Der Spion der Fugger Historischer Roman
eine Nadel von gerade einmal acht Karat gewählt. Das bedeutet, dass eigentlich nur der dritte Teil dieses Goldes wirkliches Gold ist. Der Rest mag Kupfer, Zinn oder Blei sein, das mit dem Gold legiert wurde. Doch der Stein und das starke Wasser machen die wahre Seele dieses Goldes sofort sichtbar.«
Amman Sachs war beeindruckt von der Vorführung. Er begann mit dem Goldschmied zu handeln, ob dieser ihm nicht die notwendigen Utensilien für die Goldprobe verkaufen mochte. Erst sträubte sich der Mann und erklärte erneut, dass das
aqua fortis
schwer zu beziehen sei und nur sehr wenige Gelehrte überhaupt das Wissen hätten, es aus den richtigen Zutaten zu brauen. Und dann seien ja auch die Goldnadeln in ihrer genau bestimmt Güte eine Seltenheit, die den eigentlichen Wert weit über den reinen Goldwert hinaustreiben würden. Schließlich aber einigten die Feilscher sich doch auf einen für beide Seiten akzeptablen Preis. Und so wechselten die Schiefertafel, der Glasflakon und das Etui mit den Probenadeln den Besitzer.
13.
Sechs Tage musste Amman Sachs als Gast des Bonaventura von Bodeck in Antwerpen aushalten, in denen er viel über die komplizierten Handelsbeziehungen zwischen den britischen Inseln und Kontinentaleuropa erfuhr. Dann endlich konnte er seine Reise nach London fortsetzen. Herr von Bodeck vertrat in ihren Gesprächen die in Antwerpen immer noch sehr gefährliche Meinung, dass sich die Hanse als größtes Handelskonsortium des Nordens langsam erledigt habe. Die Briten unter Elisabeth seien raffinierter, geschickter und auch sehr viel erfolgreicher geworden in ihren Bemühungen, Anschluss zu finden an die großen Handelsnationen Spanien, Portugal und vor allem den Niederlanden.
So erzählte Herr von Bodeck, die Engländer hätten – noch weitgehend unbemerkt vom Rest der Welt – die
Moskau Company
gegründet, die die sagenhaften Gewässer nördlich und östlich des Nordlandes beherrsche und über die Stadt Archangelsk am so genannten Weißen Meer den Russlandhandel kontrolliere.
»Die Engländer haben große Ambitionen«, erklärte der Kaufmann dem aufmerksam zuhörenden Fugger-Agenten, wobei sich Letzterer jedoch immer auch fragte, mit welchen eigenen Ambitionen Herr von Bodeck ihm diese intimen Details des Kaufmannshandwerks anvertraute.
»Wenn Ihr in London weilt, merkt auf, solltet Ihr etwas von der ›Mystery and Company of Merchant Adventurers for the Discovery of Regions, Dominions, Islands, and Places unknown‹ (privilegierte englische Handelskompanie, die als eine Vorläuferin der Britischen Ostindien-Kompanie gilt) vernehmen. Sie vor allem wird es sein, die König Philipp von Spanien das Leben schwer machen wird. Aus den Reihen dieser geheimen Gilde droht Euch, mein Freund, die größte Gefahr, auch wenn man Euch wie einen alten Bekannten in die Arme schließen sollte . . . was ich aber nicht glaube.«
Höflich erkundigte sich Amman Sachs, warum sein großer Gastgeber ihn nicht auf die Reise zu den Engelländern begleiten wollte; er würde dessen guten Rat in den unbekannten Straßen der großen Stadt London sicher mehr als einmal bedürfen. Doch von Bodeck winkte müde ab. »Wie schon gesagt, es sind unsichere Zeiten. Und es wird Zeit, dass ich meinen geordneten Rückzug aus dem schönen Antwerpen rechtzeitig plane. Nicht mehr lange, dann werden hier der Kriegsschrecken und das grausame Blutvergießen wieder losbrechen. Es geht um zu viel Geld, zu viel Macht und zu viel Einfluss, als dass es eine friedliche Lösung geben könnte. Auch das solltet Ihr auf Eurer Mission nie vergessen, Hohensax.«
Und wieder bekam der Fugger-Agent einige Depeschen und Empfehlungsschreiben mit auf den Weg, die ihn in London in die richtigen Kreise einführen sollten.
»Haltet Euch an meinen Freund, Sir Thomas Gresham«, erklärte von Bodeck. »Er ist Kaufmann und hat ebenfalls den alten Anton Fugger noch selbst gekannt. Er hat immer für alle Schuld seines Landes gegen Augsburg und auch Antwerpen gebürgt; und nie ist einer seiner Wechsel geplatzt. Er wird Euch kein Freund sein, weil Ihr Spanien näher seid als England. Aber er wird Euch ein verlässlicher Gesprächs- und Verhandlungspartner sein. Und ein ehrlicher Ratgeber, damit Ihr Euch in London und seinen ganz eigenen Gepflogenheiten besser zurechtfindet.«
Damit entließ der Kaufmann seinen Gast. Und Amman Sachs bestieg ein kleines Pinassschiff, das von Antwerpen aus mit Waren nach London aufbrechen sollte. Die Worte des Bonaventura von Bodeck
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