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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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Fugger-Agent bemerkte jetzt, dass der Kaufmann beim Gehen ein Bein nachzog.
    »Hier.« Gresham reichte ihm den kleinen Gegenstand, den er aus der Schatulle genommen hatte. Sachs erkannte eine der »Rosenobel« genannten neuen Goldmünzen. »Ihr habt gewiss dieses gute Stück gemeint, als Ihr von den Kurantmünzen ohne sicheren Wert gesprochen habt.«
    Gresham setzte sich mit einem Ächzen. Der Fugger-Agent besah sich unterdessen die Münze. Sie glich der, die Walsingham ihm im »Bärenkeller« gezeigt hatte, bis ins Detail. Sachs wog sie in der Hand und überlegte, ob er die Chance nutzen sollte, um gleich jetzt den Goldgehalt des Rosenobels mit dem Besteck aus Antwerpen zu prüfen.
    Doch er entschied, erst einmal abzuwarten. Stattdessen fragte er den Kaufmann: »Glaubt Ihr an das Alchemistengold, Master Gresham?« Sachs hatte aufgehört, die Hand mit der Münze zu wiegen. Wie beiläufig legte er die Hände in den Schoß, wobei er die Münze im Innern der Handfläche zu verbergen suchte.
    Er hörte den Angesprochenen mühsam ächzen. »Ich hoffe eigentlich, dass es eine Mär ist, auch wenn meinem Land dieser Schatz sicher gut zustatten käme – gerade jetzt, wo die Gegensätze zwischen Protestanten und Katholiken oder England und Spanien immer mehr zu eskalieren scheinen. Aber wohin soll es führen, wenn ein jeder Gold in einer Suppenküche kochen kann? Überlegt Euch nur die Konsequenzen, Hohensax, wenn Gold nicht mehr mühsam im Bergwerk abgebaut oder im fließenden Gewässer ausgewaschen werden muss, sondern mit ein wenig magischem Staub aus den billigsten Metallen gezaubert werden kann. Es wäre auf lange Sicht ein Desaster! Aber leider bin ich nur ein einsamer Rufer in der Wüste, mein Freund.«
    Wieder wurde Sachs »mein Freund« genannt, wie auch von Bodeck es getan hatte. Der Fugger-Agent war auf der Hut.
    »Ist es denn tatsächlich so einfach, tingiertes Gold zu brauen?«, fragte er. »Ich mag es mir nicht vorstellen, wenngleich die Alchemie ja viele Wunder für uns bereithalten soll.«
    Gresham blickte ihn mit einem Anflug von Resignation an. »Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, habe es mit meinen eigenen Sinnen geprüft. Vorher war es billiges Quecksilber, nachher pures Gold, aus dem man dann diese Münze hier schlug. So werde ich wohl glauben müssen, dass künftig ein simples Kochrezept ersetzen wird, was ich mir in jahrzehntelanger Übung aufgebaut habe: die Fähigkeit, aus dem Nichts ein Vermögen zu schaffen.«
    Der Fugger-Agent verstand die Resignation des Kaufmanns als sentimentale Eifersucht auf die neue Zeit, die mit einfachen Mitteln bewerkstelligte, wofür seine Generation noch schwer arbeiten musste. Und er verstand Greshams Furcht vor dem Untergehen der alten Traditionen und Tugenden.
    »Ihr müsst Euch das einmal sehr genau in allen Konsequenzen überlegen, Hohensax«, entwickelte der alte Kaufmann seinen Gedanken weiter. »Auf einmal gibt es scheinbar die Möglichkeit, unbegrenzt Gold herzustellen. Das muss früher oder später eine ungeheure Wirkung auf den Preis dieses Metalls haben. Alle unsere Geldströme, alle unsere Vermögen, jeder Handel gründet auf dem Gold. Und nur die Gier der Menschen nach dem Gold treibt sie an. Doch was soll geschehen, wenn diese Gier befriedigt ist? Welchen Wert hat ein Ding, wenn es frei verfügbar ist und kein Mangel mehr daran herrscht? In der Münze, die Ihr in Händen haltet, Hohensax, vereinen sich alle Schrecken, die ein Kaufmann wie ich sich auszumalen wagt.«
    Allmählich begriff Sachs, was Thomas Gresham am Ende seines Lebensweges die Energie und Kraft raubte: Er sah in näherer Zukunft die Welt des Handels zusammenbrechen: Gab es alchemistisches Gold, das künstlich hergestellt wurde und immer und überall das wertvollste aller bekannten Metalle verfügbar machte, war die Grundlage des Geldsystems bald vernichtet.
    »Glaubt Ihr denn, Master Gresham, dass es echt war, was man Euch gezeigt hat? Dass man Euch nicht doch mit irgendeinem Taschenspielertrick hinters Licht geführt hat? Habt Ihr die Güte des falschen oder auch nur künstlichen Goldes verlässlich prüfen können?«
    Der Kaufmann blickte seinen Gast abschätzend an. »Ja, mein Freund, ich habe die Güte geprüft. Ich bin Kaufmann, ein Mann der Zahlen und nüchternen Bilanzen. Ganze dreiundzwanzig Karat, wenn nicht mehr, auf jeden Strich, den ich dem starken Wasser preisgab, dem
strong water.
Der Rosenobel in Eurer Hand hat dreiundzwanzig Karat! Versteht Ihr? Ihr reist für

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