Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
Vom Netzwerk:
an, blickte aber gleich wieder herzlich. Er erinnerte sie an Ogden, obwohl er diesem nicht im geringsten ähnelte.
    »Herrlicher Tag von hier oben«, fuhr er fort, nachdem er seine Zigarette angezündet hatte.
    »Ja, wirklich«, fühlte sie sich verpflichtet zu antworten. »Hoffen wir, daß es auch bei der Landung schön ist.«
    »Sie sind keine Deutsche, oder?« fragte er mit seinem eisernen Lächeln.
    Veronica wurde sich bewußt, daß sie zuviel geredet hatte, und der Mann bemerkte ihre Mißstimmung.
    »Entschuldigen Sie, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich heiße Werfer, Michael Werfer aus Wien«, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen. Sie drückte sie, nannte aber ihren Namen nicht.
    Michael Werfer schwieg während des letzten Teils der Reise, sah hin und wieder auf die hübsche Stewardeß, die mit ihrem Wagen durch die Reihe ging, auf die weißen Wolken jenseits der Tragfläche und auf den Artikel im »Vanity Fair«, den er offensichtlich nicht las.
    Bei zwei Turbulenzen kurz vor der Landung, die sie so erschreckten, daß sie ihn unwillkürlich fest am Arm packte, lächelte er ihr ermutigend zu.
    Die Landung war sanft, dennoch klammerte sie sich an die Armlehnen und wunderte sich darüber, daß sie offenbar sehr am Leben hing, was wohl in ihrem Fall noch etwas anderes bedeutete.
    Nachdem sie durch den Zoll war, verlor sie Michael Werfer aus den Augen, sah ihn aber dann am Taxistand wieder. Sie versuchte, hinter ihm zu bleiben, hatte aber dabei nicht mit seiner Höflichkeit gerechnet. Als er an die Reihe kam, ließ er ihr den Vortritt.
    »Bitte, steigen Sie ein«, sagte er und machte ihr die Wagentür auf. »Ich hoffe, Sie noch einmal wiederzusehen. Hier ist meine Karte mit der Telefonnummer meiner Firmenvertretung in Italien. Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, rufen Sie mich jederzeit an …«
    Veronica nahm die Karte dankend entgegen, vermied es aber auch jetzt, ihren Namen zu nennen. Als der Wagen in die Flughafenallee einbog, lehnte sie sich mit einem tiefen Seufzer in den Sitz zurück.
    »Nun, die Dame, wohin fahren wir?« fragte der Taxifahrer mit einem Blick in den Rückspiegel.
    Veronica, die ihm keine Adresse genannt hatte, um dem Wiener keine Informationen zu liefern, wurde sich erst jetzt bewußt, daß sie nicht wußte, wohin sie sollte.
    »Ah natürlich, wie unaufmerksam …«, murmelte sie, während sie schnell nachdachte. »Fahren Sie zur Piazza della Repubblica«, antwortete sie schließlich, »und von dort bringen Sie mich zum Hotel Cavour.«
    Auf der Fahrt in die Innenstadt erkannte sie Gegenden wieder, die sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Die Sonne strahlte, und die Luft war merkwürdig klar für diese in der Ebene gelegene Stadt. Nun war sie zurückgekehrt, dachte sie, und wenn es ihr gelang zu überleben, würde sie rasch altern. Die Stadt schien sie freundlich aufzunehmen, aber sie wurde sich bewußt, daß es ohne Schmerzen nicht abgehen würde.
    Als sie den Platz erreichten, wirkte er verändert auf sie. Die Blumenbeete vor ihrer Haustür waren verschwunden, und der Zeitungskiosk, an dem sie immer ihre Zeitungen gekauft hatte, befand sich jetzt an der anderen Ecke neben der Bushaltestelle. Aber das Haus stand noch immer da, es war sehr hoch, wie ein Wachturm für die Stadt.
    »Halten Sie hier«, sagte sie mit vor Erregung gedämpfter Stimme zu dem Fahrer.
    Sie sah aus dem Autofenster und erkannte den Hauseingang mit dem Marmorfußboden und dem roten Läufer in der Mitte wie damals.
    Sie machte die Wagentür auf und stieg in aller Ruhe aus. Sie blickte zu den Fenstern im obersten Stockwerk hinauf: es hatte sich nichts verändert.
    Sie konnte die schwere Eisen- und Kristalltür nur mit Mühe aufstoßen, trat ein und klopfte an die Scheibe der Portiersloge. Ein junger Mann sah von seiner Zeitung auf.
    »Sie wünschen?«
    »In welchem Stockwerk wohnen die Manteros?«
    Der Mann sah sie unsicher an und schüttelte dann den Kopf.
    »Hier wohnt niemand mit diesem Namen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Natürlich, wie soll ich das nicht wissen? Ich bin seit drei Jahren hier und kenne keine Manteros. Wahrscheinlich sind sie umgezogen, bevor ich hierherkam …«
    Veronica nickte.
    »Könnten Sie nicht jemanden nach ihrer neuen Adresse fragen, vielleicht den Hausverwalter? Es ist wichtig …«
    Sie merkte, daß der Mann ärgerlich war, es aber zu verbergen suchte; dies hier war ein elegantes Haus, auch wenn er keine tadellose Uniform trug, wie die Portiers früher.
    »Warten

Weitere Kostenlose Bücher