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Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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Hände.
    »Beruhigen Sie sich jetzt erst einmal«, sagte Guthrie, der im Sessel gegenüber saß. »Wir finden sie …«
    »Es ist meine Schuld … ein ganz dilettantischer Fehler …«, der Agent sprach voller Wut und mehr zu sich selber.
    Guthrie hätte gern etwas gesagt, aber dann überlegte er es sich anders. Sie blieben stumm sitzen, bis die Morgendämmerung das Zimmer langsam erhellte und das Lampenlicht verblassen ließ.

II

 
     
     
    Veronica stieg am Flughafen Wien-Schwechat aus dem Taxi. Sie schauderte in der kalten Morgenluft, obwohl sie einen Regenmantel trug. Sie bezahlte die Fahrt, wobei sie darauf achtete, ihre mit Geldscheinen vollgestopfte Brieftasche nicht zu weit aufzumachen; sie hatte immer Angst gehabt, das ihr anvertraute Geld zu verlieren. Es war Laskos Geld.
    Sie wußte, was sie zu tun hatte: sie würde jetzt mit dem Schlüssel, den sie an dem Tag, an dem man ihr Laskos Tod mitgeteilt hatte, im Safe fand, zu den Schließfächern gehen. Lasko hatte ihr immer wieder gesagt, daß sie, falls er einen Unfall haben sollte – er nannte den Tod immer so: »ein Unfall« –, im Safe genaue Anweisungen finden würde.
    Lasko war in seinem Abschiedsbrief – einer kurzen Nachricht ohne jede Gefühlsäußerung, die er gewiß verfaßt hatte, als sein Tod noch fern war – sehr klar und deutlich gewesen. Außer daß er ihr die Nummer eines Schweizer Kontos auf ihren Namen nannte, empfahl er ihr dringend, das Haus so schnell wie möglich zu verlassen und zu verschwinden. Sie hatte gehorcht und so dieses Umherziehen von einem Hotel zum andern begonnen, das sie schließlich zu Ogden geführt hatte. Im Safe hatte sie aber auch noch einen zweiten Umschlag gefunden, auf den Lasko – vielleicht an dem Tag, an dem er zu seiner letzten Reise aufgebrochen war – hastig den Namen des Flughafens gekritzelt hatte. Der Umschlag enthielt einen kleinen Schlüssel. Den hatte sie, aus Angst, ihn zu verlieren, in den folgenden Tagen immer in der Tasche gehabt.
    Sie betrat die Abfertigungshalle durch die große Glastür. Da sie einen Kaffee trinken wollte, sah sie sich um und entdeckte etwas weiter hinten neben dem Zeitungsstand das Café. In dem Lokal wurden gerade die Tische zurechtgerückt, sie wählte einen am Eingang.
    Die Leute ringsum, die noch ganz verschlafen waren, schienen sich im Zeitlupentempo zu bewegen. Dann kam eine Gruppe Jugendlicher herein, die sich lautstark unterhielten; sie waren guter Laune, und dank ihnen schien sich die Welt wieder in ihrem wirklichen Tempo zu bewegen. Sie lachten, hatten Rucksäcke auf und jene glücklichen Mienen, die junge Leute haben, wenn sie zu unbekannten Zielen aufbrechen.
    Als sie wieder hinausgingen, kam einer der Jungen nahe an ihr vorbei und lächelte sie an.
    »Entschuldigen Sie, haben Sie vielleicht Feuer?« fragte er mitten aus dem angeregten Gespräch mit einem Freund heraus.
    Veronica streckte ihm ihr Feuerzeug entgegen. Der Junge steckte seine Zigarette und die seines Freundes an, dann reichte er ihr das Dunhill-Feuerzeug lächelnd zurück.
    Die Gruppe verließ das Lokal, wie sie es betreten hatte, und nachdem der Widerhall ihrer Stimmen verstummt war, schienen alle Leute zur Abreise bereit, egal wohin. Nur Veronica blieb unbeweglich sitzen und starrte auf ihre Hand, in der sich außer dem Feuerzeug nun ein vierfach gefalteter Zettel befand.
    Sie hob den Blick und sah zum Ausgang, aber der Junge war in der Menschenmenge verschwunden, die sich auf die Abfertigungsschalter zubewegte. Auf der Uhr über der Theke war es sechs.
    Sie legte die Hände in den Schoß und entfaltete den Zettel. Die Nachricht enthielt keine Worte, sondern nur eine Telefonnummer: es war keine Wiener Nummer, dennoch kam sie ihr bekannt vor. Als sie sie dann erkannte, spürte sie einen stechenden Schmerz an den Schläfen.
    Sie sah ein sonniges Zimmer im obersten Stockwerk eines sehr hohen Hauses vor sich, und Giulio, der lachte und sich über sie lustig machte, weil sie noch immer nicht ihre Telefonnummer auswendig wußte.
    Sie fuhr vom Stuhl hoch, warf dabei die Tasse mit dem noch darin enthaltenen Kaffeerest um, legte ein paar Schilling auf den Tisch und lief hinaus. Vor der Rolltreppe blieb sie stehen; derjenige, der ihr diese Mitteilung geschickt hatte, wartete ganz gewiß irgendwo in der Menschenmenge. Im Bewußtsein, daß sie beobachtet wurde, studierte sie die Abflugtafel und ging dann entschlossen zum Abfertigungsschalter.
    »Einen Hinflug nach Zürich, bitte.«
    »Haben Sie Gepäck?«

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