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Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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befördert wie das ganze übrige Pack«, stieß er keuchend hervor.
    »Das ist sehr bedauerlich«, sagte Ogden, »da haben wir uns von einem dieser Fanatiker aufs Kreuz legen lassen.«
    Franz breitete die Arme aus.
    »Wir haben ihn gründlich durchsucht, jede Öffnung überprüft, auch sein Haifischmaul. Seine Eintrittskarte für die Hölle befand sich in einer Zahnplombe mit elektronischer Vorrichtung. Wir werden die Leiche ins Labor schicken, da können die unseren noch was lernen.«
    »Nur wir haben vorerst überhaupt nichts gelernt. Eine Zyankalikapsel«, Ogden verzog angewidert den Mund. »Kommen Sie, Doktor, für uns gibt es hier nichts mehr zu tun, ich begleite Sie.«
    »Ich muß noch mein Auto holen …«, sagte Guthrie.
    »Nicht nötig. Das steht schon vor dem Haus. Gehen wir.«
     
     
    Guthrie schüttelte sich. Sein rechter Arm, der eingeschlafen war, hing schwer und gefühllos herunter. Er erhob sich mit wirrem Kopf und einem bitteren Geschmack im Mund von seiner Couch. Offenbar war er gestern abend, nachdem Ogden ihn nach Hause begleitet hatte, im Wohnzimmer eingeschlafen.
    Er ging in die Küche, um Kaffee zu kochen. Es war sieben Uhr morgens. Grete würde frühestens in einer halben Stunde kommen. Bis dahin konnte er schon einmal frühstücken und duschen, das würde ihn vielleicht zu sich bringen.
    Als er gerade seinen Bademantel überziehen wollte, klingelte das Telefon. Es war Ogden.
    »Guten Morgen, Doktor. Gut geschlafen?«
    »Äußerst schlecht, danke.«
    »Tut mir leid. Ich muß Sie dringend sprechen. Können wir bei unserer Verabredung bleiben? Wir wollten doch heute abend zusammen essen.«
    »Dieser Einladung kann ich mich ja wohl kaum entziehen.«
    »So ist es. Aber bitte, fassen Sie es nicht falsch auf. Wir können auch unter diesen veränderten Umständen einen angenehmen Abend miteinander verbringen.«
    »Gut. Heute abend um acht im Gambrinus. Zum Kongreß werden Sie wohl nicht kommen …«
    »Ich komme, aber später. Ich wollte Sie nach all dem, was passiert ist, nur beruhigen, Sie werden Tag und Nacht beschützt, ganz diskret natürlich.«
    »Daß Sie die ganze Sache der Polizei melden sollten, kommt Ihnen wohl nicht in den Sinn?«
    »Doktor«, sagte Ogden geduldig, »glauben Sie mir, die Polizei hilft uns hier nicht weiter. Ich werde Ihnen das alles heute abend erklären, am Telefon möchte ich lieber nicht darüber sprechen. Bis später.«
    Guthrie hängte ein. Als er gerade wieder das Badezimmer betreten wollte, hörte er, wie die Wohnungstür aufging. Mit einem Satz, der ihn selber erstaunte, war er an seinem Louis- XVI -Schreibtisch, ergriff einen Leuchter und schlich zu dem Bogen, der den Schlafbereich vom Wohnzimmer trennte. Er hörte ein Rascheln wie von Plastik, dann wurde die Tür sanft geschlossen.
    Guthrie beugte sich vor und sah einen Schatten, der sich vorsichtig bewegte. Im nächsten Augenblick sprang er diesen Schatten an, und Grete schrie entsetzt auf.
    Sie war in ihren roten Plastikregenmantel wie in Weihnachtspapier gehüllt, der Hut war zu Boden gefallen, ebenso ihre Handtasche, die sie losgelassen hatte, um sich zu wehren.
     
    »Mayer war homosexuell. Seine Familie hatte keine Ahnung …« Franz betrachtete seine Fingernägel und räusperte sich.
    »Die Krankheit stumpft gegen Moral ab«, sagte Ogden. »Wenn Mayer sich umgebracht hat, dann deshalb, weil er den Gedanken an die Qualen nicht ertrug, die ihm bei dieser Krankheit, von der er ja wußte, daß sie unheilbar ist, bevorstanden«, fuhr er fort, ohne den Blick von dem Blatt Papier zu heben, das er in der Hand hielt. »Dann ist er also doch nicht die Treppe heruntergefallen«, setzte er mit einem Lächeln hinzu. »Guthrie wollte noch bis zum Schluß loyal sein …«
    »Was soll das heißen?« fragte Franz.
    »Als ich ihn fragte, wie Mayer gestorben sei, sagte er, er sei die Treppe heruntergefallen.«
    »Das meine ich nicht«, fiel ihm Franz ins Wort. »Ich wollte wissen, warum du bezweifelst, daß es sich um Selbstmord handelt.«
    Ogden machte eine unwillige Geste und stand auf.
    »Stellt weiter eure Untersuchungen über sein Leben an. Rekonstruiert es bis zu seiner letzten Lebenswoche, und über die will ich alles ganz genau wissen. An seine Homosexualität glaube ich noch weniger als an seine Todesart. Nehmt eine Autopsie vor: Routineuntersuchungen und Tests, die den Virus in seinem Blut nachweisen.«
    »Aber er war doch bei mehr als einer Kontrolle positiv«, protestierte Franz. »Wir haben die

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