat wirkte das Amulett wie eine geheimnisvolle Götzenstatue in Miniaturformat. »Also entlocken wir dem fremden Gott seinen wahren Wert.«
Mit konzentrierter Geschäftigkeit suchte der Goldschmied sich nun eine kleine geriffelte Schiefertafel, einen Glasflakon mit einer klaren Flüssigkeit darin und ein kleines hölzernes Etui zusammen. Er breitete alles vor sich auf der Werkbank aus; dann zog er sich einen niedrigen Schemel heran, auf den er sich setzte. Sein Gesicht war nur noch wenige Handbreit von der Oberfläche der Werkbank und seinen Utensilien entfernt.
Nun nahm der Goldschmied die kleine indianische Figur und prüfte sie von allen Seiten. Schließlich rieb er mit einer der Kanten der Unterseite des Idols mit einem kräftigen Strich kurz über die kleine Schiefertafel. Amman Sachs sah, wie sich ein leichter goldener Strich auf der Oberfläche des rauen Steins abzeichnete.
Während der Goldschmied die Schiefertafel
Weitere Kostenlose Bücher