Der Spion, der mich jagte - Green, S: Spion, der mich jagte - The Spy Who Haunted Me
wären wir vier die einzigen lebendigen Wesen in diesem toten, verlassenen Land. Meine Füße wurden so taub, dass ich fest auf den Boden stampfen musste, um sie zu spüren und dann wurden meine Beine so müde, dass ich nicht einmal mehr das tun konnte. Ich ging dennoch weiter. Klagen halfen nicht und würden nur Energie kosten, die ich nicht entbehren konnte. Außerdem sollte mich der Teufel holen, wenn ich der Erste war, der anhielt und eine Pause brauchte.
Nicht zuletzt aus folgendem Grund: Ich war nicht sicher, ob wir dann alle in der Lage wären, wieder aufzustehen. Wirkliche Kälte ist konstant und unerbittlich, und sie tötet einen Zentimeter für Zentimeter, wenn man nicht aufpasst.
Nach einer Weile bemerkte ich, dass Honey ein wenig aufgeholt hatte, um neben mir herzutrotten. Ich hob meinen Kopf ein wenig, um sie anzusehen. Honeys kaffeefarbene Haut war vor Kälte grau geworden, und ihre Augen hatten einen erschöpften, verletzten Blick.
»Warum trägst du nicht deine Rüstung?«, fragte sie mich plötzlich. »Dann würde dir die Kälte nichts ausmachen.«
»Ich habe mich entschieden, das nicht zu tun«, sagte ich. Meine Lippen waren so taub, dass ich jedes Wort sorgfältig und konzentriert formen musste. »Weil ... wir als Team zusammenarbeiten müssen. Zusammen arbeiten, zusammen etwas erreichen. Als Gleiche, die einander respektieren. Weil wenn wir ein Team sind ... werden wir vielleicht aufhören, einander zu töten.«
»Du hast nicht eine Minute geglaubt, dass Katts oder Blues Tod Unfälle waren, oder?«
»Nein. Du?«
»Natürlich nicht. Ich bin bei der CIA. Wir werden darauf gedrillt, in jeder Situation und bei jedem Plan das Schlimmste anzunehmen. Und du hast den Autonomen Agenten gehört. Nur einer von uns kann zurückkehren und den Preis einstreichen. Einander zu töten ist ab einem bestimmten Punkt unvermeidlich.«
»Töten ist niemals unvermeidlich«, sagte ich grob. »Ich bin ein Agent und kein Killer.«
Honey warf mir einen bedeutungsvollen Blick unter ihren eisverklebten Augenwimpern zu. »Glaubst du wirklich, dass du diese Gruppe davon abhalten kannst, einander an die Kehle zu gehen?«
»Klar. Ich bin ein Drood. Ich kann alles. Ich habe das auch schriftlich, irgendwo.«
»Du könntest deine Rüstung anlegen«, meinte Honey. »Und in die Stadt vorlaufen und Hilfe holen.«
»Keiner kann sagen, wie lang das wohl dauert. Oder wie viele von euch noch am Leben wären, wenn ich wiederkäme.«
»Du kannst nicht für uns alle sorgen.«
»Das wirst du ja sehen.«
Sie kicherte kurz. »Du bist ein guter Mann, Eddie Drood. Aber wie du jemals ein aktiver Agent werden konntest, liegt jenseits meiner Vorstellungskraft.«
»Ich habe den Prüfer bestochen.«
Wir gingen weiter, kämpften um jeden Schritt und jeden Atemzug und zwangen unsere langsam absterbenden Körper durch den toten Wald. Ich verlor mein Zeitgefühl. Die Sonne schien immer über uns zu sein, die Schatten bewegten sich nicht, und ein Teil des Waldes sah aus wie der andere. Keine besonderen Landmarken, nichts, das man anpeilen konnte. Nichts, was anzeigte, dass wir weitergekommen waren. Wir standen alle dicht vor dem Zusammenbruch. Das letzte bisschen unserer gesammelten Kraft verbrauchte sich und nur Willenskraft und brutale Sturheit hielten uns aufrecht. Keiner beklagte sich, fluchte oder bat um Hilfe. Wir waren immerhin Profis.
Ja, ich hätte aufrüsten können. Weitergehen und sie zurücklassen können. Aber ich konnte das nicht tun. Einer hatte in dieser Gruppe ein Vorbild zu sein und unglücklicherweise sah es aus, als müsse ich das sein. Wenn man bedachte, wie viel Ärger ich immer mit Autoritäten gehabt hatte, war es schon erstaunlich, wie oft ich mich selbst als eine wiederfand. Manchmal denke ich, das ganze Universum wird von Ironie angetrieben.
Und dann, lange nachdem ich den Punkt erreicht hatte, an dem ich es einfach nicht mehr aushielt und nicht mehr weiterkonnte und trotzdem weiterging, blieben die Bäume zurück. Ich blieb stolpernd an der Kante eines langen und sanften Abhangs stehen, der hinunter zu einer Stadt mitten auf einer weit offenen Ebene führte. Es gab nicht viel zu sehen. Nur hohe Steinmauern, die grobe und funktionale Gebäude umgaben. Nicht sehr viel größer als eine mittlere Stadt, wirklich mit nur einer Straße, die hinein- oder hinausführte. Es hätte überall sein können, überall. Kein Verkehr auf der Straße, keine Anzeichen von Leben. War es möglich, dass wir den ganzen Weg gekommen
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