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Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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sich die Krankheit durch den Impfstoff im Blut der Homosexuellen verbreitet habe. Das stimmt aber nicht. Der Impfstoff selber wäre nicht gefährlich, hätte man diesem nicht das Virus der Seuche beigemischt.«
    »Das ist die ungeheuerlichste Sache, die ich in meinem ganzen Leben gehört habe«, murmelte Guthrie. »Aber mein Gott«, brach es nach einem Schweigen aus ihm heraus, »was für ein Irrtum zu glauben, sie könnten die Epidemie auf diese beiden Kategorien begrenzen! Das ist eine nicht nur ungeheuerliche, sondern auch idiotische Fehleinschätzung!«
    »Kerényi hat in Laskos Labors auch ein Gegenmittel entwickelt«, fuhr Ogden fort. »Ein richtiges Mittel wie gegen Syphilis, und sogar ziemlich einfach.«
    »Heißt das, daß man die Kranken heilen könnte?«
    »Ja, wenn Kerényi die Formel nicht mit ins Grab genommen hätte und Lasko nicht gestorben wäre, bevor wir seiner habhaft werden konnten.«
    »Für wen haben Kerényi und Lasko überhaupt gearbeitet?«
    »Die Idee stammt von Senator Goldfinch aus Süd-Carolina. Er behauptete, daß das ganze Unheil der Welt von den Homosexuellen und den Drogenabhängigen käme. Da er ungeheuer reich war, verfiel er auf den Gedanken, daß der Herrgott ihn so reich gemacht habe, damit er den Planeten vom Laster befreie. Er ist letztes Jahr gestorben, zu früh, um mitzuerleben, daß die Homosexuellen von der Erdoberfläche verschwinden, aber er hat doch noch mitbekommen, daß sogar seine heißgeliebte Enkelin wegen einer banalen Bettgeschichte sterben könnte. Er hat sich auf seiner Ranch in den Mund geschossen, ganz nach Hemingway-Art …«
    »Aber wenn es dieses Gegenmittel tatsächlich gibt«, fragte Guthrie aufgebracht, »wer besitzt es dann?«
    »Das wissen wir eben nicht. Lasko hatte bei seinem Tod nichts dabei. Bleibt nur noch Kerényis Assistent, der sich aus dem Staub gemacht hat. Außerdem möchten gewisse Geheimdienste am liebsten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: die Vereinigten Staaten bloßstellen und das Mittel finden. Die Profis, die gestern versucht haben, Sie zu entführen, haben nicht auf eigene Initiative gehandelt.«
    »Wer steckt hinter ihnen?«
    »Schwer zu sagen, bei der Vielzahl von Möglichkeiten. Aber ich habe Ihnen jetzt schon zu viel erzählt und Ihnen damit gewiß keinen Gefallen erwiesen. Machen wir eine Pause? Dieses Essen hätte etwas entspanntere Tischgenossen verdient.«
    »Ihnen scheint der Appetit ja nicht vergangen zu sein …«, sagte Guthrie.
    »Die Welt befindet sich in einem so furchtbaren Zustand, daß es am besten wäre, einfach zu verhungern und der Sache ein Ende zu machen. Aber das geschieht nicht. Nicht einmal in den Lagern haben sich die Deportierten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, einfach dem Tod ergeben. Denken Sie an Ihre Kollegen heute nachmittag«, sagte er mit spöttischem Lächeln. »Sie haben über den Tod geredet und dieses Wort in all seinen semantischen Bedeutungen untersucht. Der Tod ist eine Tatsache, und diese hervorragenden Gelehrten scheinen sich dessen gar nicht bewußt zu sein. Sie spielen mit ihm wie Kinder.«
    Ogden schüttelte den Kopf.
    »Aber wie soll man annehmen, daß so enttäuschende Leute, die ihrer Worte so wenig sicher sind, und ihrer Gefühle wahrscheinlich ebensowenig, jemandem helfen können? Vorhin haben Sie mich auf meine geringe Sensibilität angesprochen. Sie haben gar nicht unrecht damit, aber was haben Sie sich denn unter einem Agenten vorgestellt, etwa eine weltliche Ausgabe der Mutter Teresa von Kalkutta? Ich finde umgekehrt Ihre Kollegen abstoßend, sie führen sich auf wie Gesalbte des Herrn. Die beiden Redner von heute nachmittag zum Beispiel«, fuhr er fort. »Der eine, der Zwerg, hat die ganze Zeit auf Zehenspitzen gestanden, haben Sie das bemerkt?«
    Er blickte Guthrie mit jungenhaftem Spott an.
    »Als wären sie alle Waisenkinder«, schloß er belustigt.
    »Sind Sie Waise?« fragte Guthrie.
    »Natürlich. Aber ich bin ja kein Psychoanalytiker.«
    Guthrie lächelte. »Auf einen solchen Angriff war ich nicht gefaßt. Verallgemeinern Sie nicht doch zu sehr?«
    »Mag sein. Aber das ist eben mein Eindruck.«
    »Gelegentlich gehen sie mir auch auf die Nerven«, räumte Guthrie ein. »Aber lassen wir jetzt meine Kollegen. Glauben Sie tatsächlich, daß Alma Lasko etwas mit der Geschichte zu tun hat?«
    »Allein, daß sie ein paar Jahre lang die Ehefrau dieses Mannes gewesen ist, macht ihre Lage schon schwierig genug, selbst wenn sie gar nichts gewußt hat. Und durch die Flucht

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