Der Spion der Fugger Historischer Roman
nach spanischer Art.« Der Mann sprach jetzt deutlich leiser als zuvor. »Ihr wart gut beraten, Euch neue Kleider machen zu lassen. Spanier und deren Freunde sind nicht wohl gelitten im Land der mächtigen Elisabeth.« Der Mann überlegte, während Amman Sachs sich auf die Lippen biss.
»Ich könnte mir vorstellen . . .«, begann der Fremde, brach dann aber ab und sagte stattdessen: »Vielleicht sollte ich mich Euch vorstellen, und wir klären und verkürzen die Formalitäten. Mein Name ist Thomas Gresham.«
Amman Sachs wurde blass. So plötzlich dem Mann gegenüberzustehen, den er hier in London vor allen anderen suchte, verschlug ihm die Sprache, sodass er erst einmal vergaß, sich selbst vorzustellen. Stattdessen verneigte er sich nun vor seinem Gegenüber.
Als er sich wieder aufrichtete, fiel ihm ein, dass Thomas Gresham ja im Grunde der Hausherr der Royal Exchange war. »Darf ich Euch sagen, Master Gresham, dass Eure Börse das Großartigste ist, was ich je zu sehen bekommen habe? Wahrlich eine Kathedrale des Handels, wie sie als Krönung eines gewaltigen Lebenswerks nicht besser sein könnte. Ich habe schon viel von Euch gehört.«
Thomas Gresham nahm das Lob ohne große Gemütsregung entgegen. Auch das imponierte Amman Sachs. Dieser Mann schien völlig in sich zu ruhen.
»Ihr habt vergessen, mir Euren Namen und Euer Anliegen zu nennen. Niemand besucht diesen Ort, nur um die Bauten zu bewundern und mich in Verlegenheit zu bringen.«
Der Fugger-Agent schluckte. »Ich bin Freiherr Amman zu Hohensax. Ich komme aus dem Land der Eidgenossenschaft und reise in Geschäften des Herren Bonaventura von Bodeck, den Ihr gewiss sehr gut kennt. Er gab mir Empfehlungsschreiben für Euch mit. Ich habe Euch gesucht. Ihr aber habt mich gefunden . . . und das in der wohl größten Stadt der Welt. Findet Ihr das nicht auch bemerkenswert?«
Gresham schaute ihn belustigt an. »Weniger bemerkenswert als Ihr. Das Geld und seine Emissäre finden sich immer wie von selbst. Genau dafür sind die schön geputzten Fassaden dieses Gebäudes. Sie sind ein Wegweiser für jeden, der Handel treiben will. Und dieser Hof als Vorstufe zur Hölle – also zu den Sälen, wo dann die Geschäfte ausgehandelt werden – ist vor allem mein Fischbecken. Und Ihr habt mir nach einem frischen Fang ausgesehen.« Gresham lachte. »Und mein Instinkt hat mich nicht getrogen.«
Der Fugger-Agent erkannte nun die Strategie des Kaufmannes. »So habt Ihr diese Börse also vor allem für Euch selber gegründet?«, sagte er. »Um Euch die fettesten Happen wie von alleine direkt vors Maul führen zu lassen? Ich bin noch mehr von Euch beeindruckt, als ich es ohnehin schon war.«
Thomas Gresham lud seinen Besucher in sein Handelskabinett ein. In einer Ecke des mit dunklem Eichenholz getäfelten Raumes standen sich zwei mit Samt bespannte, schwere Stühle gegenüber, ohne einen Tisch dazwischen oder in der Nähe. Die Stühle waren so gestellt, dass zwei Personen sich dicht gegenüber saßen. Amman Sachs war sicher, dass auch dies eine wohlüberlegte Taktik seines Gastgebers war. Er konnte sich ausmalen, dass man einen Gesprächspartner auf diese Weise beim Verhandeln sehr gut beeinflussen, wenn nicht sogar beherrschen konnte.
Auf diese beiden Stühle setzten sich nun Gresham und Amman Sachs und schauten einander erst einmal offen in die Augen. Es war ein Ausloten, ein Taxieren.
Gresham war es, der schließlich das Schweigen brach: »Darf ich Eure Aufmerksamkeit, werter Freund, auf das Ölgemälde hinter Euch an der Wand richten? Es wird Euch interessieren, dürfte einiges klären und uns vor unnötigen Legenden bewahren.«
Amman Sachs stand von seinem Stuhl auf, um besagtes Gemälde, das er eben im Vorbeigehen gar nicht bemerkt hatte, genau zu betrachten. Wie Gresham vorhergesagt hatte, war die Wirkung des Bildes nachhaltig auf Amman Sachs. Er sah ein Dreifachporträt. In der Mitte Königin Elisabeth, deren Darstellung ihm von anderen Bildnissen vertraut war. Neben der Monarchin standen links und rechts zwei Männer, die der Fugger-Agent ebenfalls kannte. Links von Elisabeth war Thomas Gresham zu sehen – in einer Tracht, wie er sie auch jetzt trug. Und rechts neben der Königin stand Francis Walsingham!
Amman Sachs überlegte, wie er hatte glauben können, eine wirklich sichere Tarnung in der britischen Hauptstadt haben zu können. Doch er erinnerte sich auch daran, dass von Bodeck Thomas Gresham einen ehrlichen und aufrichtigen Verhandlungspartner genannt
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